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Streit der Woche„Ende der Brüsseler Veranstaltung“

Soll Großbritannien die EU verlassen? „Natürlich nicht“, sagt CSU-Politiker Peter Gauweiler. Stay cool – das Leben geht weiter, kontern die konservativen Tories.

Notorische Isolationisten? 2017 sollen die Briten per Referendum entscheiden, ob sie in der EU bleiben wollen. Bild: reuters

Vor einer Woche hat der englische Premier Minister David Cameron eine Rede zur Lage der Nation gehalten und festgestellt: Europa muss muss sich ändern – oder die Briten gehen freiwillig. 2017 soll in England per Referendum über den Verbleib des Mitgliedsstaates in der EU abgestimmt werden. Im aktuellen „Streit der Woche“ haben wir deshalb gefragt: „Soll Großbritannien die EU verlassen?“

„Natürlich nicht“, schreibt CSU-Politiker Peter Gauweiler in der sonntaz. „Ein Austritt Englands wäre das Ende der Brüsseler Veranstaltung.“ Was käme da als nächstes? „Wenn die Schotten nächstes Jahr ihre Selbstständigkeit beschließen“, so Gauweiler, könne man auch fragen, ob die „Bayern es den Schotten nachmachen sollten.“ Eine Kettenreaktion wäre die Folge, weil „dann an der EU-Tektonik nichts mehr stimmt.“ Schlimmer noch, dass der Grüne Euro-Politiker Daniel Cohn-Bendit einen Austritt Englands als „nicht dramatisch“ bezeichnet, findet Gauweiler. „Dümmer kann man sich nicht ausdrücken.“

Wozu die Aufregung? „Das Leben geht weiter“, schreibt Mark Pritchard von den konservativen Tories aus England für die sonntaz. Weder England noch Europa werden enden, würde Großbritannien die Union verlassen. Wenn Europa nicht flexibler und demokratischer wird, könnten die globalen Konkurrenten weiter wachsen und es übertreffen, ist der englische Politiker überzeugt.

Als der Beitritt Englands zur EU 1975 beschlossen wurde, seien viele noch nicht alt genug gewesen um abzustimmen. „Die Hälfte der in England lebenden Menschen konnte nie über Europa entscheiden“, schreibt Pritchard. Geht es nach den konservativen Tories, soll sich das 2017 ändern.

Briten, Banken und Büroklammern

Bild: taz

Den kompletten Streit der Woche lesen Sie in der sonntaz vom 2./3. Februar 2013. Am Kiosk, eKiosk oder gleich im Wochenendabo. Und für Fans und Freunde: facebook.com/sonntaz.

„Ein britischer Exit nützt niemandem“, schreibt Sven Giegold von der Grünen Fraktion im Europaparlament. Trotzdem: „Nicht alle Forderungen der Briten sind abstrus.“ Ein gemeinsamer Markt brauche starke soziale und ökonomische Regeln. Das wiederum würde zu einer Vertiefung der Finanzmarktkontrolle und der steuerlichen Regelungen führen. „Aber, müssen wirklich alle Normen von der Berufsausbildung über die Büroklammer bis zu Betreibergesellschaften europäisch homogenisiert werden?“, fragt Giegold und gibt sich gleich selbst die Antwort. „Not really.“

„Die Briten haben nie richtig dazu gehört – und sie wollen auch nie richtig dazugehören“, schreibt der Stern-Autor Hans-Ulrich Jörges. „Schadenfreudig, feindselig“, so beschreibt Jörges den Euro-Kurs der, wie er sagt – „notorischen Isolationisten“. Schon die Sprache sei verräterisch. „Wenn die Briten von der westlichen Welt reden, dann sagen sie: United States, Britain and Europe.“ „Das ist als traurige Ablehnung gemeinsamer Werte zu verstehen“, schreibt die in Berlin lebende Britin Kate Haynes. „Ich fühle mich nicht nur als 'Engländern', sondern auch als 'Europäerin'.“

Die sonntaz-Frage beantworten außerdem Andrea Leadsom, Finanzexpertin und Abgeordnete der Conservative Party, Nigel Farage, Vorsitzender der rechtspopulistischen UK Independence Party sowie taz-Leser Daniel Schnur.

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1 Kommentar

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  • S
    shenanigans

    Hans-Ulrich Jörges hat selbst die besten Argumente geliefert, warum die Briten in der EU bleiben sollten. Und er ist einer der Gründe, warum ich das billig-populistische Geschrei des führenden Magazins für den deutschen Wutbürger seit eh und je meide.

     

    Endweder seid ihr mit "uns" (wer auch immer das ist) oder aber ihr verlasst jetzt ganz schnell die deutsche EU. Denn "dazu gehören" wollten die doofen Briten ja eh nie. "Dazu gehören"? Zu wem? Einem Europa, dass nach den Vorstellungen einer deutsch-französischen Dominanz zusammengeschustert wurde? Mit allen dazugehörigen Finessen natürlich: Ausufernde Bürokratie, anonymen undurchsichtigen Kommissionen und fehlender demokratischer Partizipation für die Bürger.

     

    Wenn die Briten mehr Mitbestimmung einfordern, haben sie recht. Das mag Berlin oder Paris nicht passen, weil Mitbestimmung gerade in Berlin nicht gern gesehen wird. Weder bei der eigenen Bevölkerung noch im Ausland, wo es deutschen Interessen schaden könnte. Die arroganten Reaktionen, die der britische Vorstoß in Berlin durch das gesamte politische Spektrum – von grün (siehe z.B. Cohn Bendit) über rot bis tief schwarz – erzeugt, ist nur ein weiterer Beleg dafür, dass Kritik an der deutschen EU unerwünscht ist. Und dass sich diese EU auf einem Irrweg befindet.

     

    Was Europa jedoch schaden wird ist nicht die britische Haltung, sondern eine noch stärkere Dominanz von Berlin und Paris. Die Deutschen haben Europa historisch noch nie gut getan wenn sie zu viel Macht hatten. Am derzeitigen Europa stellen sie einmal mehr unter Beweis, dass sie mit Demokratie anscheinend nie wirklich warm geworden sind – Bürokratie ist ja auch so viel einfacher und vor allem ordentlicher.

     

    Ich würde Herrn Jörgens außerdem empfehlen, in Zukunft nicht den Rest Europas kollektiv für seine Weltsicht zu vereinnahmen. Denn was "WIR" wollen (ein zusammenwachsendes Europa) wird es mit Deutschen, die dem Rest Europas diktieren, wie Europa gefälligst zusammenzuwachsen hat – nicht geben. Und das will ICH auch nicht.