Steinmeiers Partei im Umfragetief: SPD knackt die 20 Prozent
Nach der Dienstwagenaffäre schafft die SPD nur noch 20 Prozent der Wähler von sich zu überzeugen. Das ist einer der schlechtesten Werte. Die SPD spricht lieber von "Tagestemperaturmessungen".
BERLIN ap | Die Dienstwagenaffäre von Gesundheitsministerin Ulla Schmidt hat die SPD in den Umfragen weiter abstürzen lassen. Wie eine Forsa-Umfrage ergab, würden nur noch 20 Prozent der Deutschen den Sozialdemokraten ihre Stimme bei der Bundestagswahl geben. SPD-Wahlkampfleiter Kajo Wasserhövel reagierte gelassen auf die schlechten Umfragewerte: "Das sind für mich Tagestemperaturmessungen", sagte Wasserhövel der AP.
Im Vergleich zur Vorwoche sackte die SPD um drei Prozentpunkte ab. Ein so schlechtes Ergebnis hatte die Partei zuletzt im August 2008, kurz vor dem Sturz des damaligen Parteichefs Kurt Beck. Zugleich vergrößerte sich der Rückstand zur Union: Zwar fielen CDU/CSU um einen Punkt auf 37 Prozent. Doch mit 17 Punkten ist der Abstand zwischen den beiden Volksparteien so groß wie noch nie in diesem Jahr.
Die kleinen Parteien profitierten von den Verlusten der großen: Die FDP stieg um einen Punkt auf 14 Prozent. Auch die Grünen gewannen einen Punkt, sie kletterten auf 13 Prozent. Die Linkspartei verbesserte sich um zwei Punkte auf elf Prozent.
Der Vorsprung von Union und FDP blieb trotz der Verschiebungen unverändert: Gemeinsam kommen sie laut dieser Umfrage erneut auf 51 Prozent und liegen damit zum zweiten Mal in Folge sieben Punkte vor SPD, Grünen und Linkspartei (zusammen 44 Prozent).
Nach Einschätzung von Forsa-Chef Manfred Güllner sind der gestohlene Dienstwagen von Gesundheitsministerin Schmidt und die Diskussion darüber schuld am Desaster. Auf dem Höhepunkt der Affäre, am vergangenen Mittwoch, habe die SPD im Tageswert sogar nur eine Zustimmung von 16 Prozent erhalten. "Was wir bei solchen Irritationen verzeichnen, ist eine Wählerwanderung: Menschen, die eigentlich gewillt sind, SPD zu wählen, wechseln ins Lager der Unentschlossenen", sagte Güllner stern.de.
"Die Temperatur steigt"
SPD-Chef Franz Müntefering zeigte sich trotz der miesen Werte kämpferisch. "Der Wahlkampf hat begonnen. Die Temperatur steigt, die Stimmung für die SPD auch", sagte der Parteivorsitzende. Er verwies auf Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier und die Themen Arbeit, Bildung und Nachhaltigkeit. "Gewählt wird am 27. September bis 18.00 Uhr." Es seien 53 Tage, die es in sich hätten. Die neue Umfrage kommentierte Müntefering mit den Worten: "Mag sein. Andere haben deutlich andere Zahlen."
"Keine gute Woche für die SPD"
Steinmeier verwies darauf, dass die Umfrage in der vergangenen Woche entstanden sei. "Keine gute Woche, die letzte Woche für die SPD." Er beschäftige sich aber nicht mit der Vergangenheit.
Wasserhövel kritisierte die "Tagestemperaturmessungen" und meinte: "Mit seriöser Meinungsforschung hat das für mich wenig zu tun." Der SPD-Bundesgeschäftsführer verwies darauf, dass sich bei der letzten Bundestagswahl 2005 ein Viertel der Wähler kurzfristig entschieden habe. In diesem Jahr werde dieser Wert noch höher liegen, meinte er. Angesichts der Wirtschaftskrise würden die Menschen jetzt noch genauer hinschauen, wer die besseren Konzepte hat.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Neue Milliardenkredite für Verteidigung
Union und SPD wollen Schuldenbremse reformieren
Der Pazifismus der Linkspartei
Mehr Rationalität wagen
US-Waffenhilfe für die Ukraine
Wir sind dann mal raus
Amokfahrt in Mannheim
Mit dem Auto in der Waffenverbotszone
Eingestellte US-Waffenlieferungen
Nicht nur die Ukraine droht zum Opfer zu werden
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Von der Leyen legt Milliarden-Plan zur Aufrüstung Europas vor