Steuern auf Ungesundes: Fett, süß und ziemlich teuer
Großbritannien, Norwegen, Frankreich: Viele europäische Länder erheben Steuern auf zuckerhaltige Limonaden oder andere Lebensmittel.
Ob die französische „taxe soda“, die britische „sugar tax“ oder die einstmalige dänische Fettsteuer, die „fedtafgift“: Viele europäische Länder haben mit Abgaben auf Süßes und Deftiges Erfahrungen gesammelt.
Seit April dieses Jahres erhebt Großbritannien eine Steuer auf Getränke mit zugesetztem Zucker. Das betrifft zunächst die Hersteller: Sie müssen ab 5 Gramm Zucker pro 100 Milliliter eine Sonderabgabe von 18 Pence (etwa 20 Cent) zahlen. Sie erhöht sich auf 24 Pence, wenn es mehr als 8 Gramm Zucker sind.
Einige Unternehmen haben deswegen ihre Rezepturen geändert – so etwa der Getränkehersteller A. G. Barr, der den Zuckergehalt des schottischen Softdrinks Irn-Bru senkte und mehr Süßungsmittel hinzusetzte. Dessen Fans goutierten die Änderung der Rezeptur ganz und gar nicht: Sie forderten Barr in einer Petition zur Rückkehr zum Originalrezept auf und horteten den Drink dosenweise.
Finanziell zumindest lassen sich Ergebnisse sehen: Nach Angaben der britischen Regierung hat die neue Zuckersteuer bis Oktober bereits 153,8 Millionen Pfund (170,3 Millionen Euro) eingebracht.
Im Norden Europas haben die Steuern eine lange Geschichte
Frankreichs in Volksmund und Medien „Limonadensteuer“ genannte Abgabe bezieht sich nicht nur auf Getränke mit Zucker, sondern auch auf solche mit künstlichen Süßstoffen. Eingeführt im Jahr 2012, wurde sie zuletzt im Sommer dieses Jahres ausdifferenziert. Vorher gab es einen Einheitssteuersatz. Nun werden Produkte ähnlich wie in Großbritannien mit höherem Zuckergehalt stärker besteuert als mit niedrigerem. Der zuständige Berichterstatter Olivier Véran (LREM) rühmte sich schon kurz nach der Änderung damit, dass die meisten Softdrinks nun deutlich weniger Zucker enthielten.
Im Norden Europas haben Abgaben auf ungesunde Lebensmittel eine gewisse Tradition. Norwegen etwa erhebt seit Langem eine Steuer auf zuckerhaltige Lebensmittel, schon 1922 gab es eine ähnliche Abgabe. Das freut auch die SchwedInnen, behaupten KritikerInnen. Ihnen zufolge fahren viele NorwegerInnen zum Schokoladen-Einkauf einfach ins Nachbarland. Die FinnInnen haben seit den 1940ern eine Steuer auf Erfrischungsgetränke sowie zwischenzeitlich auch eine auf verschiedene Süßwaren, die aber wieder abgeschafft wurde.
Ähnlich wie dieser finnischen Nasch-Abgabe erging es der dänischen Fettsteuer, die ebenfalls scheiterte. 2011 hatte das Land die Steuer auf gesättigte Fettsäuren eingeführt. 15 Monate später wurde sie wieder aufgehoben. Schon vor der Einführung hatten Industrie- und Wirtschaftsverbände in Dänemark gegen die Abgabe gewütet und betont, dass künftig noch mehr VerbraucherInnen zum Einkaufen über die Grenze nach Schleswig-Holstein fahren würden.
Als Argument dafür, die Abgabe aufzuheben, nannte der damalige Steuerminister Holger Nielsen die zu hohen Verwaltungskosten – nicht etwa gesundheitliche Aspekte. Kurz nach der Abschaffung zeigte eine Studie, dass der Konsum gesättigter Fettsäuren in Dänemark durchaus abgenommen hatte.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Bundestag bewilligt Rüstungsprojekte
Fürs Militär ist Kohle da
Stockender Absatz von E-Autos
Woran liegt es?
Kürzungen im Berliner Haushalt
Kultur vor dem Aus
Grüne über das Gezerre um Paragraf 218
„Absolut unüblich und respektlos“
BSW-Chefin im ZDF
Wagenknecht räumt Irrtum vor russischem Angriff ein
Erfolg gegen Eigenbedarfskündigungen
Gericht ebnet neue Wege für Mieter, sich zu wehren