Streit um Altlasten: Unsozial aber unverzichtbar
Die ehemaligen Boykotteure aus der HFBK kämpfen weiter gegen die Studiengebühren. Die Bürgerschaft lehnt ein Vermittlungsverfahren ab.
Als Linda K.* vor einigen Monaten Mahnschreiben bekam, holte sie ihre Studienzeit an der Hochschule für bildende Künste (HFBK) schlagartig wieder ein. Die damalige Filmstudentin hatte sich 2007 wie viele andere Studierende der Boykottbewegung gegen die neu erhobenen Studiengebühren angeschlossen. Andere hat es schlimmer getroffen: über zwei Dutzend Konten ehemaliger Studierender wurden hamburgweit gepfändet.
„Ich wünschte, die Forderungen würden endlich fallen gelassen und das Ganze hätte ein Ende“, sagt Linda K. Sie meint: „Der Senat hat schließlich im Zuge der Abschaffung der Studiengebühren diese selbst für unsozial erklärt – nun soll er auch danach handeln.“
Nach einer Wirtschaftsprüfung durch den Landesrechnungshof im letzten Jahr wurde die Hochschule dazu aufgefordert, die ausstehenden Gebühren einzutreiben. Noch immer gibt es über hundert offene Zahlungsansprüche allein an der HFBK. Diese träfen die jungen KünstlerInnen in einer finanziell sehr schwierigen Phase, erklärt der Asta der HFBK. Viele stockten mit Hartz IV auf, um sich überhaupt über Wasser halten zu können. Nun fehle manchen das Geld zum Leben.
Die HFBK hält dagegen, dass niemand unvorbereitet getroffen worden sei: Im Verlaufe des Verfahrens habe man mehrere Mahnungen an die Studierenden verschickt. Die Pfändung erfolge frühestens nach der dritten Mahnung. Als Zahlungsalternative bietet die HFBK eine Ratenzahlung oder eine Stundung an.
Seit dem Wintersemester 2012/13 sind die Studiengebühren in Hamburg abgeschafft.
Der Senat begründete das mit den daraus entstehenden sozialen Ungerechtigkeiten. So würde besonders finanziell Schwächeren der Zugang zur Bildung erschwert.
Die Höhe der Studiengebühren betrug ab dem Sommersemester 2002 rund 500 Euro. Im Wintersemester 2008/09 wurden sie auf 375 Euro gesenkt.
Mit der Senkung der Studiengebühren wurde jedoch die Möglichkeit abgeschafft, sich von den Studiengebühren befreien zu lassen. Dafür bestand ab 2008/09 die Möglichkeit, die Gebühren später zu zahlen.
Die Studiengebühren sollten zur Verbesserung der Lehre verwendet werden.
Die Linke hatte am Donnerstag in der Bürgerschaft erneut versucht, den Gebührenstreit zum Thema zu machen. Doch der Antrag auf Einsetzung eines Vermittlungsverfahrens wurde von allen anderen Fraktionen außer den Grünen abgelehnt. Eine Debatte fand nicht statt.
Der bildungspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Philipp Sebastian Kühn, sagte, er sehe für einen Verzicht auf die Forderungen keine rechtliche Grundlage. Ähnlich äußerte sich die Zweite Bürgermeisterin Dorothee Stapelfeldt (SPD): In ihrer Antwort auf einen Beschwerdebrief des HFBK-Astas schrieb sie, dass die Erhebung von Studiengebühren damals aus geltendem Recht erfolgt sei – auch wenn der Senat die Studiengebühren mittlerweile für falsch erachte.
Der Hamburger Rechtsanwalt Martin Klingner, der den HFBK-Asta vertritt, sieht jedoch keinen Grund aufzugeben. „Es gibt durchaus eine rechtliche Grundlage für eine Niederschlagung der Forderungen.“ So könne man an der Frage der Gleichbehandlung ansetzen: Schließlich gebe es Vorgänger- und Nachfolgejahrgänge, die keine Studiengebühren bezahlen mussten.
Außerdem würden die Studiengebühren nach der Eintreibung voraussichtlich nicht, wie ursprünglich vorgesehen, für die Verbesserung der Lehre eingesetzt, sondern flössen in andere Kanäle.
* Name geändert
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