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Kommentar FiskalpaktpokerEinig im Geiste

Ulrich Schulte
Kommentar von Ulrich Schulte

Koalition und Opposition sind sich bei den Verhandlungen um den Fiskalpakt näher gekommen. Der Streit um Details dient überwiegend der Imagepflege.

N ein, weißer Rauch stieg am Mittwoch noch nicht aus dem Kanzleramt auf. SPD und Grüne verwiesen beim Poker um den Fiskalpakt lieber auf das Trennende, betonten strittige Detailfragen, ja, sie taten alles, um die Möglichkeit einer schnellen Einigung weit von sich zu weisen.

Diese Skepsis ist aber vor allem Imagepflege, als Zustandsbeschreibung eignet sie sich nicht. Der Wähler soll eben auf das Spektakel harter Verhandlungen nicht verzichten müssen.

Doch in Wirklichkeit sind Koalition und Opposition große Schritte aufeinander zu gegangen. Und SPD und Grüne loben schon zu lange Schuldenbremsen und seriöse Haushaltspolitik, als dass sie glaubwürdig gegen europaweites Sparen eintreten könnten.

Bild: Anja Weber
ULRICH SCHULTE

leitet das Parlamentsbüro der taz.

Deshalb lassen sich zwei Prognosen aufstellen: SPD und Grüne werden, so wie Kanzlerin Merkel es wollte, noch vor der Sommerpause ihre Unterschrift unter einen Deal zum Fiskalpakt setzen. Und viele Punkte mehr, als jetzt bereits beschlossen sind, werden in diesem Deal nicht stehen.

Dass die Opposition der FDP in den Verhandlungen die verhasste Finanztransaktionssteuer aufgezwungen hat, ist ein großer Erfolg. Merkel hat gestern noch einmal versichert, die Verabredung habe Bestand – und die Freidemokraten werden diese Niederlage akzeptieren, vor allem aber psychologisch verarbeiten müssen.

Ebenso ist es der Opposition zu verdanken, dass die Koalition zumindest ansatzweise einsieht, dass man ein brutales Sparprogramm mit Investitionen verbinden muss, um die Wirtschaft nicht ganz vor die Hunde gehen zu lassen. Den Grünen wiederum schwant, dass sie den sinnvollen Schuldentilgungsfonds nicht durchsetzen werden.

Es passiert nun also das, was nie ernsthaft in Zweifel stand: SPD und Grüne werden das harte Spardiktat des Fiskalpakts mittragen. Obwohl dieses Diktat in der Krise fatale Wirkung entfaltet, wie es die Situation in Spanien jeden Tag beweist. Aber sie haben dieses Mal wenigstens etwas für ihr Ja bekommen.

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Ulrich Schulte
Leiter Parlamentsbüro
Ulrich Schulte, Jahrgang 1974, schrieb für die taz bis 2021 über Bundespolitik und Parteien. Er beschäftigte sich vor allem mit der SPD und den Grünen. Schulte arbeitete seit 2003 für die taz. Bevor er 2011 ins Parlamentsbüro wechselte, war er drei Jahre lang Chef des Inlands-Ressorts.
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2 Kommentare

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  • SK
    S. Khan

    Zur Erinnerung. Der Leser Uwe Kulick hat es bereits in einem Kommentar zu Hans-Christian Ströbeles jüngstem Beitrag auf den Punkt gebracht:

     

    [Das]] "völlig wirkungslose Instrument [der] Finanztransaktionssteuer als Gegenforderung zum sehr wirksamen, die Demokratie einschränkenden ESM/Fiskal-Gesetzespaket, das ist kein fairer Kuhhandel,"

     

    Die Regierungsparteien werden der Forderung von SPD und Grünen zustimmen, solange der Text der Gesetzgebung weichgespült und eine Farce bleibt. Das wissen SPD und Grüne. Das Politbüro hat entschieden.

  • M
    Maria

    SPD und Grüne verraten die Demokratie und ihre WählerInnen !

     

     

    Was SPD und Grüne für ihr JA zum Fiskalpakt und ESM bekommen, ist lächerlich.

     

    Fiskalpakt und ESM sind eine Revolution von oben im Sinne der Banken und der anderen Reichen. Sie setzen die Demokratie außer Kraft und die Bundestagsabgeordneten nehmen sich selbst das Recht weg über den Haushalt, also die Steuern, die die Deutschen bezahlen, zu bestimmen. Letzteres darf künftig ein EU-Gremium machen, das nicht demokratisch legitimiert ist, das wir als Bürgerinnen also nicht mal wählen können.

     

    Fiskalpakt und ESM setzen die zerstörerische Sparpolitik auf Kosten der kleinen Leute - nicht nur in Griechenland - fort. Auch in Deutschland wird durch die Schuldenbremse, die verfassungsmäßig verankert werden soll, bald angeblich kein Geld mehr da sein für Soziales, für Schulen, Kindergärten, Straßen, Arbeitsplätze im öffentlichen Sektor etc.

     

    Denn das viele schöne Steuergeld kriegen weiterhin die maroden Banken und Versicherungen, die sich verspekuliert haben und munter weiter risikolos Casino spielen.

     

    banken und Reiche müssen so gut wie nichts für die von ihnen durch die Spekulation hervorgerrufene Finanzkrise bezahlen! Ob z.B. die Finanztransaktionssteuer jemals wirklich kommt, ist fraglich.

     

    SPD und Grüne setzen mit der Zustimmung zum Fiskalpakt und ESM ihre neoliberale Politik von 1998-2005 sogar in der Opposition fort!

     

    Beide Parteien sind somit 2013 unwählbar. Allein die Linkspartei hat im Bundestag eine überzeugende, ablehnende Haltung zu Fiskalpakt und ESM.