Streit bei der Alternative für Deutschland: AfD vor dem Duell im Morgengrauen
Die Alternative für Deutschland zerreißt sich wegen Personalia und Pegida. Bernd Lucke wird „Führung nach Gutsherrenart“ vorgeworfen.
BERLIN taz | Alexander Gauland redet Klartext. „Wir sind der Meinung, dass es nicht sinnvoll ist, die Spitze zu verengen, während wir die Basis verbreitern.“ Der Brandenburger Vorsitzende der Alternative für Deutschland (AfD) umreißt damit zwei Probleme, die seine Partei aktuell zu zerreißen drohen. Einerseits ist da der Streit über die Satzung – Bundeschef Bernd Lucke möchte die Partei künftig alleine führen. Andererseits geht es um die Frage nach Nähe und Distanz der Gesamtpartei zur fremdenfeindlichen Pegida-Bewegung.
Der Führungsstreit ist zum öffentlichen Zerwürfnis geworden. Bislang stehen drei Vorstandssprecher gemeinsam an der Spitze der AfD: Lucke, Frauke Petry und Konrad Adam. Bernd Lucke will jedoch allein den Vorsitz übernehmen; über die Satzungsänderung soll ein Parteitag Ende Januar in Bremen entscheiden.
Nun aber haben Luckes Kovorsitzende und weitere Funktionäre – unter ihnen Gauland – den Vorsitzenden in einem Brief scharf angegriffen. In dem Schreiben, das der taz vorliegt, wird Lucke „Führung nach Gutsherrenart“ vorgeworfen. Es heißt aber auch: „Wir stehen nach wie vor zu Ihnen als einem von drei Sprechern.“ Am Ende des Briefes nennen sie ihm einen Gesprächstermin: 18. Januar, 9 Uhr, in Frankfurt am Main. Das klingt nach Duell im Morgengrauen.
Prompt stellt sich Parteivize Hans-Olaf Henkel vor Lucke. In einer E-Mail schreibt er an Bundeschef Konrad Adam: „Ich hoffe, der letzte Akt wird bald aufgeführt und Sie treten von der Bühne.“ Adam sei von Ehrgeiz zerfressen, dabei könne er Lucke „nicht im Entferntesten“ das Wasser reichen. „Sie sind total von der Rolle und merken es offensichtlich nicht einmal.“
Gedankenaustausch mit Pegida-Organisatoren
Alles hängt nun am Parteichef. Gesetzt den Fall, Bernd Lucke verweigert das Gespräch und setzt damit auf Eskalation, befürchten liberalere Mitglieder einen weiteren Rechtsruck innerhalb der Partei. Weg von den ursprünglichen Gründungsthemen wie Anti-Euro-Politik und Europakritik, hin zu Zuwanderung, Islamfeindlichkeit und – Pegida. „Wir sagen, dass auch die neuen Themen in der Spitze repräsentiert sein müssen“, meint dazu Alexander Gauland.
Auf Länderebene sorgt Frauke Petry für Tatsachen. Die AfD-Fraktionsvorsitzende im Sächsischen Landtag hat die Dresdner Pegida-Organisatoren zu einem Gedankenaustausch in ihr Landtagsbüro eingeladen. Am Mittwoch ist es so weit. Brandenburgs AfD-Vorsitzender Gauland findet das richtig. „Das passt gut zusammen“, sagt er der taz, „wir haben bestimmte Themen, die auch Pegida hat.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Historiker Traverso über den 7. Oktober
„Ich bin von Deutschland sehr enttäuscht“
Deutsche Konjunkturflaute
Schwarze Nullkommanull
Elon Musk greift Wikipedia an
Zu viel der Fakten
Grünen-Abgeordneter über seinen Rückzug
„Jede Lockerheit ist verloren, und das ist ein Problem“
Schäden durch Böller
Versicherer rechnen mit 1.000 Pkw-Bränden zum Jahreswechsel
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen