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Stimmung vor S21-AbstimmungOptimistische Bahnhofsgegner

Die Stuttgart-21-Gegner verbreiten Zuversicht, trotz mauer Umfragewerte. Derweil hat das Bundesverfassungsgericht eine Beschwerde gegen die Abstimmung abgeleht.

Auf der Montagsdemo in Stuttgart werden berechtigte Fragen gesellt. Bild: dapd

STUTTGART taz | Trotz zuletzt schlechter Umfragewerte blicken die Gegner des umstrittenen Bahnhofsprojekts Stuttgart 21 optimistisch auf die Volksabstimmung am Sonntag. Auch Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) äußerte sich am Dienstag zuversichtlich.

"Ich bin optimistisch, dass die Beteiligung so hoch ist, dass auch das Quorum gewuppt wird", sagte er. Am Montagabend hatten sich bereits mehrere tausend S-21-Gegner bei der 100. Montagsdemonstration in Stuttgart auf den Endspurt eingeschworen.

Am Sonntag dürfen 7,6 Millionen Baden-Württemberger abstimmen, ob das Land aus der Finanzierung des Projekts aussteigen soll, bei dem der bisherige Kopfbahnhof in einen Tiefbahnhof verwandelt werden soll. Die S-21-Gegner befürworten einen oberirdischen Um- und Ausbau.

Brigitte Dahlbender, Sprecherin des Aktionsbündnisses gegen Stuttgart 21, warf der Deutschen Bahn bei der Kundgebung vor, "Horrorausstiegskosten" von 1,5 Milliarden Euro zu verbreiten. Dabei seien die verschwiegenen Mehrkosten des Umbaus ein "Betrug am Bürger".

"Wir bleiben oben"

Nach Veranstalterangaben waren gut 11.000 Demonstranten gekommen, um für den Ausstieg zu mobilisieren. Die Polizei sprach von rund 5.000 Teilnehmern. "Wir schaffen die Volksabstimmung", so Dahlbender. "Wir werden gewinnen - mit dem einen Ergebnis: Wir bleiben oben."

Dabei sah die letzte Meinungsumfrage die S-21-Befürworter mit 55 Prozent vorn. Zudem müssten die Gegner das hohe Zustimmungsquorum von 33 Prozent erreichen. Das bedeutet, dass mindestens ein Drittel aller Wahlberechtigten für den Ausstieg stimmen müsste. "Vor einem halben Jahr hätte auch niemand gedacht, dass Winfried Kretschmann tatsächlich zum Ministerpräsidenten gewählt wird", sagte ein Demonstrant.

Unterdessen hat das Landgericht Stuttgart mit einer einstweiligen Verfügung die Verbreitung eines Werbefilms gegen Stuttgart 21 untersagt. S-21-Gegner hatten einen Kino- und Internetspot des Arbeitgeberverbandes übernommen und um einen Schlusskommentar des Schauspielers Walter Sittler ergänzt. Darin sah der Arbeitgeberverband das Urheberrecht verletzt. S-21-Gegner sprechen dagegen von einer "Zensur-Kampagne".

Das Bundesverfassungsgericht eine Beschwerde gegen die Volksabstimmung zu S-21 verworfen. Die Verfassungsbeschwerde sei "unzulässig", teilte das Gericht am Mittwoch in Karlsruhe mit.

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3 Kommentare

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  • V
    vic

    Ich weiß wirklich nicht wie so etwas möglich ist.

    Mehrfach wurde nachgewiesen, dass Zahlen manipuliert, Fakten und Risikobewertungen verfälscht und unterdrückt wurden.

    Trotzdem wurde das Projekt so weit und so teuer vorangetrieben.

    Und jetzt diese "Volksabstimmung", deren Ergebnis dank dubiosem Quorum nicht schwer vorherzusagen ist.

    Noch dazu muss mit "Ja" stimmen, wer S21 nicht will.

    Alles Zufall?

  • HS
    Hari Seldon

    @anna Sie schreiben: "Medien versagen total, weil sie nicht aufklären". Bitte, meinen Sie Stern mit Arno Luik: Der gute Herr Luik kennt sogar den Unterschied zwischen Radius und Diameter nicht (glatter Secher schon in der Grundschule) aber dafür "klärt" sehr komplexe Bahninfrastrukturprojekte "auf". Oder bitte, meinen Sie Speigel mit Sensationen über Akternvermerk von Herrn Oettinger ("Auf Wunsch vom MP")? Und dann kommt W. Kretschmann (bekennender S21-Gegner, MP BaWü, Grüne) und sagt, dass die Landesregierung BaWü konnte die Akte noch nicht finden, aber man sucht und sucht (sogar wurden 59 Parkschützer für die Suche (natürlich im Rahmen der "Sparsamkeit") eingestellt), und hofft, dass man irgendwann irgendetwas finden könnte. Ich bitte um Ihr Verständnis, dass der vernünftige Teil der Bevölkerung mit solchen "Aufklärungsaktionen", Lügen, und Hetzen die Nase schon seit langem voll hat.

  • A
    Anna

    Medien versagen total, weil sie nicht aufklären. Da dürfen Konzernchefs und Manager ständig in den Medien Unbewiesenes und beweisbar Falsches erzählen und kein Journalist klärt auf. Ausstiegskosten werden genannt, obwohl für den Wähler nur Gelder von einem Konto auf ein anderes geschoben werden (Bahn zu Stadt oder Bahn zu Flughafengesellschaft etc.), das ist alles einfach und klar erklärbar, aber die großen Medien machen nichts. Journalisten, ihr seid die Feinde der Demokratie wenn ihr da nicht streikt oder durchsetzt wirklich aufzuklären! Pressezensur und manipulation, massenhaft Werbegeld, oft auch von Geldern die woanders dringend gebraucht werden. Sehr schwierig auch für die Gegner des Projekts Leute zu einem Bahnhof in Stuttgart zu informieren, wenn diese z.B. im hintersten Schwarzwald leben. Soll es jetzt für jeden Bahnhofsbau Abstimmungen im ganzen Land geben? Es kann eigentlich nur zählen, was die Stuttgarter wollen.