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Start von VfL-Trainer van BommelWolfsburgs neuer Emoji

Trainer Mark von Bommel soll dem VfL Wolfsburg Leben einhauchen. Sportlich tut er sich noch schwer, an die Leistung seines Vorgängers anzuknüpfen.

Immer am Rande der Coachingzone: Wolfsburg-Coach Mark van Bommel Foto: Swen Pförtner/dpa

Wolfsburg taz | Die Schlussphase des Heimspiels gegen den VfL Bochum war angebrochen. Mit Jérôme Roussillon kam der nächste Profi des VfL Wolfsburg von Krämpfen geplagt kaum noch von der Stelle. Was tut man als abgebrühter Fußballprofi in solch einem Moment, wenn das eigene Team führt? Schnell zu Boden sinken. Den Spielfluss unterbrechen. Zeit schinden.

Roussillon wäre auf diese Idee wohl nicht von selbst gekommen. Der entscheidende Tipp kam von der Außenlinie. Dort gibt in dieser Saison beim VfL Wolfsburg ein neuer Chefcoach den Ton an. Mark van Bommel hat eine ruhmreiche Karriere als Spieler hinter sich. In Wolfsburg versucht der Niederländer nun, auch als Trainer zu glänzen. Beim 1:0-Sieg zum Saisonstart der Bundesliga gelang das nur bedingt.

Grundsätzlich ist die Idee nicht schlecht. Nach einer starken Saison 2020/21 mit dem krönenden Einzug in die Champions League will der VfL Wolfsburg den nächsten Schritt wagen. Dem recht erfolgreichen, aber international unerfahrenen Oliver Glasner wurde ein Wechsel zu Eintracht Frankfurt gestattet.

Dem in der Bundesliga als ehemaliger Held des FC Bayern München bekannten van Bommel wurde dagegen ein roter Teppich ausgerollt. Seine Ausstrahlung und seine Vita sollen dem VfL-Team den nötigen Halt für große Taten geben. Gegen Aufsteiger Bochum hat das phasenweise geklappt. „Einige Spieler wollten das 1:0 halten. Einige wollten das 2:0 erzielen“, gestand van Bommel. Zu seinem Einstand als Trainer in der Bundesliga sind 60 gute, aber auch 30 wirre Minuten gelungen.

Trotz Überzahl nur ein Tor

Von einem Team mit hohen, europäischen Ambitionen darf man mehr erwarten. Nach einer frühen Roten Karte gegen den Bochumer Robert Tesche wegen eines Handspiels hatte der VfL Wolfsburg fast die gesamte Spielzeit in Überzahl agieren dürfen. Doch die 8.536 Zuschauer konnten lediglich einen Treffer von Torjäger Wout Weghorst bejubeln.

Dass unter der Obhut von van Bommel besserer Fußball als unter der von Glasner gespielt wird, lässt sich noch nicht bestätigen. Sämtliche Wolfsburger Testspiele gingen während der Saisonvorbereitung verloren. Der magere 3:1-Sieg in der 1. Runde des DFB-Pokals bei Viertligist Preußen Münster droht annulliert zu werden, weil van Bommel dabei versehentlich einen Spieler zu viel eingewechselt hatte.

Am Montag entscheidet das Sportgericht des Deutschen Fußball-Bundes darüber, ob van Bommel in einem von drei Wettbewerben der Saison sehr früh scheitert. Es wäre die Premiere eines Stars der Branche, deren Außenwirkung kaum peinlicher ausfallen könnte.

Interviews in Serie

Was macht von Bommel eigentlich bisher schon gut? Er zieht an der Spitze einer Mannschaft, die um Vergleich zur vergangenen Saison kaum verändert worden ist, alle Aufmerksamkeit auf sich. Rund um die Heimpremiere im Stadion am Mittellandkanal war das nicht zu übersehen: Während VfL-Geschäftsführer Jörg Schmadtke lieber hinter den Kulissen agiert, gibt van Bommel Interviews in Serie.

Die sogenannte Coaching Zone, die Fußballtrainer an der Seitenlinie eigentlich nicht verlassen sollen, war für ihn deutlich zu klein. „Manchmal weiß ich gar nicht mehr, wo ich stehe“, behauptet von Bommel in seiner neuen Rolle. Die Schiedsrichter mussten ihm im Minutentakt erklären, dass sein Arbeitsbereich als Trainer Grenzen hat. Wirklich laut wurde das allerdings nicht erklärt – vermutlich, weil van Bommel angesichts seiner Vita als Spieler eine Autoritätsperson ist.

Als Spieler unangenehm

Als Profi war van Bommel ein sehr unangenehmer, weil aggressiv spielender Zeitgenosse. Als Trainer tritt er abgesehen von seinem Bewegungsdrang an der Außenlinie eher zurückhaltend auf. „Ich muss keine Show machen“, findet der 44-Jährige. Aber insgeheim ist er für diesen Part eigentlich geholt worden. Unter der Anleitung von Glasner hatte die Mannschaft des VfL Wolfsburg funktioniert, aber Fußball nur selten zelebriert. Geschäftsführer Schmadtke mochte sich mit ihm und seiner Art nicht mehr arrangieren.

Die Wolfsburger Spieler grübeln offenbar noch, wie sie agieren sollen und was von Bommel gerne sehen möchte. „Das ist ein Reifeprozess. Das wird noch ein paar Wochen gehen“, glaubt Mittelfeldspieler Maximilian Arnold. Er gehört im Team der „Wölfe“ zu den erfahrenen Spielern und stand gegen Bochum in einer Anfangself, der kein einziger Neuzugang angehört hat. Der VfL Wolfsburg hat sich nur dezent verstärkt, weil er sich von der Aussicht auf große Taten in der Champions League nicht den Kopf verdrehen lassen will. Es wird also hauptsächlich darauf ankommen, ob van Bommel für den feinen Unterschied zwischen gut und richtig gut sorgen kann.

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