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Steuerdaten-CDRegierung bereit zum Kauf

Obwohl Datenschützer und Unionspolitiker vom Kauf der Steuerdaten-CD abraten, erwägt die Regierung es dennoch zu tun. Auch die Schweiz warnt Berlin vor diesem Schritt.

Die Eidgenossen warnten Berlin, der Kauf könne das Verhältnis beider Länder erschüttern. Bild: dpa

BERLIN dpa | Die Bundesregierung ist grundsätzlich zum Kauf gestohlener Bankdaten von Steuersündern in der Schweiz bereit. Man wolle sich bei der Entscheidung auf der Linie der Liechtenstein-Steueraffäre bewegen, sagte ein Sprecher von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) am Montag in Berlin.

Eine Entscheidung sei aber noch nicht gefallen. Zunächst müsse es rechtliche Klarheit geben. Zuvor hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit Schäuble über den spektakulären Fall beraten. Merkel bekannte sich danach zu einem Ankauf gestohlener Bankdaten aus der Schweiz. Es müsse alles versucht werden, um an die Daten möglicher deutscher Steuersünder heranzukommen. "Vom Ziel her sollten wir, wenn diese Daten relevant sind, auch in den Besitz dieser Daten kommen", sagte Merkel am Montag in Berlin. Jeder vernünftige Mensch wisse, dass Steuerhinterziehung geahndet werden müsse. Andere Spitzenpolitiker der Union und Datenschützer warnen vor dem Kauf der Daten.

Anfang 2008 hatte der damalige Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) zusammen mit den zuständigen Ländern dem Geheimdienst BND grünes Licht gegeben, für bis zu fünf Millionen Euro gestohlene Daten zu deutschen Steuersündern im Fürstentum Liechtenstein zu kaufen. Auch der frühere Post-Chef Klaus Zumwinkel flog daraufhin als Steuerhinterzieher auf.

"Wir wollen auf der Basis des Liechtensteiner Falls hier zügig entscheiden", sagte Schäubles Sprecher Michael Offer. Man werde konstruktiv mit der Schweiz zusammenarbeiten. Die Eidgenossen hatten Berlin gewarnt, ein Erwerb der Daten könne das Verhältnis beider Länder erschüttern. Schäuble will jetzt zusammen mit den Finanzbehörden des zuständigen Bundeslandes über das Angebot des Informanten entschieden. Nach dpa-Informationen prüfen derzeit federführend die Steuerbehörden in Nordrhein-Westfalen die Rechtslage.

Ein Informant hat den Steuerbehörden Bankdaten von bis zu 1.500 Deutschen in der Schweiz angeboten. Er verlangt für die brisanten Informationen 2,5 Millionen Euro. Offen ist nach Angaben des Finanzministeriums, ob sich Bund und Länder wie beim Liechtenstein-Fall die Kaufsumme teilen würden. Eine erste Stichprobe des Materials soll fünf Verdächtige als Steuersünder überführt haben, die jeweils etwa eine Million Euro Steuern nachzahlen müssten. Insgesamt könnte dem Staat ein Steuersegen von etwa 100 Millionen Euro winken.

Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) hatte am Wochenende den Kauf der Datensammlung abgelehnt: "Ich persönlich habe ein Problem damit." Auch Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU) sagte Nein: "Diebstahl bleibt Diebstahl. Mit Dieben sollte sich der Staat nicht gemein machen." SPD, Grüne und Linke erklärten dagegen, der Staat dürfe sich die Steuer-Millionen nicht durch die Lappen gehen lassen.

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19 Kommentare

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  • I
    Iurrey

    Der Staat verbiegt das Recht so hat es schon mal angefangen.

  • A
    Alex

    Schlafen die Steuerbehörden in Deutschland?

     

    Wenn ein Staatsbürger Geld in der Schweiz anlegen kann, hat er das ja irgenwie zuvor verdient. Egal ob das Geld in Deutschland oder im Ausland erwirtschaftet wurde. Genau dabei hat der Fiskus nicht genau aufgepasst. Jetzt geht man her, kauft illegale, gestohlene Informationen und zeigt mit dem grossen Finger auf die Schweiz! Meiner Meinung nach unmöglich, von der Rechtssituation mal ganz abgesehen. Wie wäre es vielleicht mal mit einer Senkung des Steuerfusses und einer nachhaltigen Behördenwirtschaft in Deutschland? In der Schweiz zahlt man nämlich auch Steuern, nur eben nicht ganz so viel! Warum eigentlich?

