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Streik der FlüchtlingeIn Durststreik getreten

Die Flüchtlinge vor dem Brandenburger Tor weiten ihren Hungerstreik aus. Aus der SPD kommen Forderungen nach großzügigerer Asylpolitik.

Hoffen darauf angehört zu werden. Flüchtlinge in Berlin Bild: dpa

BERLIN taz | Flüchtlinge in Berlin haben am Montag ihren seit Mittwoch andauernden Hungerstreik ausgeweitet. Vor dem Brandenburger Tor erklärten am Montagmittag 28 Flüchtlinge, ab sofort auch kein Wasser mehr trinken zu wollen.

Mit dem Durststreik wollen die Flüchtlinge auf ihre rechtliche und soziale Situation in Deutschland aufmerksam machen. Sie fordern eine sofortige Anerkennung ihrer Asylanträge und bessere Lebensbedingungen in den Flüchtlingslagern. Ein Sprecher der Gruppe beklagte, dass sich seit Beginn des Hungerstreiks noch kein Vertreter der Bundesregierung bei den Flüchtlingen nach ihrer Situation erkundigt habe.

Die Hungerstreikenden waren zuvor für ihren Protest aus dem gesamten Bundesgebiet nach Berlin gereist. Sie halten sich seit Mittwoch inmitten von Touristen und Fotoattraktionen vor dem Brandenburger Tor im Freien auf. Weil die Berliner Polizei für ihre Dauerdemonstration den Aufbau von Zelten untersagt hat, schützen sie sich mit Isomatten und Regenschirmen vor Kälte und Nässe.

Viele von ihnen hatten sich bereits Ende Juni an einem Hungerstreik in München beteiligt, der bundesweit für Schlagzeilen gesorgt hatte. „Nun werden wir bis zum Äußersten gehen“, sagte ein Sprecher der Gruppe. Ein Polizeisprecher sagte der taz, die Beamten würden die Protestaktion begleiten und bei einer lebensbedrohlichen Gefährdung der Flüchtlinge auch eingreifen.

Kapazitäten vergrößern

Unterdessen forderte der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Michael Hartmann, dass Deutschland mehr Flüchtlinge ins Land lässt. Hartmann sagte der taz: „Der Anteil der Flüchtlinge in Deutschland muss sich erhöhen. Angesichts der Katastrophe von Lampedusa ist es das Mindeste, dass Deutschland im Rahmen des Resettlement-Programms mit der UNHCR seine Kapazitäten vergrößert.“

Im Rahmen des Programms vermittelt das Flüchtlingswerk UNHCR anerkannte Flüchtlinge in Aufnahmeländer weltweit. Derzeit werden rund 140.000 Plätze benötigt. Zur Verfügung stehen jedoch nur 80.000. Deutschland stellt dazu ein Kontingent von gerade einmal 300 Plätzen jährlich zur Verfügung.

Hartmann forderte außerdem ein stärkeres finanzielles Engagement des Bundes: „Bei der Finanzierung von Flüchtlingsunterkünften darf der Bund die Kommunen nicht allein lassen.“ Am Wochenende hatte der Präsident des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge, Manfred Schmidt, vorgeschlagen, gut ausgebildeten Wirtschaftsflüchtlingen eine vereinfachte Einreise zu ermöglichen, um damit auch auf den Fachkräftemangel in Deutschland reagieren zu können.

Das Bundesinnenministerium wies beide Forderungen am Montag zurück. Ein Sprecher sagte der taz, das Ministerium sehe derzeit keinen Bedarf für weitere Kontingentplätze im Rahmen des Resettlement-Programms.

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16 Kommentare

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  • Wir dürfen den demografischen Wandel in unserem Land nicht unterschätzen. Die Auswirkungen des demografischen Wandels stellen Gesetzgeber, Kommunen, Wohlfahrtseinrichtungen, Wirtschaft und Bürger vor neue Aufgaben. Eine Familie in Deutschland hat im Bundesdurchschnitt nur ein Kind. Somit schrumpft unsere Gesellschaft bzw. unser Land mit jeder Generation, schon deswegen brauchen wir mehr Einbürgerungen. Schon deswegen sollte unsere Asyl- und Flüchtlingspolitik verbessert werden. Schon deswegen sind Flüchtlinge und andere Migranten in Deutschland eher willkommen als unerwünscht.

  • Als Haupteinwand gegen die „Verbesserung“ der Asyl- und Flüchtlingspolitik wird Geld gebracht. Das ist leicht zu lösen!

     

    Die Flüchtlinge wollen alle arbeiten, um für ihr Essen selber bezahlen zu dürfen und als vollwertige Mitglieder unserer Gesellschaft anerkannt zu werden. Denn die arbeitslosen Menschen in Deutschland werden oft gesellschaftlich ausgegrenzt und diskriminiert. Hätten die Flüchtlinge eine Arbeitserlaubnis, würden Sie ihr Leben in Deutschland selber finanzieren. Gibt es einen konstruktiven Einwand, der uns daran hindert, den Flüchtlingen eine sofortige Arbeitserlaubnis in unserem Land zu erteilen?

     

    Wir haben viele freien Arbeitsstellen in unserem Land, in bestimmten Berufen und bei bestimmten Arbeitstätigkeiten, die dauerhaft oder überhaupt nicht besetzt werden. Zum Beispiel: Mauerhelfer in Großstädten, wo die Nachfrage nach Wohnungen extrem hoch ist, besonders im sozialen Wohnbau.

  • Genau wie die Flüchtlinge am Oranienplatz durch deren Protestcamp - als „politisches Mahnmal“- weisen auch die Flüchtlinge durch deren Hungerstreik am Brandenburger Tor uns zurecht darauf hin, dass das Asyl- und Flüchtlingssystem in Deutschland (insb. durch Gesetze wie Asylverfahrensgesetz, Ausländergesetz, Aufenthaltsgesetz) unvereinbar ist mit mehreren Grundrechten unserer Verfassung (dem Grundgesetz) und einigen Gesetzen der EU (Charta der Grundrechte der Europäischen Union, Genfer Flüchtlingskonvention, Dublin II), wo Asyl- und Flüchtlingsrecht verankert ist. Sie appellieren dabei an unsere Geschichte, als unsere Brüder und Schwestern - damals noch als Flüchtlinge - aus der ehemaligen DDR zu uns flohen. Wir müssen einiges verbessern, schließlich sind wir die treibende Kraft der Europäischen Union. Jeder Bürger, der weiß, was die Deutsche Einheit bedeutet, würde mir zustimmen.

  • Z
    Zahlenspieler

    Warum soll dieses Kontingent auch vom BMI erhöht werden? Da bereits viele Flüchtlinge von alleine nach Deutschland kommen müssen nicht auch noch welche geholt werden.

    Für Dich sind also die gestrandeten Flüchtlinge "Äpfel" und die die bereits hier sind "Birnen"?

    Seltsame Ansicht über Menschen.

    Mal ganz ehrlich, die Zahl 300 sollte im Kontext des Artikels doch suggerieren, dass Deutschland de Facto keine Flüchtlinge aufnimmt. Und das ist schlicht falsch.

    So etwas nennt sich Agit-Prop und ist ziemlich billig.

  • DIE SPD: PARTEI DES VOLKES NUR HALT NICHT DES DEUTSCHEN

     

    und der europäischen Zuwanderer

     

    Man muss sich nur mal einige Fakten vor Augen halten:

    * Deutschland gehört seit Jahrzehnten zu den 5 EU-Ländern, die mehr als 70% aller Asylwerber der EU aufnehmen.

     

    * Deutschland verzeichnet den höchsten Asylbewerberzustrom seit 16 Jahren

    http://www.t-online.de/nachrichten/deutschland/id_65847082/medien-zahl-der-asylbewerber-im-september-deutlich-gestiegen.html

     

    *gleichzeitig findet eine sogenannte Armutszuwanderung

     

    * viele Kommunen stehen infolge der Armuts- und Asylzuwanderung vor dem finanziellen Kollaps -müssen sich hoch verschulden oder Einrichtungen schließen um den hohen Sozialleistungsbedarf zu decken

     

     

    * Darüber hinaus lässt sich eine regelrechte Verslumung ganzer Stadtviertel beobachten http://www.daserste....-slums-100.html

     

     

    Und nun nimmt die SPD solch eine Katastrophe zum Anlass - eine mit der D-Land nicht das Geringste zu tun hat– um zu fordern, Deutschland solle jetzt noch mehr "Flüchtlinge" ins Land holen. Dadurch wird nicht nur kein einziges weiteres Unglück verhindert, diese Politik ist auch einfach ZYNISCH gegenüber der einheimischen Bevölkerung.

     

     

    Um was geht es den SPD-Funktionären also wirklich. - Ganz sicher nicht um humanitäre Anliegen.

     

    >Ist es antideutscher und antieuropäischer Rassismus, einhergehend mit einer völligen Empathielosigkeit gegenüber den autochthonen Deutschen.

     

    > Oder geht es der SPD Wählerimport, darum möglichst viele Araber und sonstige Nicht-Europäer als zukünftige Stammwähler der SPD nach Deutschland zu hohlen. Die SPD sind zweifellos Vielzahl an Studien bekannt, die belegen, dass Türken, Araber und sonstige nicht-europäische Zuwanderer fast ausschließlich linke Parteien wählen.

     

    __korrigierte Version___

  • DIE SPD: PARTEI DES VOLKES NUR HALT NICHT DES DEUTSCHEN

     

    und der europäischen Zuwanderer

     

    Man muss sich nur mal eines vor Augen halten:

     

    * Deutschland gehört seit Jahrzehnten zu den 5 EU-Ländern, die mehr als 70% aller Asylwerber der EU aufnehmen.

     

    * die höchsten Asylbewerberzustrom seit 16 Jahren

    http://www.t-online.de/nachrichten/deutschland/id_65847082/medien-zahl-der-asylbewerber-im-september-deutlich-gestiegen.html

     

    *gleichzeitig findet eine sogenannte Armutszuwanderungvielfachen Anzahl an statt

     

    * viele Kommunen stehen infolge der Armuts- und Asylzuwanderung vor dem finanziellen Kollaps -müssen sich hoch verschulden oder Einrichtungen schließen um den hohen Sozialleistungsbedarf zu decken

     

     

    * Darüber hinaus lässt sich eine regelrechte Verslumung ganzer Stadtviertel beobachten http://www.daserste.de/information/reportage-dokumentation/dokus/sendung/wdr/19082013-exclusiv-im-ersten-deutschlands-neue-slums-100.html

     

     

    Und nun nimmt die SPD solch eine Katastrophe zum Anlass- eine mit der D-Land nicht zu tun hat, um zu fordern soll Deutschland jetzt noch mehr "Flüchtlinge" ins Land hohlen. Dadurch werden nicht nur kein einziges weiteres Unglück verhindert, es ist auch einfach ZYNISISCH gegenüber der einheimischen Bevölkerung.

     

     

    Um was geht es den SPD-Funktionären also wirklich.

    Ganz sicher nicht um humanitäre Anliegen.

     

    >Ist es antideutscher und antieuropäischer Rassist, der vollkommen kalt gegenüber dem Leid der einheimischen Deutschen ist, der nicht genug Viertel wie Neukölln und Marxloh in Deutschland kann?

     

    > Oder geht es der SPD Wählerimport, darum viel wie mögliche Araber und sonstige Nicht-Europäer als zukünftige Stammwähler der SPD nach Deutschland zu hohlen. Stegner sind sicher die Vielzahl Studien bekannt, dass Türken, Araber und sonstige nicht-europäische Zuwanderer fast ausschließlich links wählen.

  • I
    InfraTrader

    Herr Konstantin Wecker hat schon zu den Streiks der Refugees im Juni dieses Monats in München richtig bemerkt, dass es lächerlich ist, von Erpressung zu reden. Der Staat wird von viel mächtigeren Menschen täglich erpresst. http://www.wecker.de/tag_recht2.php?ide=323

  • F
    Fritz

    Das ist, als ob ein Harz 4 Empfänger damit droht, sein Harz 4 abzulehnen ... beggars cant be choosers

  • J
    Johnny

    Hunger- und Durststreik ist ein Erpressungsversuch, auf den man nicht reagieren darf.

    Wenn der Staat sich erpressen lässt, macht das Beispiel Schule und jeder, der irgendwas will, tritt in den Hungerstreik, ob's nun der Knacki ist, der sofort seine Strafe erlassen haben will oder der Neonazi, der den Holocaust leugnen will oder oder oder. Man weiß ja, der Staat gibt nach und macht, was man will.

