Streit der Woche: "Pass auf, oder ich hole den Panzer!"
Muss der Staat Radfahren belohnen? Der Verkehrsclub Deutschland findet die Subventionsidee beim Fahrradkauf gut. Für militantere Mittel wirbt der Bürgermeister von Vilnius.
Die deutsche Politik sollte beim Klimaschutz mit gutem Beispiel voran gehen: Das fordert Doris Neuschäfer vom Verkehrsclub Deutschland (VCD) in der Wochenendausgabe der taz. "Die Abgeordneten selbst sollten, statt stets in spritfressenden Dienstwagen vorzufahren, das Rad nehmen", schreibt Neuschäfer im "Streit der Woche" in der sonntaz zur Frage "Muss der Staat das Radfahren belohnen?"
Die Piratenpartei will bereits Vorbild sein. Die 15-köpfige Fraktion im Berliner Landesparlament möchte statt des ihnen zustehenden Dienstwagens lieber Fahrräder und Tickets für den Nahverkehr. "Ein Politiker auf dem Rad nimmt sowohl seine Stadt als auch seine Mitmenschen bewusster wahr", schreibt Marina Weisband, Politische Geschäftsführerin der Piraten.
Ins Gedächtnis der Bürger eingeprägt hat sich im vergangenen Sommer der Bürgermeister der litauischen Hauptstadt Vilnius. Arturas Zuokas ließ ein Werbevideo produzieren, in dem er mit dem Panzer über ein falsch geparktes Auto fährt. Seine Botschaft: "Wenn du die Rechte anderer beschneidest, dann beschneiden wir deine." Damit wurde Zuokas zum Star auf Youtube. "In Vilnius darf man nicht einfach die Regeln missachten, nur weil man sich ein teures Auto leisten kann", schreibt er in seinem Beitrag für die sonntaz. In Vilnius werden zur Abschreckung auch Sticker auf falsch geparkte Autos geklebt. Ihre Aufschrift: "Pass auf, oder ich hole den Panzer!"
Dass nicht nur die Autofahrer, sondern vor allem die Radfahrer ständig Gesetze brechen, meint Bernd Irrgang. Der Vorsitzende des Bundes der Fußgänger findet es "inakzeptabel, dass speziell Senioren und Behinderte wegen anarchistischer Pedalritter auf ihren Freiflächen gefährdet werden". Das Verhalten der Radler dürfe nicht belohnt werden. Vielmehr müsse der Staat die Fußgänger schützen.
Als unnötig bis kontraproduktiv für den Klimaschutz betrachtet Matthias Wissmann die Benachteiligung des Autofahrens. Der Präsident des Verbands für Automobilindustrie schreibt in der sonntaz: "Eine Politik, die den Autoverkehr einschränkt, führt nur zu mehr Staus, längerer Parkplatzssuche und höherem Verbrauch." Radfahrer würden mit dem Ausbau von Radwegen bereits genug belohnt.
Deutschland, ein Fahrradland? Lachhaft, findet Peter Kusenberg. Die Abkehr der Deutschen von ihren geliebten Autos ist für den freien Journalisten undenkbar. Sogar "beim Ausbruch eines Atomkriegs werden sich die Deutschen zunächst um die Unversehrtheit des Autolacks sorgen. Und dann fahren sie alle mit ihren SUVs in die Hölle."
Im "Streit der Woche" in der sonntaz beteiligen sich auch taz.de-Leserin Gunda Werner-Burggraf, die von Deutschland nach Japan radelte, sowie der niedersächsische Verkehrsminister Jörg Bode (FDP).
Leser*innenkommentare
Frankas der Litauer
Gast
reine Selbstdarstellung.
Radwege in Vilnius bestehen aus zwei Linien auf holprigen Fußwegen und ändern am nächsten Baum.
Gelder zum Radwegebau gibt es nicht. Aber 200 Mio. für'ne Umgehungsstraße.
Bitte lasst uns Politiker tauschen, wenn der Mann schon im Ausland belieber ist als in Litauen (wo ihm die Medien schon lange mehr kein solches Podium bieten)
Panzerschnecke
Gast
Ich wünschte ich hätte einen Panzer !
Sebastian
Gast
Kann mir bitte jemand mal die Gedanken hinter diesem Abschnitt erklären:
Als unnötig bis kontraproduktiv für den Klimaschutz betrachtet Matthias Wissmann die Benachteiligung des Autofahrens. Der Präsident des Verbands für Automobilindustrie schreibt in der sonntaz: "Eine Politik, die den Autoverkehr einschränkt, führt nur zu mehr Staus, längerer Parkplatzssuche und höherem Verbrauch.
Danke :-D
Felix
Gast
Als Autofreier belohne ich mich schon selbst genug. Durch die clevere Wahl meiner Wohnung kann ich zu Fuß zur Arbeit gehen und alle Einkäufe und Erledigungen mit dem Fahrrad erledigen.
Da geht alles schnell und stressfrei. Außerdem lebe ich durch die Bewegung viel gesünder. Und ich spare eine Menge Geld :-)
ralf hitz
Gast
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Den stärksten Einspareffekt beim (An)Reisen zeigte
wohl der neue MP von B-W:Erflog mit dem Heli zu einer
Konferenz(Kiel)u.ließ seinen Fahrer das Dienstfahrrad
nachbringen.Nach dem Motto:Wein predigen u.Wasser
saufen.
Ralle
Gast
Der Beitrag von Kusenberg geht zwar derart krass am Thema vorbei, dass es eine bodenlose Unverschämtheit ist (
weil sowieso nix draus wird, äußere ich mich erst gar nicht dazu, wass ich von der Idee als solcher halte, obwohl das, genau das und nur das die Frage war)
aber ich kann mir nicht helfen:
Ich finde ihn troztdem ganz besonders hübsch!
ohno
Gast
Radfahrer werden durch den Bau von Radwegen *benachteiligt*, nicht belohnt.
Radwege (und Fußwege!) schaden auch Fußgängern (und sogar Autofahrern), weil sie nur einen Zweck haben: Den Autoverkehr schneller (und damit gefährlicher zu machen).
Klaus Treaupheaup
Gast
Auf der Grundlage der Erfahrung von 3 1/2 Jahren und mehr als 30.000 Kilometern auf den Straßen Frankfurts als Radkurier kann ich folgendes mit dem bestem Gewissen behaupten: Zu wenig Panzer.
reblek
Gast
"Die 15-köpfige Fraktion im Berliner Landesparlament möchte statt des ihnen zustehenden Dienstwagens..." - Auch wenn es sich um 15 Personen handelt, ist die Fraktion, wie "möchte" auch richtig zeigt, ein Singular und es steht nicht "ihnen" etwas zu, sondern "ihr".
vic
Gast
Das ist so lächerlich.
Autofahrer wollen Schutz vor Fahradfahrern, die vor Autofahrern, Fußgänger vor beiden. Und Ameisen, wer beschützt die vor Fußgängern?
Am besten wir vergessen das ganze. In Deutschland geht das nicht, da wird nach oben geschleimt und nach unten getreten.