Sterbehilfe und Gesetze: „Ermöglichen, nicht fördern“

Eine Gruppe Abgeordneter legt einen Gesetzentwurf zur Suizidassistenz vor. Sterbehilfevereine könnten unter Druck geraten.

Eine gruppe Menschen mit einemPapier in der Hand

Am Donnerstag wurde in Berlin ein weiterer Gesetzentwurf zur Sterbehilfe vorgestellt Foto: Chris Emil Janssen/Imago

BERLIN taz | Eine weitere fraktionsübergreifende Gruppe von Abgeordneten im Bundestag hat einen Gesetzentwurf zur Sterbehilfe vorgelegt. Darin wird die ärztliche Hilfe zur Selbsttötung nur noch in bestimmten Fällen erlaubt. „Wir wollen den assistierten Suizid ermöglichen, aber wir wollen ihn nicht fördern“, sagte der SPD-Politiker Lars Castellucci am Donnerstag bei der Vorstellung des Papiers.

Laut dem Gesetzentwurf der Gruppe um die Abgeordneten Ansgar Heveling (CDU), Lars Castellucci und Kirsten Kappert-Gonther (Grüne) soll die „geschäftsmäßige Förderung der Selbsttötung“ in einem Strafrechtsparagrafen 217 „mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe“ geahndet werden. Dies soll nicht gelten, wenn die suizidwillige Person ein Beratungskonzept durchläuft, das die „autonome Entscheidungsfindung“ sicherstellt. Dabei müssen in der Regel zwei Untersuchungen durch Psych­ia­te­r:in­nen im Abstand von drei Monaten erfolgen – sowie eine Beratung etwa bei einer psychosozialen Stelle.

Die psychiatrische Untersuchung muss ergeben, dass etwa keine „die autonome Entscheidungsfindung beeinträchtigende psychische Erkrankung“ vorliegt, heißt es im Entwurf. In der vorgeschriebenen psychosozialen Beratung sollen die Betroffenen nicht nur über „Möglichkeiten der medizinischen Behandlung und Alternativen zur Selbsttötung“ aufgeklärt werden, sondern auch über „mögliche psychologische und physische Auswirkungen eines fehlgeschlagenen Selbsttötungsversuches“, so der Entwurf.

Das „Schutzkonzept“ vor einem assistierten Suizid müsse sicherstellen, dass der Suizidwunsch „frei von inneren und äußeren Drucksituationen“ entstanden sei, sagte Kappert-Gonther.

Ein Akt der Selbstbestimmung

Das Bundesverfassungsgericht hatte das Verbot der „geschäftsmäßigen“ Suizid­assistenz, worunter man auch die wiederholte ärztliche Hilfe zur Selbsttötung versteht, vor zwei Jahren gekippt. Dabei hatte das Verfassungsgericht betont, das Recht des Einzelnen, seinem Leben ein Ende zu setzen, sei als „Akt autonomer Selbstbestimmung“ zu respektieren.

In Deutschland gibt es mehrere Organisationen wie etwa die Deutsche Gesellschaft für Humanes Sterben (DGHS) und Dignitas, die Ärz­t:in­nen vermitteln, die Suizidbeihilfe leisten. Dabei sind auch Beratungsgespräche angesetzt, aber die Verfahren sind nicht einheitlich geregelt. Eine Mitgliedschaft in den Organisationen wird vorausgesetzt.

Würde der Gesetzentwurf umgesetzt, müssten diese Sterbehilfeorganisationen den Vorgaben des Gesetzentwurfs folgen. „Wenn sie das nicht tun, müssten sie mit strafrechtlichen Konsequenzen rechnen“, sagte der ebenfalls an dem Entwurf beteiligte FDP-Politiker Benjamin Strasser.

Vor einem Jahr, noch in der vorigen Wahlperiode, waren bereits Gesetzesinitiativen zur Suizidassistenz vorgestellt worden. Eine Gruppe aus Abgeordneten von FDP, SPD und Linken, darunter Karl Lauterbach, hatte einen Gesetzentwurf präsentiert, der ebenfalls Beratungen vorschrieb. Dieser Gesetzentwurf stellte die ärztliche Suizidassistenz aber nicht grundsätzlich unter Strafe, hätte also die Koexistenz mit den bestehenden Sterbehilfeorganisationen erlaubt.

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