Steinmeier im Kongo: Afrika wieder entdecken
Der Bundesaußenminister eröffnet eine Landebahn in Goma. Mit Mitteln aus Deutschland wird hier versucht, die zivile Wirtschaft wieder aufzubauen.
GOMA taz | Als die Maschine auf der frisch geteerten Landebahn aufsetzt, fangen die Trommeln an zu schlagen. Männer in Baströcken tanzen zum Rhythmus. Auf dem Flugplatz der ostkongolesischen Provinzhauptstadt Goma herrscht feierliche Stimmung. Zelte sind aufgebaut, um die Delegationen vor dem Tropenregen zu schützen. Polizisten und Soldaten stehen stramm, um die hochrangigen Besucher zu sichern. Eine Blaskapelle spielt die kongolesische Nationalhymne.
Dass ein deutscher Außenminister den krisengeschüttelten Osten der Demokratischen Republik Kongo besucht, ist ein ziemliches Ereignis. Nicht nur für die Kongolesen, sondern auch für die Deutschen, die diese mehrstündige Stippvisite vorbereitet haben. Allen ist klar: Franz Walter Steinmeier kommt nicht nur hierher, um die 500-Meter Teilstrecke einer Flughafenlandebahn einzuweihen, sondern auch um eine neue Phase der deutschen Afrika-Politik einzuläuten.
Die Zeremonie in Goma ist nur ein kurzer Stopp auf einer mehrtägigen Reise durch Afrika. Mit im Schlepptau: Abgeordnete des Bundestages, der UN-Chef im Kongo - der deutsche Martin Kobler - sowie Journalisten. Noch am selben Tag soll es weiter gehen nach Ruanda und Kenia. Am Abend zuvor eröffnete Steinmeier in Kongos Hauptstadt Kinshasa feierlich ein neues Goethe-Institut. Es wirkt fast so, als hätte die Bundesrepublik Afrika neu entdeckt.
Als sich die Luke der weißen UN-Maschine öffnet, stehen die Kongolesen Spalier. Der Gouverneur der Provinz Nord-Kivu, Julien Paluku, schüttelt Steinmeier die Hand. Dann werden Reden geschwungen. „Wir danken den Deutschen, dass sie zur Stabilisierung des Ostens unseres Landes beitragen", sagt Paluku. „Endlich wird Goma wieder an die internationale Welt angeschlossen".
Landung lange unmöglich
Seit 2009 finanzierte das Außenministerium der Bundesrepublik Deutschland den Ausbau der Landebahn der Flughafens in Goma, direkt unterhalb des aktiven Vulkans Nyirangongo, der 2002 ausgebrochen war und weite Teile der Millionenstadt zerstörte hatte. Bis zu fünf Meter hohe, getrocknete Lava bedeckte Teile der einst über drei Kilometer langen Landebahn und machte das Landen und Starten für große Flugzeuge schier unmöglich.
Mit gewaltigen Baumaschinen hat die kongolesische Baufirma Safricas unter Vertrag der deutschen Welthungerhilfe in den vergangenen Jahren die Lavabrocken abgetragen und die zerstörte Landebahn um 500 Meter Asphalt erneuert. Bislang waren nur zwei Kilometer tatsächlich nutzbar. Landen konnten hier nur kleine Flugzeuge, aber keine internationale Flüge oder große Transportmaschinen Jetzt ist die Piste wieder über 2,5 Kilometer lang - und Kongos Regierung verhandelt gerade mit der Weltbank, um sie um weitere 500 Meter auszubauen, so dass bald auch wieder große Boings und Airbusse in Goma landen können.
„Nach 20 Jahren Leid sehen wir jetzt hinter uns ein Hoffnungsschimmer", sagt Kongos Transportminister Justin Kalumba Mwana und deutet auf die Landebahn, auf welcher das UN-Flugzeug parkt. Goma sei ein wirtschaftliches Zentrum des Landes. Hier würden Käse, Fleisch und Gemüse produziert - Produkte, die aufgrund schlechter Straßenverhältnisse mit dem Flugzeug bis in die 2.000 Kilometer entfernte Hauptstadt transportiert werden müssen. Doch dies war in der Vergangenheit aufgrund der zerstörten Landebahn nur mit kleinen Frachtmaschinen möglich. Bald würde nicht nur der Handel, sondern auch der Tourismus wieder florieren. Afrikanische Fluglinien haben bereits zugesagt, Goma wieder anzufliegen. „Bald ist Goma wieder ein internationaler Flughafen", sagt Kalumba Mwana.
Dann tritt der deutsche Außenminister ans Mikrofon. „Dies ist ein glücklicher Tag, nicht nur für die Menschen in Goma und dem Ostkongo, sondern für uns alle", sagt Steinmeier auf Deutsch. In einem Land, das sechseinhalb Mal so groß ist wie die Bundesrepublik, sichere der Flughafen im Osten als Knotenpunkt die Erreichbarkeit für die UN-Mission, für humanitäre Agenturen sowie für die Politik in der weit entfernten Hauptstadt Kinshasa. Dann marschieren Steinmeier, Gouverneur Paluku und Minister Mwana auf die frisch geteerte Landebahn, um das Band durchzuschneiden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Wahlprogramm von CDU und CSU
Der Zeitgeist als Wählerklient
Keine Konsequenzen für Rechtsbruch
Vor dem Gesetz sind Vermieter gleicher
Anschlag in Magdeburg
Auto rast in eine Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Vieles deutet auf radikal-islamfeindlichen Hintergrund hin
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen