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Streiks gegen Rentenreform in FrankreichEs wird weiter protestiert

Wegen der geplanten Rentenreform gingen am Donnerstag erneut Hunderttausende auf die Straße. Am Freitag endet die Debatte über die von Macron vorgeschlagene Reform.

Menschen demonstrieren landesweit am fünften Tag gegen die geplante Rentenreform von Präsident Macron Foto: Valery Hache/dpa

Paris afp | Einen Tag vor dem Ende der Debatte über die Rentenreform in der französischen Nationalversammlung sind erneut hunderttausende Menschen aus Protest auf die Straße gegangen. Nach Angaben der Gewerkschaft CGT beteiligten sich landesweit 1,3 Millionen Menschen an den Protestaktionen, nach offiziellen Angaben deutlich weniger. Zum Streik gegen die Rentenreform hatten die wichtigsten Gewerkschaften zum fünften Mal aufgerufen.

In Paris demonstrierten laut CGT am Donnerstag 300.000 Menschen, laut Polizei waren es aber nur 37.000 – und damit deutlich weniger als am vergangenen Samstag.

Bei der Bahn kam es zu Zugausfällen auf weniger befahrenen Strecken. Bei der staatlichen Eisenbahngesellschaft SNCF streikten 14 Prozent der Beschäftigten und damit deutlich weniger als zuvor. Der Pariser Nahverkehr funktionierte weitgehend normal. Die Schulen waren schon deswegen weniger betroffen, weil in Teilen des Landes derzeit Winterferien sind.

Doch wurden aufgrund von Streiks Flüge gestrichen. Mitarbeiter des staatlichen Stromversorgers EDF drosselten zudem die Stromproduktion, zu Stromausfällen kam es aber nicht.

Neue große Demonstration am 7. März geplant

„Die Rentenreform ist der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt“, sagte CGT-Gewerkschaftschef Philippe Martinez. „Die Abgeordneten können die Menschenmengen auf der Straße nicht einfach ignorieren“, fügte er hinzu. Für den 7. März haben die Gewerkschaften bereits dazu aufgerufen, „das ganze Land lahmzulegen“.

Auch Studenten- und Schülerorganisationen riefen zu einer „Verstärkung der Bewegung“ gegen die Rentenreform auf. Für den 9. März planen sie demnach einen Mobilisierungstag der Jugend. Bereits am Donnerstag blieben mehrere Universitätsstandorte geschlossen.

Rentenreform geht jetzt in den Senat weiter

Unterdessen naht das Ende der sehr emotional geführten Debatte über die Reform in der Nationalversammlung. Da die Reform Teil eines Haushaltsgesetzes ist, steht bereits fest, dass die Debatte am Freitag um Mitternacht endet und der Text dann in den Senat geht.

Die Opposition hat inzwischen einen Teil der vielen Änderungsanträge zurückgezogen. Ursprünglich waren es mehr als 20.000 gewesen, am Donnerstagnachmittag waren noch mehr als 4.000 übrig. Die Regierung wirft der Opposition taktische Spielchen vor. Auch von den Gewerkschaften war die Zahl der Anträge kritisiert worden.

Mit Spannung wird die Abstimmung über den Artikel erwartet, der die Anhebung des Rentenalters von 62 auf 64 Jahre enthält. Die Vorschrift, dass Unternehmen künftig offenlegen sollten, wie viele Senioren sie beschäftigen, hatten die Abgeordneten mehrheitlich abgelehnt.

Die französische Regierung will erreichen, dass Franzosen länger arbeiten, um ein Defizit in der Rentenkasse zu verhindern. Zudem soll die Mindestrente bei voller Beitragszeit auf 1.200 Euro angehoben werden. In Frankreich scheiden Menschen laut OECD im Schnitt mit 60 Jahren aus dem Arbeitsmarkt aus, die Lebenserwartung beträgt 80 Jahre.

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1 Kommentar

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  • Die Regierung hat - glaube ich - inzwischen selber eingeräumt, dass nur wenige Franzosen am Ende die €1200 erhalten würden. Anfangs war da die Rede von mehreren Mio. Menschen.

    Was mich wundert, ist, dass die Berichte der Regierung gar nicht deren Behauptungen untermauern. Weder ist klar, dass das Defizit so schnell und so nachhaltig wächst, dass jetzt gegen den Willen des Volkes diese Reform durchgesetzt werden muss, noch wirschaftet Frankreich besonders gut, viel Geld steckt in Subventionen für die Wirtschaft, der größte Teil ist vollkommen und ungebunden, d.h. niemand weiß, was das eigentlich bewirkt. Da haben die linken Abgeordneten große Summen errechnet.

    Die andere Frage ist eigentlich politisch, wie lässt sich definieren, wie lange ein Mensch im Arbeitsleben bleiben muss. Gibt es eine magische Zahl z.B. 60 oder 67 wie hier? Und wie viele Beitragsjahre muss es geben, kann jemand, der viel studiert hat, dann auch bis 70 arbeiten oder muss man ihn dazu zwingen.

    Auch da liefert die Regierung gar keine Antworten. Viele Menschen würden wohl einfach mit weniger Rente auskommen müssen, weil sie mit 60 fertig sind oder mit 62 endgültig raus müssen. Die staatliche Statistik zeigt absurderweise, dass über 60-jährige nicht mehr massenhaft arbeiten. Auf viele Fragen hat die Regierung keine überzeugenden Antworten gegeben. Das schafft viel Ärger und die Mitglieder der Regierung machen auch keine besonders gute Figur.