Streit um Corona-Impfstoff: EU-Parlament will Patente freigeben
Die Abgeordneten drängen darauf, die Produktion in den ärmeren Ländern anzukurbeln. Europa geht gespalten ins G7-Treffen.
„Eine Aussetzung von Patenten mag gut klingen, aber sie ist keine Wunderwaffe“, sagte Michel in einer Pressekonferenz zum Gipfel der sieben großen Wirtschaftsmächte, der am Freitag im englischen Cornwall startet. Das so genannte Trips-Abkommen über den internationalen Schutz von geistigem Eigentum biete genug Flexibilität.
Bei dem Treffen wolle man sich auf Vorschläge wie freiwillige Lizenzvergabe, Wissenstransfer und die Bündelung von Patenten zu einvernehmlich festgelegten Bedingungen konzentrieren, so Michel. Ähnlich äußerte sich Bundeskanzlerin Angela Merkel. Die Kanzlerin glaube nicht, dass eine Patentfreigabe hilfreich sei, hieß es in Berlin.
Dagegen sprach sich Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron erneut für eine Öffnung der Patentrechte aus. Auch das Europaparlament stellte sich gegen EU-Spitze und die Kanzlerin. Per Resolution verlangten die Abgeordneten, Verhandlungen über die Aussetzung der Rechte in der Welthandelsorganisation WTO aufzunehmen.
Die deutschen CDU/CSU-Abgeordneten dagegen
Dafür stimmten 355 Abgeordnete, 263 waren dagegen, 71 enthielten sich. Der ursprüngliche Entschließungstext enthielt noch keine Forderung zur vorübergehenden Aussetzung der Patente. Änderungsanträge von Linken und Grünen sorgten aber schließlich dafür, dass die Forderung Teil der Entschließung wurde.
Die deutschen CDU/CSU-Abgeordneten stimmten dagegen. Eine Aussetzung der Patente würde „die bewährte Anreizstruktur für Forschungsfinanzierung zerstören“, sagte der CDU-Abgeordnete Sven Simon.
Dies sehen Grüne, Linke und SPD, die für die Resolution stimmten, anders. Das Abstimmungsergebnis sei ein „großer Erfolg für die globale Gerechtigkeit“, twitterte der grüne Europaabgeordnete Sven Giegold. Die Bundesregierung stehe nun international isoliert da. Allerdings stehen Ratspräsident Michel und Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zu Merkel.
Die EU geht also zerstritten in den Gipfel. Gestärkt werden hingegen die USA und Großbritannien – also ausgerechnet jene Länder, die Impfstoffe bisher nur für die eigene Bevölkerung reserviert haben. Die EU setzte dagegen stets auf Export. Der größte Profiteur dieser Strategie ist der deutsche Hersteller Biontech. Die EU-Kommission hatte bei Biontech zuletzt bis zu 1,8 Milliarden Impfdosen bestellt.
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