Streit um Atomgespräche im Iran: Scharfe Attacken gegen Rohani
Die Hardliner mobilisieren gegen den Präsidenten Rohani und die Atomgespräche in Genf. Sie fürchten politische Nachteile.
Ziel der Verhandlungen sei die Aufhebung von „ungerechten“ Sanktionen, „damit wieder Kapital ins Land fließt und wir unsere Umwelt-, Beschäftigungs-, Industrie- und Trinkwasserprobleme lösen können“, sagte Rohani. Leute, die meinten, die Sanktionen spielten keine wichtige Rolle, hätten keine Ahnung, was die Menschen in ihren Geldbeutel hätten.
Die Äußerungen des Präsidenten bildeten für die Gegner der Atomverhandlungen eine Steilvorlage. Seit Monaten versuchen sie, der Regierung, insbesondere den Verhandlungsführern in Genf, Steine in den Weg zu legen. Im Grunde geht es nicht um die Verhandlungen selbst, die nach einer selbstgesetzten Frist am 30.Juni abgeschlossen werden sollen.
Auch die meisten Gegner würden die Aufhebung der Sanktionen begrüßen, wohlwissend, dass Iran nur so die Wirtschaftskrise überwinden könnte. Vielmehr befürchten Konservative und Extremisten, ein Erfolg bei den Verhandlungen würde die Position der Rohani-Regierung ungemein stärken und den Reformern bei den Parlamentswahlen im nächsten Frühjahr vermutlich die absolute Mehrheit sichern.
Noch gefährlicher sind für die Fundamentalisten die langfristigen Folgen einer Einigung im Atomkonflikt. Denn sie würde nicht nur die Tore des Landes für ausländische Unternehmer öffnen. Es würde auch zu einer Invasion der verschmähten westlichen Kultur kommen, die die Legitimation eines islamischen Staates infrage stellen würde.
Große pathetische Phrasen
Die scharfen Worte des Predigers Karimi fielen auf einer Veranstaltung zum Gedenken an die Opfer des iranisch-irakisch-Krieges (1980-1988). Er verglich Rohani mit Abolhassan Banisadr, dem ersten Präsidenten der Islamischen Republik, der nach weniger als eineinhalb Jahren in Ungnade fiel und abgesetzt wurde. Damals habe sich das Volk aus Rücksicht auf Ayatollah Ruollah Chomeini zunächst zurückgehalten, aber dann den Präsidenten davon gejagt, sagte Karimi.
Die Versammelten protestierten gegen die Atomverhandlungen. „Wir schämen uns vor euch Märtyrern, dass (Außenminister Mohammad Dschawad ) Sarif vergnügt mit euren Mördern verhandelt“, stand auf einem Plakat. „Wir werden bis zum Ende Widerstand leisten!“ skandierten die Teilnehmer.
Scharfe Kritik kam auch aus den Reihen der Revolutionsgarden. Innerhalb von fünf Tagen veröffentlichte die Imam Hossein Universität, die den Garden untersteht, zwei Erklärungen, in denen die Verantwortlichen für die Außenpolitik gewarnt wurden. „Wir warnen die Leichtgläubigen, kehrt zurück, zu der Position des Volkes, zum reinen Islam, ehe es zu spät ist“, hieß es.
Demonstrationen gegen Verhandlungen
Die Unterzeichner äußerten ihre „tiefe Unzufriedenheit über den Verlauf der Atomverhandlungen, die unter Kriegs- und Sanktionsdrohungen“ geführt würden. Man werde den Verantwortlichen zunächst mit Argumenten begegnen. Doch „sollten (die Irregeleiteten) versuchen, durch feinsinnige Täuschungen das würdevolle Gesicht der Islamischen Republik zu besudeln,(...) wird das Volk revolutionäre Maßnahmen gegen sie ergreifen“.
In den vergangenen Wochen gab es in mehreren verschiedenen Städten nicht genehmigte Demonstrationen und Kundgebungen gegen die Atomverhandlungen. Sie werfen der Regierung vor, zu viele Zugeständnisse gemacht zu haben. Außenminister Sarif wurde sogar von einem Abgeordneten im Parlament als „Verräter“ bezeichnet.
Am 21. Juni verabschiedete das Parlament, in dem die Konservativen die absolute Mehrheit haben, einen Gesetzesentwurf, in dem es heißt, eine Einigung im Atomkonflikt könne unter anderem nur zustande kommen, wenn die „sofortige und vollständige Aufhebung der Sanktionen“ gesichert werde. Zudem müsse klargestellt werden, das Inspektoren keinen Zugang zu Militäranlagen, geheimen Dokumenten oder Atomwissenschaftlern gewährt werde. Über diese Punkte wird in Genf gestritten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!