Strategie der EU-Kommission: Geld verdienen mit Gesundheitsdaten
Die EU-Kommission will einen europäischen Binnenmarkt für Daten schaffen. In Sachen Privatsphäre ist dabei aber noch vieles ungeklärt.
„Unsere neue Verordnung wird dazu beitragen, dass Europa zum weltweit führenden Datenkontinent wird“ sagte Breton, der vor seinem Wechsel nach Brüssel beim französischen IT-Unternehmen Atos tätig war. Es gehe darum, den ungenutzten Datenschatz zu heben und ihn mithilfe von „neutralen Datenbrokern“ für Forschung und Entwicklung, aber auch für eine kommerzielle Nutzung zugänglich zu machen.
Seine dänische Kollegin Margrethe Vestager fügte hinzu: „Sie müssen nicht alle Daten teilen. Aber wenn Sie Daten teilen und diese sensibel sind, sollten Sie die Möglichkeit haben, dies in einer Weise zu tun, in der die Vertrauenswürdigkeit und der Schutz der Daten gewährleistet werden.“ Die Verordnung ziele vor allem darauf, Vertrauen zu schaffen und mögliche Vorbehalte auszuräumen.
Der Vorschlag baut auf einer Strategie auf, die die EU-Kommission bereits im Februar vorgelegt hatte. Damals hatte die Brüsseler Behörde neun „Datenräume“ vorgeschlagen, die Themen wie Fertigung, Energie und Gesundheit oder den Klimaschutz umfassen könnten. Die Verordnung passt aber auch zu Plänen der Bundesregierung in Berlin, eine staatliche Sammlung von Gesundheitsdaten anzulegen.
Dort könnten die Bürgerinnen und Bürger Daten freiwillig zur Verfügung stellen, schrieb Bundesgesundheitsminister Jens Spahn im Oktober in einem gemeinsamen Gastbeitrag mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Die Analyse großer Datenmengen könne neue Vorsorge- und Behandlungsmethoden vorantreiben. „Nützen diese den Menschen, lässt sich damit dann auch Geld verdienen“, warb Spahn für sein umstrittenes Vorhaben.
Ungehinderter Datenfluss um die ganze Welt
Der Datenschutz soll dabei gewahrt werden, heißt es in Brüssel. „Unser Vorschlag ist voll kompatibel mit der Datenschutzgrundverordnung“, beteuert Breton. Allerdings will der Franzose auch „eine Brücke bauen, damit Daten ungehindert fließen können – um die ganze Welt“.
Im Europaparlament wurde der Vorstoß skeptisch aufgenommen. Der „Data Governance Act“ dürfe nicht dazu führen, dass der Datenschutz unterlaufen wird, so der SPD-Europaabgeordnete Tiemo Wölken. Dass die Kommission nun „Daten-Altruismus“ empfehle, um das Teilen personenbezogener Daten zu erleichtern, überzeuge ihn nicht, sagte der IT-Experte.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
Sourani über das Recht der Palästinenser
„Die deutsche Position ist so hässlich und schockierend“
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“