piwik no script img

Streit um AfD-Kritiker ZiebsFeuerwehrverband brennt lichterloh

Feuerwehrverbands-Präsident Hartmut Ziebs wurde aus dem Amt gedrängt. Nun droht der größte deutsche Landesverband mit Austritt.

Auf verlorenem Posten: Hartmut Ziebs Foto: dpa

Berlin | taz Dem Deutschen Feuerwehrverband (DFV) droht die Spaltung. Der größte Landesverband, der Verband der Feuerwehren in NRW e. V. (VdF), erwägt, aus dem Bundesverband auszutreten. Dieser sei „aktuell nicht als seriöse und ernsthafte Organisation wahrzunehmen, sondern er verstrickt sich in Kleinkriegen von Personal- und Postendebatten“, heißt es in einer Erklärung des VdF. Für die Feuerwehren sei der Bundesverband deshalb „kein Mehrwert, sondern eine Last für ihren guten Ruf“.

Am Samstag hatten die nordrhein-westfälischen Brandbekämpfer in Wuppertal getagt. Anlass ihrer Sondersitzung war der Streit über den aus Schwelm in NRW stammenden obersten Feuerwehrmann Deutschlands, den DFV-Präsidenten Hartmut Ziebs. Jener wurde seit November von seinen Stellvertretern im DFV zum Rücktritt gedrängt. Anfang Dezember hatte Ziebs akzeptiert, dass im April 2020 – mehr als ein Jahr früher als ursprünglich vorgesehen – ein neues Präsidium gewählt wird, für das er nicht mehr kandidieren würde.

Doch Ziebs’ Widersachern reichte der April-Termin nicht – sie machten weiter Druck. Am Samstag gab Ziebs endgültig nach: Auf Facebook erklärte er, zum 31. Dezember „die Uniform auszuziehen“, also zurückzutreten. Grund seien nicht nur der Druck seiner Widersacher, sondern auch Drohungen und Hassbotschaften gegen seine Familie. Für Ziebs’ nordrhein-westfälischen Heimatverband ist klar: Auch die fünf Vizepräsidenten, die Ziebs in den letzten Wochen zum Rücktritt gedrängt haben, sollen auf eine erneute Kandidatur für DFV-Spitzenämter verzichten.

Mindestens zwei der fünf werden Ambitionen auf Ziebs’ Posten nachgesagt. Doch sie „müssen ebenso wie Hartmut Ziebs den Verband über ihre eigene Person stellen“, fordert der nordrhein-westfälische Landesverband. Geschieht das nicht, will dieser seinen Mitgliedern empfehlen, „über den weiteren Verbleib im DFV zu befinden“ – also sich vom Dachverband abzuspalten.

Weitere Landesverbände erwägen Austritt

Derzeit sind alle rund 1,3 Millionen deutschen Feuerwehrleute im Deutschen Feuerwehrverband organisiert. Der VdF aus NRW vertritt sämtliche Feuerwehren Nordrhein-Westfalens mit knapp 160.000 Aktiven. Dem Vernehmen nach erwägen weitere Landesverbände, sich dem Vorgehen NRWs anzuschließen.

Ein Zerfall wäre ein Novum für die Feuerwehr. Die Drohungen sind der Höhepunkt eines Streits, der schon Jahre zurückreicht, aber in den letzten Wochen in der Öffentlichkeit ausgetragen wurde. Nachdem der als fortschrittlich geltende CDU-Mann Ziebs im November zum Rücktritt aufgefordert wurde, wandte dieser sich an die Presse. Man dränge ihn aus dem Amt, weil er sich gegen die AfD gestellt und eine türkischstämmige Bundesgeschäftsführerin eingestellt habe, sagte Ziebs. Die Vizepräsidenten stritten einen Zusammenhang mit Ziebs’ Engagement gegen die AfD ab, weigerten sich aber, ihre Kritik an ihm zu begründen.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • Ein erneuter Spaltungserfolg der Rechtsradikalen, die unablässig Druck durch Gewaltandrohung auf Vertreter der Zivilgesellschaft ausüben. Wenn Gesellschaft und Politik nicht endlich Menschen, die klare Kante zeigen, den Rücken stärken, pflanzt sich das durch alle Bereiche fort.

  • Sehr gut. Wenn man wie Ziebs für die Zivilgesellschaft eintritt und dann ein paar querköpfige AfD-Terror-Sympathisanten ihm einen Strick daraus drehen, dann sind Konsequenzen wie eine Abspaltung vom Dachverband richtig und wichtig. Wie bereits erwähnt, schadet solch destruktives Verhalten gegenüber Ziebs dem Ruf der Feuerwehr. Sehr schade, dass es keinen medialen Aufschrei darüber gibt, dass der Präsident des deutschen Feuerwehrverbands und seine Familie bedroht werden, weil er sich für ein friedliches Miteinander in unserem Land eingesetzt hat. Erst, wenn man selber abserviert wird, dann ist das Geschrei groß. Meine Hochachtung an Herrn Ziebs und an den VdF aus NRW. Lange dachte ich, die Feuerwehr sei wie die Polzei eine von rechts unterwanderte Säule unserer Gesellschaft, aber Menschen wie der Herr Ziebs zeigen mir, dass bei mir mehr Differenzierungsbedarf besteht.

    • @LennyZ:

      Stimme zu - u. bin gespannt darauf, welches Bild sich in 2 Jahren darstellen wird. Wird es eine ungefähre Zweiteilung geben - was nicht so gut wäre? Oder wird der jetzige Bundesverband aus drei Landesverbänden bestehen - davon 2 aus dem Osten? Das wäre leider realistischer als die Erwartung, diese rechtslastigen Konsorten im BFV würden bereit sein, auf ihre Kandidatur verzichten.