Streit um AfD-Mitgliedschaft: Kalbitz schafft sich ab
Am Freitag verhandelt das Berliner Landgericht über die Annullierung von Kalbitz' Mitgliedschaft. Er geht geschwächt in diese Auseinandersetzung.
Basis dafür waren parteiintern bislang vor allem sein Landesverband in Brandenburg und der rechtsextreme „Flügel“. Die Brandenburger Fraktion, die lange in Nibelungentreue zu Kalbitz hielt, hat ihm am Dienstag deutlich gemacht, dass es damit vorbei ist: Er musste seinen Fraktionsvorsitz, der bislang nur ruhte, aufgeben. Zwar heißt es, Kalbitz habe dies von sich aus getan – doch freiwillig war es nicht. Zuvor hatte die Staatsanwaltschaft Ermittlungen wegen fahrlässiger Körperverletzung gegen Kalbitz aufgenommen, weil dieser einem eigentlich Vertrauten aus der Fraktionsspitze zur Begrüßung derart geboxt hatte hat, dass dieser jetzt mit einem Milzriss im Krankenhaus liegt.
Seitdem werden viele Vorwürfe gegen Kalbitz öffentlich, die schon zuvor durch die Partei waberten. Von zu viel Alkohol ist die Rede, von brutalem Führungsstil und auch von Gewalt. Am deutlichsten wurde Kai Laubach, Mitarbeiter eines Abgeordneten, der eigentlich auch zum Kalbitz-Lager zählt, in einem offenen Brief an diesen. „Du erinnerst dich sicher noch an die Fraktionklausur 2019, als du Kevin in die Fresse geschlagen hast“, heißt es da. Und weiter: „Du bist Parteikrebs, Junge“ und „Bitte geh“.
Auch aus dem „Flügel“ gibt es bislang öffentlich vernehmbar keine Unterstützung für Kalbitz. Besonders auffällig ist das Schweigen von Björn Höcke, der bis zur offiziellen Auflösung des „Flügels“ gemeinsam mit Kalbitz an dessen Spitze stand. Bislang hat sich Höcke in den sozialen Netzwerken immer prompt an die Seite von Kalbitz gestellt. Auch Co-Parteichef Tino Chrupalla, der in der Auseinandersetzung um Kalbitz' Mitgliedschaft immer fest auf der Seite des Wahlbrandenburgers stand, zeigt erste Absetzungsbewegungen: Der Rücktritt vom Fraktionsvorsitz sei „in dieser Situation konsequent und richtig“, sagte Chrupalla der ARD.
Es wäre nicht das erste Mal, dass der „Flügel“ einen aus seiner Spitze fallen lässt: André Poggenburg, Kalbitz Vorgänger an der Seite Höckes, hat diese Erfahrung bereits gemacht. Bemerkenswert bleibt: Wie bereits im Bundesvorstand wird auch in Brandenburg nicht mit Kalbitz' Rechtsextremismus argumentiert. Auslöser dafür, dass Kalbitz hier seine Machtposition verliert, war letztlich das, was in den sozialen Netzwerken so schön „Milzrissaffäre“ heißt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Geschasste UN-Sonderberaterin
Sie weigerte sich, Israel „Genozid“ vorzuwerfen
Prognose zu Zielen für Verkehrswende
2030 werden vier Millionen E-Autos fehlen
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Partei stellt Wahlprogramm vor
Linke will Lebenshaltungskosten für viele senken
Vertrauensfrage von Scholz
Der AfD ist nicht zu trauen