Strategie der Klima-Allianz: Lobbyismus statt Aktionismus
Die Klima-Allianz will sich neu ausrichten: Sie plant, mit mehr Personal und Geld die Bundesregierung direkt unter Druck zu setzen. Nicht alle Bündnispartner finden das richtig.
BERLIN taz | Als sich rund 40 Umwelt- und Entwicklungsorganisationen vor knapp drei Jahren zur "Klima-Allianz" zusammenschlossen, waren die Erwartungen hoch: "Erstmalig in Deutschland tritt damit ein breites Bündnis an, um gemeinsam den Klimawandel zu stoppen", hieß es in der ersten Pressemitteilung.
Inzwischen stehen hinter der Klima-Allianz über 100 Organisationen mit insgesamt 10 Millionen Mitgliedern, darunter BUND, WWF und Nabu, Oxfam, Brot für die Welt und die Evangelische Kirche Westfalen. Doch so erfolgreich wie erhofft war das Bündnis nicht. Am Dienstag entscheiden die Mitglieder, wie sie schlagkräftiger werden wollen.
Zwischenzeitlich sah es so aus, als könnte die Allianz ganz auseinander brechen. Der BUND als größter Umweltverband erwog nach taz-Informationen einen Ausstieg, verwarf dies aber, nachdem kein anderer relevanter Verband mitziehen wollte. Eine Evaluation der bisherigen Arbeit der Klima-Allianz hatte ergeben, dass viele Mitstreiter über die mangelnde Mobilisierungsfähigkeit des Bündnisses enttäuscht waren.
Zu Demonstrationen etwa am weltweiten Klima-Aktionstag kamen weit weniger Menschen als erhofft. Zudem empfanden einige Mitglieder die Klima-Allianz offenbar als Konkurrenz zum eigenen Verband.
Das Bündnis, das zunächst nur für zwei Jahre gegründet worden war, dann aber wegen der Bundestagswahl 2009 und des UN-Klimagipfels in Kopenhagen weiter zusammenblieb, hat bisher vor allem gemeinsam Aktionen geplant, Pressekonferenzen veranstaltet und den lokalen Widerstand gegen neue Kohlekraftwerke unterstützt.
Jürgen Maier, Geschäftsführer beim Forum Umwelt und Entwicklung und Mitglied im Sprecherrat der Klima-Allianz, reicht das auf Dauer nicht. Er warnte in einem Strategiepapier davor, weiter auf "ritualisierten Aktionismus" zu setzen und - ähnlich wie die Ostermärsche - "im eigenen Saft zu schmoren". Stattdessen plädierte er dafür, "mit dem Gewicht von 110 Mitgliedsorganisationen in die vielen klimapolitisch relevanten politischen Entscheidungen dieser Wahlperiode überwiegend unspektakulär einzugreifen" und das Bündnis so zu einem "politischen Faktor" zu machen. Er will Lobbyarbeit im engeren Sinne machen, also etwa vertrauliche Hintergrundgespräche mit Entscheidungsträgern der deutschen Energiepolitik führen.
Diese Strategie stieß jedoch vor allem bei den Entwicklungsverbänden auf Vorbehalte. So erwiderte Thomas Hirsch, der im Sprecherrat der Klima-Allianz das Hilfswerk Brot für die Welt vertritt, das Bündnis müsse "weiterhin als breit angelegter ,Verstärker' wirken" und neben der deutschen Politik auch den internationalen Verhandlungsprozess und die Unterstützung der Entwicklungsländer im Blick behalten.
Vergangene Woche hat sich der Sprecherrat der Klimaallianz dann grundsätzlich für mehr direkte Lobbyarbeit ausgesprochen: Man müsse konkret Einfluss auf die deutsche Politik nehmen und sich dabei auf wenige Themen konzentrieren. Dazu sollen das Energiekonzept der Bundesregierung und die Verkehrspolitik gehören. Der internationale Aspekt, der den Entwicklungsorganisationen wichtig ist, wird über das Thema Klimafinanzierung abgedeckt, wo die schwarz-gelbe Koalition gerade ihre Zusagen gebrochen hat.
Um dieses Vorhaben umzusetzen, soll die Klima-Allianz besser ausgestattet werden. Durch höhere Zahlungen der Mitgliedsorganisation sollen die Sachmittel erhöht und die bestehenden drei Stellen um mindestens eine weitere - eventuell einE GeschäftsführerIn - ergänzt werden. Der jährliche Gesamtetat inklusive der mit Stiftungsgeldern finanzierten Kampagne gegen neue Kohlekraftwerke könnte dadurch auf 500.000 Euro steigen.
Von den Lobbyausgaben der Energiekonzerne ist die Klima-Allianz damit noch weit entfernt. Aber zumindest von der Personalstärke her würde sie damit zu ihren Gegenspielern aufschließen, die etwa als "IZ Klima" für neue Kohlekraftwerke werben.
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