Straffällige Doppelstaatler: Bald kein Schwede mehr?
Die Regierung untersucht, ob sie straffälligen Doppelstaatlern den schwedischen Pass entziehen darf. Das stößt auf Kritik bei der Opposition.

Diese rechtlich vage Umschreibung sollte den Gegensatz bilden – zu einem Leben in der organisierten Kriminalität. Explizit Bandenkriminellen, zumindest denen mit doppelter Staatsangehörigkeit, soll es nun an den Pass gehen, so will es die Regierung. Dies sei, laut Kristersson eine politische Maßnahme von vielen im Kampf gegen die kriminellen Banden, um sie „endgültig loszuwerden“.
Die Staatsangehörigkeit kann, einmal verliehen, bislang nicht entzogen werden. Und darum sollte es eigentlich gehen am Mittwoch: Der parlamentarische Grundgesetzausschuss hatte, gemeinsam mit Experten und im Regierungsauftrag, die Möglichkeit und den Sinn mehrerer Grundgesetzänderungen untersucht. Der abschließende Bericht wurde am Mittwoch offiziell an Justizminister Gunnar Strömmer (Moderate) übergeben.
Er enthält nicht nur eine Untersuchung der Pass-Frage, aber sie bekam am meisten Beachtung: Könnte man das Grundgesetz so ändern, dass man Menschen mit doppelter Staatsangehörigkeit die schwedische wieder entziehen kann, wenn sie aufgrund von falschen Angaben oder nach Bedrohung verliehen wurde? Unter anderem in Deutschland ist das bereits möglich.
Passentzug wäre möglich
Kann der schwedische Pass wieder eingezogen werden, wenn jemand mit zwei Pässen ein schweres, staatsbedrohendes Verbrechen begeht? Der Bericht kommt zu dem Ergebnis, dass beides möglich wäre. Als Beispiel für ein solches Verbrechen nennt er Spionage und Hochverrat.
Für diese Vorschläge zur Grundgesetzänderung gibt es eine breite politische Mehrheit, nur die Grünen und die Linkspartei sind dagegen. Mehr als ein Jahr soll nun beraten, diskutiert und konkretisiert werden, eine Abstimmung ist erst für Frühjahr 2026 geplant.
Und traditionell hätte die Regierung es an dieser Stelle dabei belassen. Normalerweise nehmen sie den Bericht entgegen, studieren und diskutieren ihn. In diesem Fall kam es anders. Die konservativ-liberale Regierung mit ihrem rechtsextremen Partner, den Schwedendemokraten, machte noch am selben Tag ihren eigenen Vorschlag zur Ausweitung der Maßnahme auf Bandenkriminalität.
Allein diese politische Formalität, der mangelnde Respekt vor dem Grundgesetzausschuss, hatte schon vor der heutigen Debatte der Parteivorsitzenden für Empörung gesorgt. Weniger als die Vorschläge selbst. Die Tatsache, dass Schwedens oberster Schwedendemokrat Jimmie Åkesson seit Jahren kritisiert, dass ein Bandenkrimineller seinen schwedischen Pass behalten dürfe, dürfte zu einer Normalisierung der politischen Forderung beigetragen haben.
Der Regierungsvorschlag hat Gegner. Alle vier Oppositionsparteien sind gegen diesen Vorschlag. Aber die Frage, ob jemand „tatsächlich“ Schwede oder nur dem Pass nach einer sei, scheint mindestens so weit verbreitet wie in Deutschland.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Friedensforscherin
„Wir können nicht so tun, als lebten wir in Frieden“
CDU-Chef Friedrich Merz
Friedrich der Mittelgroße
Nach Hitlergruß von Trump-Berater Bannon
Rechtspopulist Bardella sagt Rede ab
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen
Prozess gegen Maja T.
Ausgeliefert in Ungarn
Wahlentscheidung
Mit dem Wahl-O-Mat auf Weltrettung