Strafverfolgung von IS-Rückkehrern: Wohnen wird als Plündern definiert
Die Bundesanwaltschaft hat einen neuen Ansatz für die Strafverfolgung von IS-Rückkehrern. Sie sollen wegen Hausbesetzung angeklagt werden.
Wer in Syrien oder im Irak in IS-besetzten Häusern gewohnt hat, kann in Deutschland als Kriegsverbrecher angeklagt werden. Generalbundesanwalt Peter Frank sieht darin eine strafbare Plünderung und beruft sich auf die Verfolgung von NS-Kriegsverbrechern.
Immer mehr ehemalige IS-Kämpfer kehren aus Syrien und dem Irak zurück. Zudem wollen kurdische Milizen gefangene europäische IS-Mitglieder an ihre Heimatländer ausliefern. Die Sicherheitsbehörden sondieren deshalb auch ungewöhnliche Ansätze, um die Rückkehrer in Haft nehmen zu können. Vor allem bei Frauen, die nicht gekämpft haben, tat sich die Bundesanwaltschaft anfangs schwer.
Vor einem Jahr kündigte Frank an, er werde Frauen als IS-Mitglieder anklagen, wenn sie einen IS-Kämpfer geheiratet haben und im IS-Gebiet ein Kind zur Welt brachten. Der Bundesgerichtshof lehnte diese Idee ab. Er akzeptierte aber Haftbefehle, wenn den IS-Frauen mehr als eine Hausfrauen-Ehe nachgewiesen werden konnte.
Neuester Ansatz der Bundesanwaltschaft ist der Vorwurf von Plünderungen. Wer in Gebieten, die der IS kontrollierte, ein vom IS zugewiesenes Haus bewohnte, soll als Kriegsverbrecher verfolgt werden. Wer sich Wohnraum aneigne, den die Bevölkerung aus Furcht vor dem IS verlassen hat, plündere im Sinne von Paragraf 9 des deutschen Völkerstrafgesetzbuchs.
Dem stehe auch nicht entgegen, dass die Wohnungen vom IS überlassen wurden. Der BGH-Ermittlungsrichter bestätigte diesen Ansatz – inklusive Hinweis auf US-Militärgerichts-Urteile nach 1945. Auch die deutschen Industriellen Alfred Krupp und Friedrich Flick waren wegen Plünderung verurteilt worden. Sie hatten Fabriken in besetzten Gebieten unter ihre Kontrolle gebracht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Bis Freitag war er einer von uns
Elon Musk und die AfD
Die Welt zerstören und dann ab auf den Mars
Magdeburg nach dem Anschlag
Atempause und stilles Gedenken
Nordkoreas Soldaten in Russland
Kim Jong Un liefert Kanonenfutter
Bankkarten für Geflüchtete
Bezahlkarte – rassistisch oder smart?
Anschlag in Magdeburg
Der Täter hat sein Ziel erreicht: Angst verbreiten