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Störerhaftung vor der AbschaffungNetz als Marketing

Die Störerhaftung soll nicht konform mit EU-Recht sein. Das gilt jedoch nicht unbedingt für WLAN-Netze von Privatpersonen.

WLAN auf die Hand Foto: Daniél Kretschmar

Karlsruhe taz | Die deutsche Störerhaftung verstößt möglicherweise gegen EU-Recht, meint Maciej Szpunar, Generalanwalt am Europäischen Gerichtshof (EuGH). Sein Gutachten von März diesen Jahres hat denen, die in Deutschland ein freies WLAN fordern, Rückenwind gegeben – und wohl auch den Umschwung im Regierungslager eingeleitet.

Es geht um den Fall des Licht- und Tontechnik-Vermieters Tobias McFadden aus München. Der betrieb in seinem Ladens ein offenes WLAN für für Kunden und Nachbarn – und wurde 2010 abgemahnt: Von seinem Anschluss sei urheberrechtlich geschützte Musik zum Download angeboten worden.

Das Landgericht glaubte McFadden, dass er die Musik nicht selbst angeboten hatte. Trotzdem müsse er nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshof als „Störer“ haften, weil er die Verletzung des Urheberrechts ermöglichte. Die Richter legten den Fall jedoch dem EuGH vor, weil sie wissen wollten, ob die Störerhaftung mit EU-Recht übereinstimmt. In der EU-Richtlinie über „Dienste der Informationsgesellschaft“ von 2000 werden „Diensteanbieter“, die Daten lediglich durchleiten, von der Haftung freigestellt.

Generalanwalt Szpunar schlug sich in seinem Schlussantrag, der das EuGH-Urteil vorbereitet, auf McFaddens Seite. Dieser sei ein privilegierter Diensteanbieter, auch wenn er WLAN nicht öffentlich und zudem kostenlos anbietet. Sein freier Netzzugang könne aber als Marketing gesehen werden, die den eigentlichen Geschäftszweck unterstütze.

Eindeutig uneindeutig

Ob auch Privatpersonen mit offenem WLAN als Diensteanbieter im Sinne der EU-Richtlinie anzusehen sind, ließ Szpunar ausdrücklich offen. Sein Gutachten kann deshalb nur Druck für eine Liberalisierung der Störerhaftung in Gastronomie und Handel erzeugen.

Hier aber ist Szpunar eindeutig. Das Haftungsprivileg bedeute, dass ein kommerzieller WLAN-Betreiber nicht zu Schadenersatz verurteilt werden darf, wenn über seinen Anschluss Urheberrechtsverletzungen begangen wurden. Auch Abmahn- und Gerichtskosten können von ihm nicht verlangt werden. Selbst eine gerichtliche Anordnung, bestimmte Musikstücke nicht mehr zu übertragen, sei unverhältnismäßig.

Der EuGH folgt den Empfehlungen seiner Generalanwälte oft – aber nicht immer. Das Urteil wird in den kommenden Wochen erwartet.

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