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Streikorganisatorin über Praktikantenlöhne"400 Euro sollten es sein"

Beim Streik am Freitag geht es vor allem um einen angemessenen Lohn für Praktikanten. Mitorganisatorin Anna Mauersberger über eine verleugnete Gesellschaftsschicht.

Mittlerweile fest angestellt, aber trotzdem noch ein Herz für Praktikanten: Anna Mauersberger. Bild: privat
Eva Völpel
Interview von Eva Völpel

taz: Frau Mauersberger, drei Jahre sind seit dem ersten Streik vergangen, damals standen in Berlin 80 Praktikanten auf der Straße. Werden es am Freitag mehr?

Anna Mauersberger: Schwer zu sagen, wenn in Berlin 100 Leute zusammenkommen, bin ich schon zufrieden. Wie viele in anderen Städten auf die Straße gehen und sich der Arbeit verweigern, müssen wir sehen. Wir haben den Streik über Twitter, Facebook und StudiVZ bekannt gemacht, auch die DGB-Jugend, Ver.di, die GEW und fairwork e.V. rühren für uns die Streiktrommel. Aber als Praktikant ist es schwer zu streiken. Wir sind kaum vernetzt, ich weiß nichts vom anderen. Mit dem Streik brechen wir das hoffentlich etwas auf.

Wofür streikt ihr?

Wir fordern, dass vor allem Praktikanten, die die Uni absolviert haben bzw. mit ihrer Ausbildung fertig sind, vernünftig und verbindlich entlohnt werden. Je nach Stadt und Lebenshaltungskosten sollten es zwischen 400 und 600 Euro sein. Das ist nicht viel, aber wenigstens etwas. Wir brauchen auch einen eigenen, anerkannten Status. Bei Krankenkassen, ermäßigten Eintritten ins Kino, ins Theater oder Schwimmbad kommen wir nicht vor. Wir sind eine verleugnete Gesellschaftsschicht.

Anna Mauersberger

Die 27-jährige Politikwissenschaftlerin hat acht Praktika hinter sich, auch eines bei der taz, und ist Mitinitiatorin des Praktikantenstreiks. Inzwischen hat sie einen festen Job, nimmt sich aber frei für die Demonstration in Berlin.

Praktika produzieren sozialen Ausschluss?

So wie Praktika geregelt sind, nämlich kaum, schreiben sie nach Studium oder Ausbildung soziale Ungleichheit fort. Nur Leute mit Geld oder Eltern, die sie unterstützen, können ein Praktikum machen - mehrere davon werden aber heute wie selbstverständlich im Lebenslauf erwartet.

Das sind Zwänge, denen man schwer begegnen kann. Stoßt ihr mit euren Forderungen bei anderen Praktikanten auf Sympathie?

Manche sagen einfach: "Was wollt ihr denn, man kann doch Berufserfahrung sammeln, und man braucht Praktika." Das stimmt, darum geht es aber gar nicht. Wir machen häufig Arbeit, die sonst normal entlohnte Beschäftigte leisten würden - also soll man diese Arbeit bezahlen.

2006 haben in Deutschland Praktikanten zeitgleich mit der sogenannten génération précaire in Frankreich gestreikt. Was kann man grenzübergreifend voneinander lernen?

Der Streik in Frankreich war bahnbrechend, er hat dort eine Gesetzesänderung bewirkt. Jetzt hat man in Frankreich nach drei Monaten Praktikum einen Anspruch auf eine minimale Vergütung von 398 Euro. Von der Mobilisierungsfähigkeit der dortigen Praktikanten kann man also viel lernen. Auch ein Blick nach England lohnt: Dort gibt es für Hochschulabsolventen gar keine Praktika. Der dortige Arbeitsmarkt steht jungen Absolventen ganz anders offen. Daran sollte man sich ein Beispiel nehmen. Natürlich müssen Berufsanfänger angelernt werden. Aber vor 15 Jahren wurde man dafür noch nicht regelmäßig in einem Praktikum geparkt.

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3 Kommentare

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  • BH
    Bernhard H.

    Befremdlich, dieser langfristige politische Rechtsruck:

     

    Ludwig Erhard schrieb seinerzeit ein Buch betitelt "Wohlstand für alle". Die Linke fordert heutzutage 8-10 Euro Stundenlohn, als ob davon jemand jemals reich werden könnte und nicht sogar bei vorhandenen Rücklagen noch ärmer.

     

    Und 400 Euro - das ist wirklich nur noch Arschkriecherei! Und sie heißt, mit Geothes Faust gesagt, oft obendrein Magister oder Doktor!

  • ID
    IAxel Dörken

    Schade, dass die Organisatoren wieder der Art engstirnig denken.

     

    Wäre doch toll gewesen, - anstatt innerhalb der Praktikantenschaft eine Hackordnung zu zementieren - das Geld auch für andere Praktika und eben auch für Tätige im Ehrenamt, bzw. für Erziehende zu erbitten.

     

    Na ja, was soll´s. Dann eben alleine weniger erreichen, als mit vielen mehr.

     

    Liebe Grüße

    Axel

  • S
    Schulz

    Viele Unternehmen leben davon,

    Lohn fuer (ueberbezahlte?) maennliche Arbeitskollegen durch kostenlose Praktika

    einzufahren.

    Es wird bewusst so gerechnet.

    Dann erst lohnt sich das Geschaeft.