Streit über rechtsextremen Lehrer: Er ist wieder da
An einer Hamburger Grundschule verunsichert die rechtsextreme Vergangenheit eines Lehrers das Kollegium. Die Schulleitung glaubt an einen Gesinnungswandel
Dass die Schulleitung ausweicht, überrascht Nissar Gardi von „empower“, einer Beratungsstelle für Betroffene rechter Gewalt, wenig. Lehrer der Schule hatten sich an die Beratungsstelle gewandt und um Hilfe gebeten. Auf einer Lehrerkonferenz soll die Schulleiterin auf die politischen Hintergründe der neuen Lehrkraft hingewiesen worden sein, hatte einer der Kollegen Gardi berichtet. Eher zufällig war er auf die politische Vergangenheit des Kollegen aufmerksam geworden, weil ein anderer Lehrer dessen Namen bei Google gesucht hatte.
Die Suche ergab, dass S. als Student in Wiesbaden für die NPD kandidiert hatte. Mitte der 90er Jahre lud er für die Schülerburschenschaft „Pennale Burschenschaft Chattia Friedberg zu Hamburg“ zu Veranstaltungen mit Rechtsextremen ein. Die Chattia-Homepage zeigt ihn als „Alten Herrn“ beim altgermanischen Julfest. Der Hamburger Verfassungsschutz stuft die Burschenschaft bis heute als „rechtsextrem“ ein. Im März 2007 war S. an einer Veranstaltung beteiligt, bei der der Holocaustleugner Klaus Kaping auftrat. Den hatte ein Gericht bereits dafür verurteilt, dass er im Zusammenhang mit Auschwitz in Bezug auf die Opferzahlen von einer „talmudischen Lüge“ geschrieben hatte. Familie S. hatte auch das Postfach der „Einheit Nord“, der 2009 verbotenen „Heimatreuen Deutschen Jugend“ geführt. Der Sohn ist Aktivist der neurechten Identitären Bewegung, die vom Verfassungsschutz beobachtet wird.
Seine Frau nannte sich im Fernsehen „rechtsradikal“
Es war Frau S., ebenfalls Grundschullehrerin, die 2007 durch ein Interview aufgefallen war. Dem WDR sagte sie: „Ich höre eben lieber ‚Ausländer raus‘, als ‚Deutschland verrecke‘“, und betonte, sie könne durchaus als „rechtsradikal“ verstanden werden. Nach mehreren Medienberichten wurde sie in den Innendienst versetzt –, Jochen S. musste die katholische Schule verlassen.
Heute steht die Hamburger Schulleiterin vor einem Problem: Sie soll den anderen Lehrern angeboten haben, dass sich an sie wenden solle, wer Schwierigkeiten mit S. bekomme. Zugleich soll sie versichert haben, dass der neue Lehrer heute nichts mehr mit seiner Vergangenheit zu tun habe. So wurde es Gardi berichtet. Nach Aussage des Lehrers soll der Schulleitung eine entsprechende Bescheinigung vorliegen, sagt die Mitarbeiterin der Beratungsstelle. Diese Bescheinigung sei den Kollegen auf Wunsch aber nicht gezeigt worden.
Zu den in Aussicht gestellten Gesprächen sei es kaum gekommen, erzählt Gardi. Den Kollegen sei stattdessen Verschwiegenheit nahegelegt worden, heißt es. Zu diesem Vorwürfen will sich die Schulleiterin gegenüber der taz nicht äußern. Der Sprecher der Schulbehörde Peter Albrecht wiederum betont, dass die Schule selbst für die Einstellung ihres Personals zuständig sei.
Die Schulbehörde geht von Gesinnungswandel aus
An die Behörde hatte sich auch die Schule gewandt, denn S. war in seiner Bewerbung mit seiner Vergangenheit offen umgegangen. „Die Personalabteilung überprüfte“, so Albrecht, und kam zu dem Schluss, dass nichts gegen eine Einstellung als Vertretungskraft spreche. Man ging davon aus, dass S. mit der früheren Gesinnung gebrochen habe. Der Verfassungsschutz soll in die Entscheidung involviert gewesen sein. Einen Gesinnungswandel nehmen ihm seine Kollegen aber nicht ab. Auch Gardi ist skeptisch: Es gehe ja nicht nur um jemanden, der als Jugendlicher in einer rechten Clique gewesen sei. Dagegen reiche es den Sicherheitsbehörden oft aus, wenn jemand nicht mehr bei Aktionen auffalle.
Behördensprecher Albrecht betont, dass der Lehrer sehr genau beobachtet werde. Was Gardi verwundert, ist, dass der Elternrat der Schule, auf die viele Kinder mit Migrationshintergrund gehen, bisher nicht über den Hintergrund des Lehrers informiert wurde.
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