Stefan Alberti fragt sich, ob die Hitze nur wegen der Hitze nicht zum Politikum wird: Dürfen auch Beamte lieber Eis essen als arbeiten?
Was würden wir bloß ohne die Hitze machen? Viel weniger in den See springen, besser schlafen – aber vor allem weniger zu reden haben. Und zu schreiben. Denn die mediale Öffentlichkeit inklusive taz bewegt in diesen Tagen die Frage: Darf es im öffentlichen Dienst, also in Ämtern und Behörden, hitzefrei geben?
Kein Hitzefrei bei vollem Lohn
Wie so oft hilft da ein Blick ins Gesetzbuch, das in diesem Fall die „Arbeitsstätten-Verordnung in Verbindung mit den Technischen Regeln für Arbeitsstätten“ ist. Und da steht sinngemäß drin: Hitzefrei bei vollem Lohnausgleich gibt es nicht.
So fasst es jedenfalls die Senatsverwaltung für Finanzen zusammen, die in der Landesregierung für Personalfragen zuständig ist.
In der Innenverwaltung wies die zuständige Staatssekretärin einem Sprecher zufolge schon vergangene Woche per E-Mail auf Möglichkeiten hin, ab 14 Uhr Stunden abzubummeln, solange die Verwaltung arbeitsfähig bleibt. Sie hat aber auch klargemacht, sie halte ein allgemeines Nachhausegehen „nicht für sachgerecht“. Liegt die schon in manch anderem Fall gescholtene Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (Linkspartei) also falsch, wenn sie ihren Mitarbeitern anbietet, an den drei besonders heißen Tagen bis zum morgigen Donnerstag um 14 Uhr nach Hause gehen zu können, ohne dafür Überstunden abfeiern zu müssen?
Gebot der Fürsorgepflicht?
Dazu mag sich die Finanzverwaltung nicht äußern. Lompschers Pressesprecherin Petra Rohland bittet um Verständnis: Man leide in dem alten Gebäude am Fehrbelliner Platz besonders. Aus Sicht der Senatorin gebiete es die Fürsorgepflicht, ihre Leute nicht länger arbeiten zu lassen
Und außerdem sei es ja nicht so, dass alle Mitarbeiter um 14 Uhr das Haus verlassen würden, so Rohland: „Die Pressestelle können Sie auch noch um 17 Uhr anrufen.“
Schon hat Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke gepoltert, als er von der Berliner Hitzefrei-Idee hörte. Der öffentliche Dienst habe eine Vorbildfunktion, wurde er zitiert: „Was wäre, wenn jeder aufhören würde zu arbeiten bei der Hitze?“
Droht die Hitze also vom Sommerlochfüller zum die nachbarlichen Beziehungen belastenden Politikum zu werden? Im Roten Rathaus macht man nicht den Eindruck, auf Woidkes Kritik antworten zu wollen. Ist ja auch viel zu heiß.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen