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Strategie der RechtsextremenWie die AfD die CDU ersetzen will

Derzeit greift die AfD vor allem das links-grüne Milieu an. Bei den langfristigen und grundsätzlichen Themen zielt sie auf das konservative Milieu.

Die AfD zielt aufs konservative Wählermilieu der CDU: AfD-Fraktionschef Dirk Nockemann (r.) neben dem CDU-Kollegen Dennis Thering Foto: Markus Scholz/dpa

D ie Hamburger AfD hat Bernd Baumann erneut zu ihrem Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl gewählt. Am 7. Dezember stellte die Partei ihre Landesliste auf – mit einem klaren Ergebnis: Über 95 Prozent der Mitglieder stimmten für Baumann. Gegenkandidaten gab es keine.

Baumann, der Parlamentarische Geschäftsführer der Bundestagsfraktion, bemüht sich seit Jahren, die AfD als vermeintlich konservative und bürgerliche Kraft darzustellen. Dies schließt jedoch scharfe Angriffe und gezielte Provokationen nicht aus. „Wir sind bereits die zweitstärkste Partei. Wir werden übernehmen und dieses Land retten!“, rief Baumann seinen Parteimitgliedern am Samstag zu.

In seiner Bewerbungsrede erklärte er, dass die AfD in Hamburg unter dem Motto „Hart für Hamburg“ die CDU ablösen wolle. Baumann bezeichnete die Christdemokratische Partei als „verschlagen, hohl und innerlich ausgebrannt“ und kündigte an, dass die AfD die Union langfristig schlagen werde. Zum dritten Mal strebt Baumann einen Sitz im Bundestag an.

Bei den gegenwärtigen politischen Themen greift die AfD zwar weiterhin vor allem das links-grüne Milieu an, indem sie Einwanderungs- und Klimaschutzpolitik beklagt. In den langfristigen und grundsätzlichen Themen aber zielt die AfD insbesondere auf das konservative Milieu.

Leerstellen besetzen

CDU und CSU hätten ihre eigenen konservativen Werte verloren oder verraten, so die Botschaft. Diese angeblichen Leerstellen möchte Baumann besetzen – so zumindest kann man seine Reden verstehen, die das „NDR Hamburg Journal“ zusammenfasste.

Dieser Strategie folgend, versucht die AfD auch in anderen Nord-Bundesländern die CDU vor sich herzutreiben, indem sie sich als Koalitionspartner für eine „bürgerliche Mehrheit“ anbietet. Das langfristige Ziel ist, dass die radikaleren Kräfte in der CDU solch eine Koalition ebenfalls befürworten, während die moderateren Kräfte verstummen.

Die Folge wäre ein sich radikalisierender Konservatismus. Der ehemalige Europa-Spitzenkandidat der AfD, Maximilian Krah, gab offen zu, eine solche Zersetzung der Union anzustreben.

Der Politikwissenschaftler Thomas Biebricher warnt davor, dass sich konservative Parteien zwischen verschiedenen Positionen im Umgang mit extrem rechten Parteien zerreiben. Biebricher spricht schon länger von einer „internationalen Krise des Konservatismus“.

Schon der NSU-Komplex hat gezeigt, dass den Geheimdiensten Quellenschutz vor Aufklärung geht

Felix Krebs, Hamburger Bündnis gegen Rechts

Im erneuten Wahlsieg von Donald Trump in den USA sieht der Politikwissenschaftler ein Beispiel für die Radikalisierung konservativer Strömungen. Eine klare Einordnung der AfD durch den Verfassungsschutz auf Bundes- und Landesebene könnte dieser Entwicklung entgegenwirken.

In Hamburg profitiert die AfD davon, dass das Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) die Partei im aktuellen Bericht nicht erwähnt. Einen Rechtsstreit über eine frühere Erwähnung der rechtsextremen Verstrickungen der Hamburger AfD hatte das Landesamt verloren.

Der Grund: Vor dem Verwaltungsgericht wollte das LfV seine Quellen schützen. Die Quelle zu den Verbindungen zum „Flügel“ war laut einer Drucksache des Senats allerdings keine Undercover-Person, sondern ein publizierter Bericht der Antifa-Initiative „AfD-Watch“ – gegen den die AfD nicht klagte.

