Statistik zur Kriminalität in Deutschland: „Eine zunehmende Verrohung“
Laut der Kriminalitätsstatistik gibt es mehr Gewalt und mehr tatverdächtige Zuwanderer. Innenminister de Maizière warnt vor Pauschalverdacht.
Der CDU-Mann stellte am Montag in Berlin die Kriminalitätsstatistik für 2016 vor. Die Bilanz fällt ernüchternd aus. 6,37 Millionen Straftaten zählte die Polizei – ein minimaler Anstieg um 0,7 Prozent zum Vorjahr. Auch sank etwa die Zahl der Einbrüche erstmals seit Jahren um 9,5 Prozent. Die Bereitschaft zu schwerer Gewalt aber stieg merklich.
Seit 2007 war die Gewaltkriminalität rückläufig, nun wuchs sie um 6,7 Prozent auf 193.542 Fälle. Gefährliche und schwere Körperverletzungen stiegen um 9,9 Prozent auf 140.033 Taten. Totschlagsdelikte nahmen um 13 Prozent zu, Vergewaltigungen um 12,8 Prozent.
Politisch heikel: Gewachsen ist die Gruppe der „Zuwanderer“ unter den Tatverdächtigen. Von den 2.022.414 Verdächtigen stellten sie 174.438 – 52,7 Prozent mehr als im Vorjahr. Das BKA fasst unter „Zuwanderer“ Asylbewerber, Geduldete, Kontingent- und Bürgerkriegsflüchtlinge und Personen mit „unerlaubten Aufenthalt“. Anerkannte Flüchtlinge wurden ausgenommen.
Erst mal ist der Anstieg ein natürlicher: In den vergangenen zwei Jahren kamen Hunderttausende Flüchtlinge ins Land – unter ihnen viele junge Männer, die größte Risikogruppe für Kriminalität. Folgerichtig steigt auch ihr Anteil an Verbrechen. Allerdings liegen die Zuwanderer, die rund zwei Prozent der Bevölkerung ausmachen, in einigen Feldern deutlich über dem Schnitt: Bei Raubdelikten machten sei 14,3 Prozent der Verdächtigen aus, bei schweren Körperverletzungen und Vergewaltigungen je 14,9 Prozent.
Thomas de Maizière, CDU
Viele der Straftaten spielten sich in den Flüchtlingsheimen ab. Daten dazu gibt es nur aus den Ländern. In Baden-Württemberg etwa wurden zwei Drittel der Körperverletzungen von Zuwanderern in Unterkünften begangen. In Bayern waren 65 Prozent der Gewaltopfer von Flüchtlingen selbst Flüchtlinge.
Und: Intensivtäter treiben die Statistik hoch. Bundesweit waren ein Drittel der tatverdächtigen Zuwanderer Mehrfachtäter. Laut Sachsens Innenminister Markus Ulbig (CDU) sind in seinem Land ein Prozent der Zuwanderer für 40 Prozent der Straftaten dieser Gruppe verantwortlich. „Wer hier schwere Straftaten verübt, hat sein Aufenthaltsrecht verwirkt“, sagte de Maizière. Die Flüchtlinge dürften aber nicht unter Pauschalverdacht geraten. „Die allermeisten von ihnen leben friedlich mit uns.“
Höchststand bei rechtsextremen Straftaten
Auf der anderen Seite klettern auch rechtsextreme Straftaten auf einen neuen Höchststand seit dem Start der Erhebung 2001. 23.555 Taten zählte die Polizei hier, zumeist Propagandadelikte – ein Anstieg um 2,6 Prozent. Es ist die höchste Marge im Feld politischer Straftaten, links gab es 9.389 Delikte. Schaut man nur auf die Gewalttaten, liegen Rechte und Linke gleichauf: bei je rund 1.700 Delikten.
Deutlich stieg die „Ausländerkriminalität“: um 66,5 Prozent auf 3.372 Straftaten. Hier seien vor allem Konflikte zwischen Türken und Kurden ursächlich, so de Maizière. Politische Gewalt sei „inakzeptabel“. Man gehe dagegen „mit aller Härte des Rechtsstaats“ vor.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Krieg in der Ukraine
Russland droht mit „schärfsten Reaktionen“
Israel demoliert beduinisches Dorf
Das Ende von Umm al-Hiran
Angeblich zu „woke“ Videospiele
Gamer:innen gegen Gendergaga
Haldenwang über Wechsel in die Politik
„Ich habe mir nichts vorzuwerfen“
Israelis wandern nach Italien aus
Das Tal, wo Frieden wohnt