■ Stimmt China der Kosovo-Resolution im Weltsicherheitsrat zu?: Das Dilemma Pekings
Alles deutet darauf hin, daß China dem im Weltsicherheitsrat vorgelegten G-8-Entwurf einer Kosovo-Resolution zustimmt. Davon gehen nicht nur der Kosovo-Vermittler der EU, Martti Ahtisaari, und der politische Direktor des Bonner Auswärtigen Amtes, Gunter Pleuger, aus. Beide hatten in den letzten Tagen diesen Eindruck in Peking gewonnen. Vielmehr hat Chinas Regierung gar keine andere Wahl, als zuzustimmen, will sie sich nicht ins weltpolitische Abseits manövrieren.
Chinas UN-Botschafter meldete bei den Beratungen des Sicherheitsrates am Dienstag in New York Bedenken gegen die Resolution an. Vor allem monierte er die Reihenfolge, also daß der Stopp der Nato-Luftangriffe erst nach der Verabschiedung der UN-Resolution und nach Beginn eines serbischen Abzugs erfolgen soll. Doch der chinesischen Regierung dürfte klar sein, daß die Nato-Staaten hier nicht mit sich handeln lassen. Außerdem würde Peking den Schwarzen Peter bekommen, wenn es die vorgesehene Friedenslösung an dieser Frage scheitern läßt. Vordergründig geht es bei dem Streit um die Frage, ob die Nato das Bomben einen Tag früher oder später einstellt. Das ist für die Bombardierten wichtig, doch Peking geht es vor allem um die Wahrung des eigenen Gesichts. Es paßt nicht zum Selbstbild einer künftigen Großmacht und einem ständigen Mitglied im Sicherheitsrat, woanders gefaßte Beschlüsse nur abzusegnen. Peking will ernst genommen werden und mitreden. Doch es wird wahrscheinlich bei der Mäkelei bleiben. Denn die UN-Resolution ermöglicht China, das in dem Konflikt ins Abseits geraten war, die Rückkehr auf die weltpolitische Bühne. Würde Chinas Regierung die Resolution ablehnen und damit eine Friedenslösung mit UN-Mandat vereiteln, hätte sie sich selbst ein Bein gestellt. Eine Zustimmung Pekings wird dadurch erleichtert, daß die Resolution das Kosovo weiter als Teil Jugoslawiens ansieht, was Peking immer gefordert hat.
China ging es nie um das Kosovo oder Jugoslawien. Zu Zeiten Enver Hodschas war Albanien Pekings einzig wahrer Freund in Europa, erst später näherte man sich dem zuvor als „revisionistisch“ gebrandmarkten Jugoslawien an. Für China geht es im Kosovo vor allem um das Verhältnis zum Westen, allen voran zu den USA. Das Verhältnis zu Washington ist durch den Krieg schwer gestört. Ist auch ein chinesisches Veto der Kosovo-Resolution sehr unwahrscheinlich, ist damit das Verhältnis speziell zu den USA noch längst nicht normalisiert. Sven Hansen
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