„Schon der NSU-Komplex hat gezeigt, dass den Geheimdiensten Quellenschutz vor Aufklärung geht“, sagt Felix Krebs vom Hamburger Bündnis gegen rechts. „Nun verlor das LfV lieber vor Gericht, als seine Quellen offenzulegen“. Wie groß das rechtsextremistische Potenzial des Flügels in Hamburg ist, bleibt offen. Baumann kann sich weiterhin als bürgerlich-konservativ präsentieren.

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Andreas Speit
Autor
Rechtsextremismusexperte, Jahrgang 1966. In der taz-Nord schreibt er seit 2005 die Kolumne „Der Rechte Rand“. Regelmäßig hält er Vorträge bei NGOs und staatlichen Trägern. Für die Veröffentlichungen wurde er 2007 Lokaljournalist des Jahres und erhielt den Preis des Medium Magazin, 2008 Mitpreisträger des "Grimme Online Award 2008" für das Zeit-Online-Portal "Störungsmelder" und 2012 Journalisten-Sonderpreis "TON ANGEBEN. Rechtsextremismus im Spiegel der Medien" des Deutschen Journalistenverbandes und des Ministeriums für Justiz und Gleichstellung des Landes Sachsen-Anhalt. Letzte Bücher: herausgegeben: Das Netzwerk der Identitären - Ideologie und Aktionen der Neuen Rechten (2018), Die Entkultivierung des Bürgertum (2019), mit Andrea Röpke: Völkische Landnahme -Alte Sippen, junge Siedler, rechte Ökos (2019) mit Jena-Philipp Baeck herausgegeben: Rechte EgoShooter - Von der virtuellen Hetzte zum Livestream-Attentat (2020), Verqueres Denken - Gefährliche Weltbilder in alternativen Milieus (2021).
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8 Kommentare

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  • Wären die Grenzen zu wäre die Afd gar kein Thema. Die Existenz dieser Partei zeigt große Probleme in unseren Land auf. Wir müssen die Ursachen bekämpfen statt die Symptome.

    • @Timelot:

      Es ist Realitätsferne, von geschlossenen Grenzen zu schwadronieren. Nicht mal die der DDR waren es. Die hatte, ebenso wie die jetzige Bundesrepublik Seegrenzen und im Süden Waldränder, an denen man zwischen den Grenzschildern hätte durchlaufen können, ohne sie zu bemerken.

      Im Übrigen würde sich die A*D auch nicht auflösen, wenn man rundherum von Ostfriesland bis nach Usedom eine Mauer ziehen wollte. Die finden dann eben was anderes.

  • Wer sich konservativ geriert, hat meist Angst vor der Zukunft und vor den Veränderungen, die sie mit sich bringt. Das Gegenteil von "konservativ" ist also nicht "links" oder "grün", sondern progressiv. Um progressiv zu sein, muss man jedoch eine gewisse Flexibilität und Intelligenz mitbringen. Daran scheitern leider zu viele ...

    • @Aurego:

      Dann gibt die KI ja noch Anlass zur Hoffnung, da die menschliche I sich rasant abschafft.

    • @Aurego:

      "Das Gegenteil von "konservativ" ist also nicht "links" oder "grün", sondern progressiv."

      THIS.

      Außerdem: Konservative neigen dazu, in abstrakten "Werten" zu "denken" und sich sich vor der Realität in Hirngespinste (ob es "Gott" ist und die "unbefleckte Empfängnis", oder "schwarze Null" und "Schuldenbremse"), und sind im Durchschnitt der geistig minderbemittelte Teil der Bevölkerung - das führt dazu, das Scharlatane und Demagogen bei ihnen das leichteste Spiel haben: www.sciencedirect..../S0160289609000051

      • @Ajuga:

        Wäre es nur Gott! Wir könnten uns ja glücklich schätzen, wenn sie wenigstens auf den hören würden. Aber wie wir ja von Nietzsche wissen ...

      • @Ajuga:

        Wenn man sich aber die Gaußsche Normalverteilung (oder auch Glockenkurve genannt), auf die Notenskala gelegt, ansieht, merkt man schon, daß geistige Elite nicht die quantitative Mehrheit bildet.

        • @dtx:

          Dann sollten wir uns bemühen, wenigstens die qualitative Mehrheit zu bilden. Im Moment aber bilden wir eher die pekuniäre Mehrheit.