Steuergeschenk für Hoteliers: "Blödsinn hoch drei"
Die Hotelbetreiber freuen sich über die neuen Steuererleichterungen. Doch nur wenige wollen sie an ihre Gäste weitergeben. Und am Ende bleibt das Frühstück auf der Strecke.
BERLIN taz | "Das kann man doch nur gut finden!" Marina Litvin, die Betreiberin der Pension Elegia in Berlin-Charlottenburg, freut sich auf den 1. Januar 2010. Ab diesem Tag nämlich gilt für Hotelübernachtungen ein verminderter Mehrwertsteuersatz von nur noch 7 statt 19 Prozent.
Die Bundesregierung erhofft sich durch diese Steuersubvention einen deutlichen Anstieg der Übernachtungszahlen. Die Hoteliers sollen die Zimmerpreise senken und dadurch das Schlafen im Hotel besonders für Dienstreisende wieder attraktiver machen.
Diese Hoffnung wird Marina Litvin nicht erfüllen. Mit Zimmerpreisen ab 25 Euro pro Nacht sei die Pension Elegia bereits sehr günstig, das zusätzliche Geld aber könne sie trotzdem gut gebrauchen, sagt die Pensionsbetreiberin. "Nicht um Millionen zu scheffeln, aber um unser Angebot zu verbessern. Vielleicht können wir auch noch jemanden beschäftigen."
Wie Marina Litvin denken auch andere Hoteliers in Berlin. "Die Konkurrenz ist einfach zu groß in Berlin, wir haben die Preise in den letzten fünf Monaten bereits um etwa 12 Prozent gesenkt", sagt Olga Perfetzki vom Hotel Savoy. Weitere Preisnachlässe wird es in ihrem Hotel deshalb erst einmal nicht geben. Dies gilt auch für das Berliner Ritz-Carlton. Hier wartet man noch auf Anweisungen des Gesetzgebers.
Die Berliner Hoteliers liegen damit voll im Trend. Laut einer Studie des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga) wollen nur 20,3 Prozent der Hotelbetreiber die künftige Steuerersparnis an ihre Gäste weitergeben.
Das Wachstumsbeschleunigungsgesetz soll nach Vorstellungen der Bundesregierung unter anderem "den Tourismusstandort Deutschland" stärken. Gerade Hotels in Grenznähe sollen - insbesondere nach Ansicht der CSU - gegen die Konkurrenz aus den Nachbarstaaten unterstützt werden. Den Bund kostet der Steuernachlass für die Hoteliers rund 1 Milliarde Euro pro Jahr. Am volkswirtschaftlichen Nutzen gibt es allerdings massiven Zweifel.
So hält der CDU-Finanzexperte Frank Steffel den Plan "ordnungs-, steuer- und haushaltspolitisch für falsch". Dieter Ondracek, der Bundesvorsitzende der Deutschen Steuergewerkschaft, beurteilt das Unterfangen als "Blödsinn hoch drei". Und auch Ulrich van Suntum, Professor für Volkswirtschaft an der Universität Münster, ist sich sicher: "Für die Konjunktur wird das so gut wie überhaupt keinen Effekt haben."
Der Berliner BWL-Professor Jochen Hundsdoerfer befürchtet gar, dass sich das Gesetz kontraproduktiv auswirken könne. Denn wenn die Hoteliers die Preise nicht senken, könnten dienstliche Übernachtungen für Unternehmer sogar teurer - und damit unattraktiver - werden. Bei einer Übernachtung, die inklusive Umsatzsteuer bislang 119 Euro kostete, entstand für den Geschäftsreisenden bislang eine Nettobelastung von 100 Euro, rechnet Hundsdoerfer in seiner Stellungnahme für das Gesetz vor. Bleiben die Zimmerpreise nun auf diesem Niveau, steigt die Nettobelastung auf 111,21 Euro. Denn künftig können eben nur noch 7 statt 19 Prozent abgesetzt werden.
Für die Dehoga aber ist das Wachstumsbeschleunigungsgesetz ein Erfolg. "In 21 EU-Mitgliedsstaaten gelten bereits seit Jahren reduzierte Steuersätze zwischen 3,6 Prozent in der Schweiz bis hin zu 7 Prozent in Spanien", sagt Verbandspräsident Ernst Fischer. Zudem, so heißt es beim Verband, könne der Steuernachlass den "eklatanten Umsatzeinbrüchen" im vergangenen Jahr entgegenwirken.
Der Betreiber einer Internetseite, über die Hotels vor allem an der Ostsee und in Mecklenburg-Vorpommern gebucht werden können, ist weniger begeistert. Er kritisiert die Vergünstigung für die Hoteliers als "Stückwerk". Seine Hauptkritik: Das Frühstück ist von der Vergünstigung ausgenommen, es wird weiterhin mit 19 Prozent besteuert. Deshalb müssten die Hotelbetreiber nun ihre gesamte Abrechnungssoftware umstellen. Zudem befürchtet er, "dass vor allem Geschäftsreisende nicht mehr frühstücken". Das ist nicht nur ungesund, sondern würde auch die Einnahmen sinken lassen.
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