Streit bei der Linken im Saarland: Im Modus der Selbstzerstörung
Während sich im Saarland die Linken-Politiker Lafontaine und Lutz bekriegen, schaut die Bundespartei tatenlos zu. Das könnte sich als folgenschwer erweisen.
O skar Lafontaine ruft zum Wahlboykott auf. Denn der Spitzenkandidat der Saar-Linken sei unwählbar. Das ist für die Linkspartei brandgefährlich. Lafontaine war im Saarland ja stets Garant für gute Wahlergebnisse. In einer aktuellen Umfrage liegt die Linke dort bei 14 Prozent.
Selbst sein Widersacher, der Landesvorsitzende Thomas Lutze, bescheinigt der Landtagsfraktion unter Lafontaines Vorsitz hervorragende Arbeit. Wenn der jetzt vor Lutze warnt und ihn als Betrüger beschimpft, könnte das das Ende beider Karrieren einleiten.
Der Bundestagsabgeordnete Lutze hat zwar die Kandidatenkür gewonnen. Doch nach der Schlammschlacht der beiden Lager ist er angezählt. Die Staatsanwaltschaft ermittelt und könnte Anklage erheben. Die Landeswahlleiterin hatte bereits vor vier Jahren die von Lutze angeführte Landesliste wegen Manipulationsverdachts nur unter schweren Bedenken zugelassen.
Auch damals hatten die verfeindeten Lager alles riskiert, sogar die Nichtzulassung der Partei und damit einen Verlust aller Wählerstimmen im Saarland. Verluste der Saar-Linken könnten diesmal bei der Bundestagswahl entscheidend sein. Die Linke steht im Bund am Abgrund und kämpft mit der Fünfprozenthürde. Doch Lafontaine und Lutze kümmert das Wohl der Partei nur noch am Rande. Es geht um Macht, verletzte Eitelkeit und Posten. Lafontaine ist inzwischen eine tragische Figur.
Recht hat er allerdings mit seiner Kritik an der Bundespartei. Denn Anzeichen, dass im saarländischen Landesverband Rechtsbruch an der Tagesordnung ist, gibt es schon lange. Vor Jahren hat der Vorsitzende der Landesschiedskommission öffentlich den Parteiausschluss einer unliebsamen Landtagsabgeordneten gefordert – und anschließend deren Ausschluss persönlich verhandelt. Später wurde Mitgliedern des Landesvorstands der Zugang zur Mitgliederkartei und der Beitragsabrechnung verwehrt. All das waren Alarmzeichen.
Das Karl-Liebknecht-Haus hätte viel früher eingreifen müssen. Falls die Linkspartei im Herbst an der Saar patzt, trägt auch die Bundespartei Verantwortung.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Iran als Bedrohung Israels
„Iran könnte ein Arsenal an Atomwaffen bauen“
Verfassungsrechtler für AfD-Verbot
„Den Staat vor Unterminierung schützen“
Koalitionsvertrag in Brandenburg steht
Denkbar knappste Mehrheit