Streit über Massenställe für Legehennen: Bio-Lobby gegen Grünen-Politiker
Der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft stellt sich gegen die Forderung grüner Agrarpolitiker. Er will mehr Öko-Legehennen pro Stall unterbringen.
Berlin taz Der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) geht beim Thema Bio-Geflügelhaltung auf Konfrontationskurs zu einflussreichen Agrarpolitikern der Grünen. Peter Röhrig, Geschäftsführer des Branchenverbands, teilte der taz mit: „Der BÖLW setzt sich dafür ein, dass bei Legehennen bis zu vier Herden (maximal à 3.000 Tiere) unter einem Dach untergebracht werden dürfen“, also insgesamt 12.000 Hühner. Niedersachsens Agrarminister Christian Meyer hatte im August in der taz gefordert, die Zahl der Bio-Hennen pro Gebäude auf nur 3.000 zu begrenzen. Dem schloss sich auch der agrarpolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Friedrich Ostendorff, an.
Weil Biofarmen derzeit mitunter 30.000 Hühner in einem Gebäude halten, ist das Gras in den Ausläufen in kurzer Zeit weggepickt. Obwohl die EU-Ökoverordnung verlangt, dass das Freigelände „überwiegend aus einer Vegetationsdecke bestehen“ muss. Denn sonst können Schadstoffe aus den Ausscheidungen der Tiere leichter ins Grundwasser gelangen. Zwar erlaubt die Europäische Union höchstens 3.000 Legehennen pro „Stall“. Doch die deutschen Behörden lassen mehrere Ställe in einem Gebäude zu. Meyer begründete seine Forderung auch damit, dass Bio-Kunden „keine Massenställe“ wollten.
Doch der BÖLW, bei dem alle großen Öko-Verbände wie Bioland, Naturland und Demeter Mitglied sind, beharrt aus wirtschaftlichen Gründen auf größeren Stallgebäuden. Schließlich könnten die Betriebe Geld sparen, indem sie etwa eine Eiersortiermaschine für mehrere Ställe nutzten, argumentiert Geschäftsführer Röhrig.
Damit die Ausläufe trotzdem grün bleiben, verlangt der BÖLW, dass sich das Freigelände nicht mehr auf 350 Meter, sondern nur noch auf 150 Meter vom Stall erstrecken darf. Außerdem sollten künftig die vorgeschriebenen 4 Quadratmeter Auslauffläche pro Henne „auf zeitweise 2,5 Quadratmeter reduziert werden können“, erklärte Röhrig. „So können stark beanspruchte Bereiche des Auslaufs zeitweise ausgezäunt werden, um eine Erholung der Vegetationsdecke zu ermöglichen.“
Mehr Auslauffläche pro Legehenne
„Die Begrenzung der Auslaufdistanz wird von mir unterstützt“, sagte Meyer der taz. „Ich würde es begrüßen, wenn alle Betriebe des BÖLW diesen Vorschlag in ihren Geflügelhaltungen kurzfristig umsetzen würden.“ Der Grüne wandte sich aber gegen den Vorschlag, die vorgeschriebene Freigeländegröße vorübergehend zu reduzieren. „Für ein sinnvolles Auslaufmanagement wird es in vielen Fällen eher notwendig sein, pro Legehenne deutlich mehr als diese Auslauffläche zur Verfügung zu stellen“, so der Minister.
Niedersachsen habe das Bundesagrarministerium bereits mehrfach gebeten, sich bei der EU für eine europaweite Begrenzung der Legehennen-Zahl pro Gebäude einzusetzen. „Leider ist der Bund hier jedoch untätig.“ Ein Sprecher von Bundesminister Christian Schmidt (CSU) dagegen schrieb, seine Behörde habe die EU-Kommission um ein Limit in einer neuen Ökoverordnung gebeten. Aber Schmidt hat sich noch nicht einmal auf eine bestimmte Zahl festgelegt. In dieser Angelegenheit befinde sich das Ministerium „derzeit noch in Beratungen“, so sein Sprecher.
Leser*innenkommentare
Parisien
Eigentlich habe ich es schon immer befürchtet , hier wird es wieder deutlich : Auch die Bio_Heinis betreiben ein ganz normales Geschäft und bedienen dabei den Markt der "bewusst" lebenden Tofu-Brigaden - ischa so chic und vernünftig.
Sie sind grün angestrichene Profitgeier, die der Tierschutz nicht die Bohne interessiert.
Wieder geht eine Illusion flöten.
Manfred Stein
Hallo,
natürlich ist Bio ein Geschäft. Auch ein Bio-Landwirt oder ein Bio-Laden müssen Gewinn machen. Natürlich kommen zusätzlich zu den Subventionen für die Landwirtschaft noch Bio-Subventionen hinzu. Es bezieht ein Bio-Landwirt 90% seiner Erlöse aus Subventionen.
Mit einenm Marktanteil von 4,4% ist Bio immer noch eine Nischenproduktion. Man muss bedenken, dass Bio-Ware im Schnitt 70% teuerer ist.
Einzelne Marktsegmente laufen besser: Bio-Eier haben 11,5% am Produktionsvolumen. Schweine bzw. Schweinefleisch 4-6 Promille.
bert
Wieso bleibt die Auslauffläche länger grün, wenn diese kleiner wird?
80576 (Profil gelöscht)
Gast
@bert Weil ein regelmäßig wechselnder Teil der eigentlich vorhandenen Freilauffläche für die Hühner gesperrt wird, damit die Vegetation Zeit zum Nachwachsen hat.
Matthias Rackwitz
@80576 (Profil gelöscht) und wenn das schon mit 4 m² nicht funktioniert, warum sollte das mit 2,5 was werden?
Matthias Rackwitz
@bert gute Frage , bitte mal direkt an den GF des BÖLW stellen
werh
Mit 4 m² könnte der Auslauf größtenteils grün gehalten werden, sofern das Abteilen auf z.B. 2,5m² erlaubt wäre. Der sozusagen "ausgezäunte" Auslaufteil könnte sich dann wieder erholen.
Im Übrigen bleibt auch der Auslauf nicht länger grün, wenn er größer wäre, da sich die Tiere mehrheitlich im Stallnahen Bereich aufhalten und eben auch dort die Grasnarbe zerstören.
Matthias Rackwitz
@werh das ist grundsätzlich zu bezweifeln , grün ist bei 4 und weniger m2 immer nur etwas ,wo die Hühner selten sind - wir müssen aber auch mal noch unterscheiden zwischen Bio-Ställen in denen 3000 und welchen in denen heute 15-30000 Tiere gehalten werden