Startschuss für die Sender: Das große HDTV-Chaos
Nachdem die Sender sich in Sachen hochauflösendes Fernsehen bislang stark zurückhielten, soll es nun endlich losgehen. Das Problem: Es droht ein Empfgangsgeräte-Chaos.
Wer zur zahlenmäßig weiterhin boomenden Gruppe der Besitzer HDTV-tauglicher Flachbildschirm-Fernseher gehört, hatte es bislang in Deutschland eher matschig: Die volle Auflösung der Geräte war nur mit sehr wenigen Sendern ausnutzbar, die meisten davon kosteten Geld. Das führte zu der absurden Situation, dass das Bild etwa mit dem populären digitalen Antennenfernsehen (DVB-T) nicht selten schlechter aussah als zu Zeiten analoger Röhrengeräte - auch wegen der so genannten Klötzchenbildung bei mittelmäßigem Empfang.
Doch nun scheint endlich Erlösung zu nahen: Bis spätestens Frühjahr nächsten Jahres soll die hochauflösende Welt endlich auch bei uns in Ordnung sein. Nach ARD und ZDF und der RTL-Gruppe kündigte nun auch ProSiebenSat.1 den offiziellen HDTV-Start von ProSieben, Sat.1 und Kabel Eins an. Bis Februar 2010 sollen damit alle wichtigen Senderfamilien auch mit scharfen Bildern bereitstehen. Vorher gibt es so genannte "Showcases" - Demonstrationen, bei denen die Technik schon mal vorgeführt wird: So wird die ARD im August die Leichtathletik-WM in HD übertragen und RTL + Vox bereits im Spätsommer hochauflösend auf Sendung gehen.
Doch wie so oft haben schöne Dinge einen Haken: Wie die Verbraucherzentrale NRW warnt, droht ein Empfangsgeräte-Chaos. Der Grund: Die Privatsender wollen ihr HDTV-Angebot nicht wie bislang unverschlüsselt verbreiten, sondern ausschließlich über eine geschützte Plattform. Die nennt sich "HD+" und soll vom Satellitenbetreiber Astra im Spätherbst eingerichtet werden - mit Karten, die entweder gegen eine Einmalgebühr freigeschaltet werden oder später eventuell Jahresgebühren kosten könnten.
Dafür bedarf es allerdings spezieller Empfangsgeräte, die über eine neue Datenschnittstelle für Entschlüsselungskarten verfügen. Und genau die, CI-Plus genannt, ist laut Verbraucherzentrale NRW mit bisherigen Geräten nicht kompatibel: "Mit den HD-Sat-Receivern, die aktuell in den Geschäften stehen, werden sie keine Chance haben, auch die HD-Ausstrahlungen von RTL, Vox und zukünftig auch anderer Privatsender sehen zu können", sagt Technikexperte Rolf Dahlmann. Deshalb solle man unbedingt die Entwicklung auf dem schnelllebigen Markt abwarten. Bei den Privatsendern beschwichtigt man unterdessen: Noch sei unklar, ob man CI-Plus überhaupt benutze.
Wie es auch geräteseitig aussieht: Hinzu kommt, dass von dem Augenschmaus zunächst sowieso nur Menschen mit Satellitenempfang voll profitieren. Hochauflösendes digitales Antennenfernsehen ist bislang noch nicht geplant, während viele Kabelanbieter sich noch nicht über eine Einspeisestrategie im Klaren sind. So lange müssen Besitzer von HDTV-Fernsehern zu vorbespielten Blu-ray-Scheiben greifen, wenn sie die Auflösung ihrer Geräte endlich einmal ausnutzen wollen.
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