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Streik in Griechenland gegen SparprogrammNur die U-Bahn fährt - zur Demo

Inlandsflüge gestrichen, Fähren behindert, Nahverkehr in Athen lahmgelegt: Wegen der geplanten Sparmaßnahmen der Regierung kommt das öffentliche Leben in Griechenland zum Erliegen.

Protest vor dem Parlament: Mitglieder der griechischen Gewerkschaftsfront protestieren gegen die Sparpläne ihrer Regierung. Bild: dpa

ATHEN/BRÜSSEL afp | n Griechenland hat am Dienstag ein Generalstreik gegen die Sparvorhaben der Regierung das öffentliche Leben weitgehend lahmgelegt. Mit Ausnahme der U-Bahn stand der öffentliche Nahverkehr in der Hauptstadt Athen still. Die U-Bahnfahrer hatten beschlossen, sich nicht an dem Streik zu beteiligen und stattdessen möglichst viele Fahrgäste zu einer Großdemonstration in der Innenstadt zu bringen. Die Demonstranten marschierten bis zum Parlament, das von hunderten Bereitschaftspolizisten abgeriegelt war.

Auf den Straßen waren nur wenige Autos unterwegs, weil viele Menschen nicht zur Arbeit fuhren. An den Flughäfen des Landes wurden zahlreiche Inlandsflüge gestrichen, nachdem sich die Fluglotsen der Streikbewegung anschlossen. Im Hafen von Piräus bei Athen behinderten Hafenarbeiter und Aktivisten der Gewerkschaftsfront Pame das Auslaufen der Fähren. Ministerien, staatliche Betriebe und viele Banken wurden ebenfalls bestreikt. Die Krankenhäuser erhielten ihren Betrieb mit einem Notdienst aufrecht.

Der Gouverneur der griechischen Zentralbank, Giorgos Provopoulos, sagte unterdessen der konservativen Zeitung Kathimerini in einer seltenen Kritik an der Regierung, ihr Sparpaket bürde den Steuerzahlern zu viele Lasten auf. Statt vieler Steuererhöhungen müsse es vor allem um die Reduzierung von Ausgaben gehen.

EU-Wirtschafts- und Währungskommissar Olli Rehn betonte dagegen in Brüssel, nur wenn die Abgeordneten weiteren Milliardeneinsparungen zustimmten, könne ein Staatsbankrott mit negativen Folgen für ganz Europa verhindert werden: "Sowohl die Zukunft des Landes als auch die finanzielle Stabilität Europas stehen auf dem Spiel." Der Finne rief Regierung und Opposition in Griechenland erneut zu einem Schulterschluss auf.

Zu dem zweitägigen Streik hatten die griechischen Gewerkschaften aufgerufen. Es ist bereits der vierte Generalstreik in diesem Jahr. Das Sparprogramm der sozialdemokratischen Regierung von Ministerpräsident Giorgos Papandreou sieht bis 2015 unter anderem neue Steuern, weitere Einschnitte bei den Beamten sowie die Privatisierung von Staatsbetrieben vor und hat ein Gesamtvolumen von 78 Milliarden Euro. Es ist Voraussetzung für die Auszahlung weiterer Hilfsmittel durch die EU und den Internationalen Währungsfonds (IWF) an das von der Pleite bedrohte Land.

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4 Kommentare

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  • M
    Möngke

    In Deutschland läuft der Bürger Protest gegen Unsoziale Politik bereits seit Jahren ,aber mehr in Form von Klagen ,Volksabstimmungen oder Petitionen .

  • LS
    Leonhard S.

    Die Griechen wehren sich - zu recht! Wir sind solidarisch mit den Griechen gegen eine Europapolitik, die eiskalt nur dem Geldzins , den Banken und den Geldsäcken dient - Generalstreik für alle - erst wenn auch die Hotelbesitzer merken, daß sich der Zins nicht rechnet, wird die Politik einlenken. Europa muss viel mehr sein oder werden . als eine verlängerter Arm des des IWF !

    Wenn man die Rezepte dieser IWF-Hungerpäpste hört, dann kann es nur gruseln: Griechenland soll sich gesundschrumpfen. Auch durch ständiges wiederholen werden die alt-kapitalistischen Reszepte der IWF Anhänger nicht richtig: Im Gegenteil: Diese Prediger fördern milionenfaches Leid.

    Zurück zum Mittelalter: Aderlass, Folter, Gewalt, das sollen die Erfolgsrezepte für die Wirtschaft des 22 Jahrhundert sein? Nein, das ist nur Rückschritt Seht doch viele Länder weltweit an, die sich den "Rat-Schlägen" der IWF gebeugt haben! Helft mit, begreift doch , daß hier ein Exempel vorbereitet wird, mit weiteren Folgen für den Rest von Europa!

  • M
    Max

    Naja, das ist doch bei uns auch nicht anders und ein Generalstreik ändert sicher nichts an der Situation. Kreative Lösungen sind gefragt: Warum denkt keiner darüber nach, so eine kleine bis mittelgroße Insel an China zu verkaufen? Da hätten alle was davon... Die sind doch grad auf Einkaufstour in Europa und wollen engere Beziehungen und wir hätten direkt vor der Tür die Alternative zum Kapitalismus.

  • A
    aurorua

    Zu spät, denn etwa 2000 griechische Familienclans haben sich mit Unterstützung der EU über 80% des griechischen Vermögens unter den Nagel gerissen und verdienen jetzt auf Kosten der EU noch kräftig weiter. Zahlen und Bluten dafür darf das einfache Volk! Erst wenn alles abgesaugt ist und die Griechen wieder mit ihrer Drachme dahindämmern wollen alle merken, dass sie den Banken, Versicherern, Kartellen und Konzernen auf den Leim gegangen sind. Hoch lebe der Kapitalismus! Der Rest bis hin zu Deutschland kommt auch noch an die Reihe.