piwik no script img

Straffällige Aus­länder*innenEs ist nicht der Pass

Frederik Eikmanns
Kommentar von Frederik Eikmanns

Aus­län­de­r*in­nen sind in der BKA-Kriminalstatistik überrepräsentiert. Das überrascht bei Armut und psychologischer Unterversorgung kaum.

Aus­län­de­r*in­nen sind nicht per se krimineller, aber die Lebensumstände begünstigen kriminelles Verhalten Foto: Peter Kneffel/dpa

W ieder ist die Zahl ausländischer Tatverdächtiger bei Gewalttaten gestiegen: 8 Prozent höher als im vergangenen Jahr liegt der entsprechende Wert in der Kriminalstatistik des Bundeskriminalamtes (BKA). Damit machen Aus­län­de­r*in­nen bei solchen Taten 43 Prozent aller Tatverdächtigen aus.

Auch wenn unter ihnen teils Tou­ris­t*in­nen oder sonstige Kurz­zeit­be­su­che­r*in­nen sind und Aus­län­de­r*in­nen laut Studien sehr viel öfter angezeigt werden als Deutsche: Bei einem Bevölkerungsanteil von gerade einmal 15 Prozent sind Aus­län­de­r*in­nen in der Statistik deutlich überrepräsentiert. Doch wer darin ein Argument für eine strengere Migrationspolitik erkennt, der irrt. Vielmehr zeigen die Zahlen, dass Armutsbekämpfung und psychische Versorgung die Hebel sind, um Kriminalität wirklich zu verhindern.

Denn es ist nicht der Pass, der jemanden kriminell macht, es sind die Lebensumstände. Die Armutsgefährdungsquote unter Deutschen lag 2024 bei rund 13 Prozent. Für Aus­län­de­r*in­nen lag sie bei etwa 30 Prozent. Wer im Elend lebt, hat nicht nur einen Anreiz, notfalls eben zu klauen oder zu rauben. Und lebt – statistisch – häufiger in großen Städten, wo sich mehr Gelegenheiten bieten und die Polizei öfter unterwegs ist.

Nicht zu vergessen sind zudem psychische Krankheiten. Unter Asylbewerber*innen, die einen großen Teil der Aus­län­de­r*in­nen ausmachen, leidet laut Studien bis zu je­de*r Dritte an psychischen Krankheiten. Zwar sind es unter Deutschen ähnlich viele, doch es gibt einen entscheidenden Unterschied: Von ihnen suchen rund 18 Prozent Hilfe bei Psychotherapeut*innen. Dieser Weg ist Asyl­be­wer­be­r*in­nen weitgehend versperrt.

Die psychosozialen Zentren, die es für Geflüchtete gibt, können gerade einmal 3 Prozent der Erkrankten behandeln. Die Liste der Bereiche, in denen Aus­län­de­r*in­nen benachteiligt oder ausgeschlossen sind, ließe sich weiter führen: Bildung, Wohnbedingungen, Arbeitsmarkt. Wer die Ursache für eine höhere Kriminalitätsrate immer noch im bloßen Ausländerstatus sucht, dem ist nicht mehr zu helfen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Frederik Eikmanns
Fachredakteur Inland
schreibt über alles, was im weitesten Sinn mit Migration zu tun hat.
Mehr zum Thema