  • GB
    George Best

    Wo wird die Grenze gezogen beim staatlichen Handeln mit Kriminellen? Nun, wir wissen es nicht! Wir wissen nur es gibt V-Personen, Kronzeugen, Absprachen, etc. Das Thema um die CD hätte der Öffentlichkeit gar nicht zugänglich gemacht werden müssen. Kaufen und klingeln (die Steuerfahndung an der Haustür)Wurde aber nicht gemacht. So kann man den Haufen nämlich aufscheuchen bevor die CD gekauft wird. (Wenn es denn eine gibt, nur mal so...)

    Ich gehöre zu denen die die Augen schließen und sage auch: "Das darf der Staat doch nicht", wobei ich hoffe "der Staat macht es"!

  • T
    tom

    Habe ich das richtig verstanden? Merkel, Schäuble und so wollen auf dem Bahnhofsklo eine CD mit gestohlenen Daten kaufen? Wenn das so sein sollte und das dann wohl auch Schule machen sollte, was wird dann der nächste Deal mit Straftätern sein? Hatte Merkel nicht mal so richtig das Maul aufgerissen, "Null Toleranz" und so, "auch kleine Vergehen voll durchziehen..."...Genetisch kodierte Heuchelei ist gar keine, so sind sie eben, das ist konservatives Selbstverständnis!

  • JK
    Juergen K

    Es kommt einem vor als sollen mit dieser CD die Massen für 2 Jahre beruhuigt werden.

  • JK
    Juergen K

    Mit dieser CD wird es dann genug Gerichtsverfahren gegeben haben,

     

    so dass es UNERTRÄGLICH wird, IMMER NOCH die Möglichkeit des Selbstanzeiges für Schwarzgelder im Ausland aufrecht zu erhalten.

     

    Diese Tatbestand MUSS ferner von einer Verjährung ausgenommen werden.

  • C
    cocoprice

    Marco hat recht. Besser als der Einsatz unrechtsstaatlicher Mittel zur Verbrechensbekämpfung wäre, einfach mal ein paar Steuerfahnder mehr einzustellen, und Steuerschlupflöcher zu schließen Dann wären solche Deals überflüssig. Medienwirksam eine solche CD kaufen und Exempel statuieren, aber andererseits jegliche effiziente Steuerfahndung untergraben und auf Wunsch der Klientel Schlupflöcher produzieren ist jedenfalls kein guter Weg.

  • P
    P.Haller

    Liebe Steuerhinterzieher,

    jetzt habt ihr wahrscheinlich gaaanz grosses Muffensausen.

    Wenn ihr mit eurer kiminellen Tat auffliegt, dann müsst ihr evtl. ein paar Milliönchen von eurer Kohle abzwacken, aber ich bin mir ganz sicher, dass diese Kohle sehr gut angelegt ist.

    Unsere neue Regierung wird schon nen Weg finden euch die Moneten wieder via Steuergeschenk (s.Hotels usw.) zurückzuerstatten (evtl. macht ihr da auch noch zusätzlichen Gewinn !!).

    Das beste daran ist aber, dass durch diese staatliche Geldwäscherei euer Tun auch noch quasi legalisiert wird !

    Also, es wird schon nicht so schlimm werden.....

  • S
    Schulz

    Die glaeserne Bank,

    nicht nur die glaeserne Wurst,

    nein, endlich die glaeserne glasklare Hausbank

    oder Geschaeftsbank oder Ueberbrueckungsbank,

    jawoll.

    Jeder Bankangestellt, jeder Privatdetektiv, jeder Rechtsanwalt, usw...

    wird das Verlangen in sich tragen, fast unstillbar,

    in der besseren Lotterie mitzumachen.

    Der Staat, besser das Finanzministerium wird

    geradezu ueberschwemmt, wir alle erhalten GELD...

    egal, woher.

    Wem gehoert es? Volkseigentum!

  • BH
    Björn Hens

    Angenommen es wären Beweise zur Überführung von Gewalttaten, wäre man da auch so kritisch gegenüber dem Kauf? ;)

    Unter unseren knappen Kassen leiden defintiv Menschen, woran Steuerhinterziehung nicht unschuldig ist.