  • D
    Dieter

    "[...] Deutschland stellt dazu ein Kontingent von gerade einmal 300 Plätzen jährlich zur Verfügung."

     

    Beschämend.

    • @Dieter:

      Beschämend? Die 300 bezieht sich auf Ressentiment-Flüchtlinge. Zu denen kommen jährlich rund 100 000 Asylwebeber von ganz allein nach Deutschland.

       

      Deutschland gehört seit Jahren zu den Asyl-Europa-Meistern. Beschämend ist höchstens, das was es für die deutsche/europäische Bevölkerung bedeutet.

  • Z
    Zahlenspieler

    "Im Rahmen des Programms vermittelt das Flüchtlingswerk UNHCR anerkannte Flüchtlinge in Aufnahmeländer weltweit. Derzeit werden rund 140.000 Plätze benötigt. Zur Verfügung stehen jedoch nur 80.000. Deutschland stellt dazu ein Kontingent von gerade einmal 300 Plätzen jährlich zur Verfügung. "

    Das, Martin, ist eine fette Lüge!

    Die Zahl der geduldeten beträgt ca. 86.000 in Deutschland.

    Laut ProAsyl:

    "Rund 86.000 Geduldete leben derzeit in Deutschland, zum Teil schon viele Jahre. Dies sind vor allem Flüchtlinge aus dem ehemaligen Jugoslawien, dem Irak und der Türkei. Hinzu kommen gut 33.000 Ausreisepflichtige."

    (Quelle: http://www.proasyl.de/de/themen/basics/basiswissen/nach-der-entscheidung/leben-mit-duldung/)

    Das sind also 120.000 Flüchtlinge in Deutschland, die zusätzlich zu Asylbewerbern und Asylanten hier leben.

    Zur besseren Unterscheidung siehe http://de.wikipedia.org/wiki/Duldung_(Aufenthaltsrecht) und http://de.wikipedia.org/wiki/Flüchtlingseigenschaft

    Wow, es leben also mit den 77.600 Asylbewerbern von 2012 knapp 200.000 Geflohene hier.

    Hat sich was mit den 300 pro Jahr, Martin!

    • Martin Kaul , Autor des Artikels, Reporter
      @Zahlenspieler:

      @Zahlenspieler, Sie haben das missverstanden und vergleichen in der Folge Äpfel mit Birnen.

       

      Ich schreibe in dem Kontext über das Resettlement-Programm. Die Zahl 300, die ich genannt habe, bezieht sich, logischerweise, nicht auf alle Flüchtlinge in Deutschland, sondern lediglich auf das Kontingent, das Deutschland im Rahmen des Resettlement-Programms bereit ist zu akzeptieren. Diese Zahl liegt bei 300.

       

      Der Bundesinnenminister hatte dies im Dezember 2011 verkündet, siehe hier:

      http://www.bmi.bund.de/SharedDocs/Kurzmeldungen/DE/2011/12/min_statement_imk.html

       

      Ein Sprecher des BMI hat mir diese Zahl heute bestätigt. Das BMI beabsichtigt nicht, dieses Kontingent zu erhöhen.

  • BU
    Begriffe und Realitäten

    Woher, Herr Kaul, wissen Sie vor dem Abschluss des Asylverfahrens mit Gewissheit, dass es sich um Flüchtlinge handelt?

     

    Den Asylbewerbern kein Vorwurf. Sie werden von stramm linken Leuten benutzt, die sich im Grunde einen Kehricht um die Einzelschicksale kümmern.

    Hinzu kommt, dass sie meist aus den Heimatländern gewohnt sind, dass man der Bürokratie Beine machen muss bzw. kann - sei es ducr positiven Druck (Bestechung) oder negativen Druck (Hungerstreik u.ä.). Diktaturen macht eine solche Möglichkeit sogar zuweilen etwas humaner.

  • G
    Gisbert

    Herr Innenminister, wann zeigen Sie endlich Anteilnahme, Empathie nennt man sowas und helfen den Flüchtlingen, bei uns heimisch zu werden? Wollen Sie, dass es wieder Tote gibt?

    • K
      Klaus
      @Gisbert:

      Die von Ihnen aufgestellte Gleichsetzung und die Moralisierung ist lächerlich.