Streit der Woche: "Bring Obama das Lüften bei"
Kann Obama bei Merkels Washington-Besuch etwas lernen? Klimapolitisch auf jeden Fall, findet die Entertainerin Gayle Tufts. Auch der Publizist Michael Naumann sieht Lernpotenziale.
BERLIN taz | US-Präsident Barack Obama sollte nach Ansicht der US-Entertainerin Gayle Tufts bei der deutschen Kanzlerin Unterricht im Klimaschutz nehmen. "Warum über Atomausstieg oder Ölbohrungen im Golf von Mexiko diskutieren? Lass Obama in einem Hotel ohne Klimaanlage übernachten und bring ihm das ur-deutsche Konzept des Lüftens bei", schreibt die in Berlin lebende Tufts im "Streit der Woche" der sonntaz.
Am Montag reist die Kanzlerin nach Washington. Staatsbesuch, Staatsbankett – und die Freiheitsmedaille des Präsidenten kriegt die Kanzlerin auch noch überreicht. Neben der Goldenen Ehrenmedaille des Kongresses ist das der höchste Orden, den die USA an Zivilisten zu vergeben haben.
Arne Jungjohann von der grünennahen Heinrich-Böll-Stiftung erhofft sich von dem Staatsbesuch politische Impulse für die US-Klimapolitik. "Zwar hält Obama an der Atomenergie fest", schreibt der Leiter des Umweltprogramms der Stiftung in Washington in der sonntaz. "Doch wie Deutschland den Ausstieg aus der Atomkraft mit dem Einstieg ins Solarzeitalter verbindet, dürfte ihm imponieren."
Während Merkel ihre Atompolitik revidiert und international für einen Kurswechsel wirbt, setzt Obama unbeirrt auf die Kernenergie: Um die Abhängigkeit von Ölimporten zu verringern und den Ausstoß von Kohlendioxid zu reduzieren, hat seine Regierung 18,5 Milliarden US-Dollar an Kreditgarantien für den Ausbau der Kernkraft zugesagt. Jungjohann schreibt: 'Win the Future' lautet ein möglicher Slogan der Obama-Kampagne für 2012. Beim Abendessen mit der Kanzlerin kann der US-Präsident diesem Ziel näher kommen."
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Obama kann auch in der Außenpolitik nach Ansicht des FDP-Chefs im Europaparlament Alexander Graf Lambsdorff von der Bundeskanzlerin noch etwas lernen. "Obama sollte gut zuhören", schreibt Lambsdorff im "Streit der Woche". "Sie verkörpert ja geradezu den amerikanischen Traum des Mädchens, das in der Diktatur groß wird, als junge Frau für die Freiheit kämpft und dann eine Karrieremacht, bei der selbst Tellerwäscher-Millionäre staunen müssen."
"Suche dir einen lustigen Außenminister"
Seit Beginn der arabischen Revolution rüttele nun eine Weltregion an ihren Ketten, schreibt der FDP-Mann. "Höchste Zeit, dass Obama auf Merkel und alle anderen hört, die einen solchen Übergang selbst erlebt haben."
Michael Naumann, unter Gerhard Schröder Kulturstaatsminister und heute Chefredakteur des Magazins Cicero, schreibt auf die Frage, was Obama sich von Merkel abgucken kann: "Verspreche nichts, regiere einfach mal ein gutes Jahr lang überhaupt nicht. Das beruhigt die Nerven und es hätte ihm das Guantánamo-Debakel erspart. Erwecke ansonsten keine Hoffnungen und verweise auf ihre fabelhafte Erfüllung. Suche dir einen lustigen Außenminister und schiebe ihm die Schuld am schlechten Ruf des Landes bei den Verbündeten in die Schuhe."
Im "Streit der Woche" äußern sich in der sonntaz außerdem taz.de-Leser Pascal Noller, die Münchner Universitätsprofessorin Anke Ortlepp und Juso-Chef Sascha Vogt. Ebenfalls in der sonntaz schreibt die Korrespondentin Bettina Gaus eine Analyse der deutsch-amerikanischen Beziehungen. Mit Blick auf die Lage in der arabischen Welt kommt sie zum Schluss: "Die Lage ist inzwischen derart verfahren, dass selbst Romeo und Julia wohl nur schwer zu einer gemeinsamen Linie finden könnten."
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