  • M
    Martin

    ein aspekt ist sehr spannend:

     

    durch den kauf solcher daten wird die schweiz immer mehr unter druck geraten, ihr bankgeheimnis zu lockern, auch werden immer weniger ihr geld dort hin bringen. beides führt dazu, daß in zukunft mehr geld in deutschland bleibt. das ist nicht nur gut für die steuereinnahmen, sondern auch für deutsche banken und die deutsche wirtschaft insgesamt.

  • FW
    Frank Wegener

    Diese verlogene Politikerbande - die drehen sich doch das Recht so hin wie sie es brauchen. Siehe Ackermann Kohl Schäuble usw.. Wenn die wirklich aufklären wollten hätten sie doch die Daten längst gekauft. Die haben doch nur die Hosen voll, dass ihnen ein paar ihrer Wähler abspringen.

  • R
    Rainer

    Wo ist das Problem? Wer einen Sumpf trocken legen möchte, darf nicht die Frösche fragen.

  • S
    Sepp

    Egal ob dem Kauf der Daten zugestimmt wird oder nicht, letztendlich wird sich nicht so viel ändern.

     

    Es wundert mich doch sehr, dass man nicht primär über die Ursachen der Steuerhinterziehung debattiert. Durch den Ankauf der Daten wird doch nur ein Bruchteil der kriminellen Machenschaften aufgeklärt.

     

    Meiner Meinung nach muss das Steuersystem grundlegend reformiert werden. Das derzeitige Steuersystem ist ein riesiger Haufen von Paragraphen, deren -auch legale- Schlupflöcher eine Hinterziehung erst ermöglichen.

     

    Ein klares und einfaches Steuersystem muss her, dass durch Transparenz und "Gerechtigkeit" zum einen Menschen nicht zur Steuerhinterziehung veranlasst und auch gar nicht erst ermöglicht. Des Weiteren sollten in diesem Zusammenhang Möglichkeiten eines bedingungslosen Grundeinkommen erörtert werden.

     

    Was bisher passiert erhält nur den status quo und bringt unsere Gesellschaft keinen Schritt weiter.

  • B
    Brandeis

    @Marco

     

    Da stimme ich zu. Meines Erachtens sollte uns unser Rechtsstaat mehr wert sein als 100.000.000 EURO.

  • M
    Martin

    @ Marco:

     

    Die Rechtsstaatlichkeit ist Dir wichtiger?

    Heißt das, wenn Dein Kind entführt wird, dann darf der Staat auch kein Lösegeld zahlen?

     

    Daten klauen um Verbrechen aufzuklären, das soll illegal sein? Dann wäre auch jede Verhaftung illegal, denn sie ist Freiheitsberaubung.

     

    Ganz einfach: Bei der Verbrechensbekämpfung ist die Einschränkung von Grundrechten unumgänglich.

  • M
    Marco

    Ich finde es auch richtig, dass Steuersünder ihre gerechte Strafe bekommen. Jedem Bürger droht dies, auch wenn es nur um wenige hundert Euro geht.

    Ich kann mich aber ebenfalls nicht mit dem Gedanken anfreunden, dass unser Staat Daten kauft, die auf illegalem Weg gewonnen wurden.

    So gerne ich jeden Steuerpreller am Pranger sehen möchte, unsere Rechtsstaatlichkeit ist mir wichtiger!

  • F
    frederyk

    Na ja wer gegen organisierte Kriminalität vorgehen will, kann nicht davon ausgehen, dass Leute sich ohne Gegenleistung in Gefahr bringen um an Informationen zu kommen. Steuerhinterziehung in diesem Ausmaß ist und bleibt organisierte Kriminalität, gerade weil staatliche Stellen in einigen Ländern darin verwickelt sind und andere Staaten sogar ein entsprechendes Geschäftsmodell haben. Aber die CDU hat ja was Schwarzgeld angeht ein gespaltenes Verhältnis. Also mal sehen welche Lobby sich durchsetzt. ;)

  • M
    Martin

    Die Schweiz und ihre Banken begehen Hehlerei mit dem Schwarzgeld z.B. deutscher Ausländer. Der angebliche Datendieb hilft bei der Aufklärung von kriminellen Handlungen. Er hat eine Belohnung verdient wie es ja auch das Kopfgeld gibt, wenn ein Verbrecher gefaßt wird. Das ist das allergleiche, er liefert sachdienliche Hinweise, die zur Ergreifung von Kriminellen führt. Wenn Politiker dagegen sind, dann wohl weil sie fürchten, ihre Amigos könnten darunter sein.