piwik no script img

Streit um Bauvorhaben in TreptowGünstiger Neubau oder Spekulation

Eine Genossenschaft will in Alt-Treptow bezahlbare Mietwohnungen bauen. Doch das Stadtplanungsamt verweigert die Genehmigung.

Das Bauvorhaben in Alt-Treptow, Architektenentwurf Foto: Wernecke + Jahn Architekten

Eine zugewucherte Brache in Alt-Treptow. Geht es nach der Wohnungsbaugenossenschaft DPF, sollen hier in der Harzer Straße schon bald 101 Wohnungen entstehen, zu Mieten von etwa 10 Euro pro Quadratmeter; ein Preis, wie man ihn bei Neubauwohnungen nur selten findet. Möglich ist das, weil die DPF, die in Berlin etwa 4.000 Wohnungen ihr eigen nennt, die Grundstücke bereits vor 15 Jahren spottbillig erworben hat und keine Gewinnerzielungsabsicht verfolgt. „Ein Grundstück in Innenstadtlage und ein Investor, der nicht auf Dividende aus ist, sondern nur auf Kostendeckung angewiesen ist – wo gibt es das sonst noch in dieser Kombination?“, so DPF-Vorstand Andreas Böhm im Gespräch mit der taz.

Doch weil die Bauverwaltung des Bezirks Treptow-Köpenick den Bau nicht für genehmigungsfähig erachtet, droht nun ein ganz anderes Szenario: Die Genossenschaft könnte das Grundstück meistbietend verkaufen. „Uns liegen Angebote von über 20 Millionen Euro, 4.000 Euro je Quadratmeter vor“, so Böhm, und fügt hinzu: „Dann würden wir dick Kohle machen und nie wieder würde hier jemand günstige Wohnungen schaffen.“ In zwei benachbarten Neubauten müssen Mieter*innen 20 Euro pro Quadratmeter auf den Tisch legen. Inzwischen sei das Gelände bereits zum Verkauf ausgeschrieben, was auf den Bezirk durchaus wie eine Drohung klingen kann; aber eigentlich will Böhm endlich bauen. Auch der Baustadtrat Rainer Hölmer (SPD) sagt der taz, „ein großes Interesse an einer zeitnahen Bebauung mit bezahlbarem Wohnraum“ zu haben.

Vorbereitet dafür wäre alles: Der Bauantrag wurde bereits im September gestellt. Eine Baufirma ist gefunden, der Bau könnte unmittelbar starten; 400 potentielle Mieter*innen haben sich schon gemeldet. Laut DPF ist der Vertrag mit der Firma jedoch zeitlich gebunden, bereits in einigen Wochen würde „sich der vereinbarte Baupreis um 240.000 Euro erhöhen“, so Böhm – mit Folgen für die später veranschlagten Mieten. Die Genossenschaft hat daher Anfang August wegen Untätigkeit des Bezirksamtes Klage vor dem Verwaltungsgericht erhoben.

Verfahren liegt auf Eis

Das Verfahren liegt praktisch auf Eis, seit im März die aus der Elternpause zurückgekehrte Leiterin des Stadtplanungsamtes ankündigte, den Antrag abzulehnen. Der Entwurf füge sich nicht in die Umgebung ein. Baustadtrat Hölmer gibt der DPF die Schuld. Diese habe in ihrem Bauantrag Veränderungen vorgenommen und etwa die Gebäudetiefe und die obersten Geschosse ausgeweitet. Weil Abstandsflächen nicht mehr eingehalten würden, sei der Antrag „als nicht genehmigungsfähig beurteilt“ worden. Hölmer gibt aber auch zu: „Problematisch bei dieser Beurteilungsgrundlage ist, dass weder ‚nähere Umgebung‘ noch das ‚sich einfügen‘ eindeutig definiert ist.“

Die Genossenschaft ist überzeugt, dass der Genehmigung ihres Entwurfes nichts entgegensteht; die Überlagerung von Abstandsflächen gelte nur an einer Stelle und führe weder zu „ungesunden Wohnverhältnissen oder gar einer Feuergefahr“. Auf ihre Stellungnahme aus dem März habe der Bezirk bis heute nicht reagiert. Böhm argumentiert, dass die Gebäude ringsherum mit sieben Etagen allesamt höher seien. Dem Amt wirft er vor, über „Stadtplanung, nicht über Wohnungspolitik“ zu reden, dabei habe „gerade die SPD versprochen, mehr bezahlbaren Wohnraum zu schaffen“. Ginge es nach Böhm, sollte Hölmer das Verfahren an sich ziehen und eine Entscheidung „entgegen der Empfehlung der Amtsleitung“ treffen. Doch das wolle dieser nicht.

Stattdessen verweist Hölmer darauf, dass nun eine Abstimmung mit der Wohnungsbauleitstelle bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung erfolge. Das Ziel sei es, „in einem gemeinsamen Gespräch mit der DPF zu einer modifizierten Entwurfsvorlage und damit zu einem genehmigungsfähigen Bauantrag zu gelangen“.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • . Hölmer gibt aber auch zu: „Problematisch bei dieser Beurteilungsgrundlage ist, dass weder ‚nähere Umgebung‘ noch das ‚sich einfügen‘ eindeutig definiert ist.“ Es wird also eine ablehnende Entscheidung getroffen, unteranderem begründet durch Anforderungen an das Bauprojekt, derer man sich selbst nicht klar ist? Aha. Da man nicht in der Lage ist, Anforderungen klar zu formulieren, geschweige denn dem Antragssteller dann auch aufzuzeigen, übt man sich lieber in Arbeitsverweigerung und lässt den Antragsteller seit März!!! mit seinen laufenden Kosten im Regen stehen. Es würde mich nicht wundern, wenn es den Einen oder Anderen beim Amt gibt, der mit dieser Blockadehaltung einen Verkauf erzwingen möchte. Eine mögliche Motivation dazu, dürfte wohl klar auf der Hand liegen.

  • Ich habe die Wohnungsbaugenossenschaft Deutsch Polnische Freubdschaft bisher immer (beruflich) als jemanden kennengelernt, die ihre eigenen Ansprüche, berechtigte und unberechtigte, gegen andere gnadenlos durchdrückt und dabei auch mal das eine oder andere Gesetz unberücksichtigt lässt. Seien es Sperrungen von Wegen zu Anliegern, ohne Vorankündigung oder Vernichtung von Gehöltz in der Schonzeit.



    Ich glaube daher auch, dass diese WBG Bauunterlagen eigenmächtig bis zur Genehmigungsunfähigkeit verändert. Mal ganz abgesehen von diesem "Erpressungsversuch" mit dem Grundstücksverkauf.

  • Also, daß die verdammte Realität sich einfach weigert, das zu machen, was Politiker be-schließen, ist einfach unerhört. "



    So scheint mir die innere, restgeistige Position von Wunschträumern zu sein. Ich bin seit 25 Jahren in der Immobilienbranche und schreibe mir seitdem die Finger wund, daß der Staat Sozialwohnungen bauen muß. Und was ist in der Zwischenzeit passiert? Nichts, diskutiert hat man. Und was passiert zurzeit? Nichts, man diskutiert. Und was wird in der Zukunft passieren? Wieder nichts, man wird halt weiterdiskutieren. Ich habe die Hoffnung vollkommen aufgegeben. Hierzulande ist die Suche nach der blauen Blume intellektueller Vergeistigung durch Debatte das Allerwichtigste.