Streik der Lokführer und Piloten: „90 Prozent Stillstand“
Ein Warnstreik der Lokführer hat den Zugverkehr am Samstagmorgen lahmgelegt. Am Abend zuvor blieben Flugzeuge am Airport Frankfurt am Boden.
BERLIN dpa | Ein dreistündiger Warnstreik der Lokführer hat am Samstagmorgen weite Teile des Zugverkehrs in Deutschland lahmgelegt. Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) hatte zu der Arbeitsniederlegung im laufenden Tarifkonflikt mit der Bahn aufgerufen.
Betroffen waren Regional- und Fernzüge, die S-Bahnen in Berlin und Hamburg sowie der Güterverkehr, wie der GDL-Vorsitzende Claus Weselsky am Morgen in Berlin sagte. Die Deutsche Bahn bestätigte dies. Die Schwerpunkte des Streiks lagen nach ihren Angaben im Norden Deutschlands, in Berlin, in der Region Leipzig sowie punktuell in Nordrhein-Westfalen und Bayern.
Bei der Berliner S-Bahn fuhren am Morgen nach Angaben des Betreibers auf den meisten Linien nur noch einzelne Züge. In Hamburg verkehrten die S-Bahnen nur im 20-Minuten-Takt, in München fiel etwa jede fünfte S-Bahn aus.
Am Münchner wie auch am Hamburger Hauptbahnhof bildeten sich Schlangen an den Schaltern, vor allem Urlaubsreisende waren hier betroffen. Bahn-Mitarbeiter verteilten Kaffee und Verspätungsformulare an die Wartenden.
Auch in Niedersachsen und Bremen blieben Fernreisezüge während des Streiks in den Bahnhöfen stehen. Ausgenommen von der Aktion waren dort im Regionalverkehr DB-Konkurrenten wie der Metronom oder die Nordwestbahn. Betroffen war auch die S-Bahn in Hannover.
Fünf Prozent mehr Geld
„Wir haben zu 90 bis 95 Prozent Stillstand“, sagte ein GDL-Sprecher zur Wirkung des Warnstreiks, der um 9.00 Uhr beendet wurde. Es dürfte aber im Tagesverlauf noch einige Zeit mit Verspätungen zu rechnen sein, fügte er hinzu.
Die Bahn setzte in den Zügen und auf den Bahnhöfen mehrere Hundert Mitarbeiter zur Verstärkung ein – vor allem beim Service-Personal, den Betriebszentralen und Transportleitungen sowie bei der Reisenden-Information. Bereits am vergangenen Montag hatte ein Warnstreik die Fahrpläne durcheinandergewirbelt.
Die GDL will mit den Streiks ein besseres Tarifangebot von der Bahn erzwingen. Die Gewerkschaft verlangt fünf Prozent mehr Geld und eine um zwei Stunden verkürzte Wochenarbeitszeit. Sie erhebt ihre Forderungen auch für Zugbegleiter und andere Beschäftigte in den Zügen. Damit tritt sie in Konkurrenz zur Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG).
Sollte die Deutsche Bahn kein neues Tarifangebot vorlegen, will die GDL „in den nächsten Tagen“ eine Urabstimmung für unbefristete Streiks einleiten, sagte der GDL-Sprecher. Für eine Zustimmung sind 75 Prozent Ja-Stimmen erforderlich. „Wenn die Bahn nicht mit uns verhandelt, haben wir kein anderes Mittel“, sagte Weselsky im Westdeutschen Rundfunk.
Der GDL-Chef warf der Bahn eine Blockadehaltung vor, mit der sie eine tarifpolitische Unterwerfung unter eine andere Gewerkschaft verlange. Das führe dazu, dass die GDL weder über Überstundenbegrenzung verhandeln könne noch über eine Senkung der Wochenarbeitszeit.
Ausstand der Piloten beendet
Indes läuft nach dem sechsstündigen Streik der Lufthansa-Piloten am Freitagabend auch der Flugbetrieb am Frankfurter Flughafen wieder weitgehend planmäßig. „Die Gäste, die gestern nicht wegkamen, können heute fliegen“, sagte ein Lufthansa-Sprecher am Samstag. Allerdings musste die Airline am Samstag 24 Flüge von und nach Italien streichen: Die italienischen Fluglotsen haben einen vierstündigen Streik angekündigt.
Insgesamt waren am Freitag durch den Ausstand der Piloten 218 Flüge ausgefallen, 26.000 Passagiere waren an Deutschlands größtem Airport von den Streichungen betroffen. Die Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC) hatte von 17 bis 23 Uhr Kurz- und Mittelstreckenflüge bestreikt, die von Frankfurt abgehen.
Hintergrund ist der seit längerem schwelende Tarifkonflikt. Dabei geht es um die Übergangsversorgung, die Lufthansa-Piloten in ihrem Vorruhestand erhalten.
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