Start der dritten Liga: Schreckensvisionen der Vereine
Am Freitag startet die neue dritte Profi-Fußballliga. Viele Vereine fürchten wegen strenger Richtlinien des Deutschen Fußballbundes um ihre Existenz.
BERLIN taz Bernd Maas ist auf seiner Tastatur nur wenige Berührungen von einer besseren Welt entfernt, die Fernseheinnahmen der Fußballzweitligisten hat er nach Sekunden auf seinem Bildschirm. Fast 3,9 Millionen Euro würden von den Rechteinhabern an seinen Klub fließen, wenn dieser am Tabellenende der zweiten Liga stehen würde. Maas ist Geschäftsführer der SG Dynamo Dresden, einem der zwanzig Vereine in der neuen dritten Profiliga, die an diesem Freitag mit dem Spiel der Dresdener bei Rot-Weiß Erfurt angepfiffen wird (20.30 Uhr). Die Grundausschüttung in dieser bundesweiten Klasse liegt bei gerade mal 590.000 Euro pro Klub. "Dabei sind die Verwaltungskosten so hoch wie in der zweiten Liga", glaubt Maas.
In der vergangenen Saison überboten sich viele Klubs in den beiden Regionalligastaffeln mit Schreckenvisionen. Von einem Überlebenskampf war die Rede, einer Zweiklassengesellschaft, drohenden Pleiten. Maas beschwichtigt : "Wir werden uns nicht beschweren, es kann nicht alles auf Anhieb funktionieren. Wir wollen helfen eine Marke zu etablieren. Unseren Sparkurs müssen wir ohnehin fortsetzen, ob in der dritten, in der zweiten oder in der ersten Liga."
Dynamo Dresden verdeutlicht ein Dilemma, in dem einige Vereine stecken. Der Klub hat 6 Millionen Euro Schulden, im Frühjahr stand Dynamo kurz vor der Insolvenz, erst ein Darlehen der Stadt verhinderte den Absturz. Die Dresdner mussten ihre Finanzierung nach der Ligareform umstellen. Die Kosten für Sicherheit, Reisen, Schiedsrichter und Spielerbeobachter werden nun teilweise um das Dreifache steigen.
Helmut Sandrock, der zuständige DFB-Direktor, verbreitet trotzdem Optimismus: "Es beginnt ein neues Zeitalter." Die Fans erwartet eine Liga der Tradition. 17 Meisterschaften, 14 Pokalsiege und 2 Europapokalendspiele haben die Klubs zusammen erreicht, wie der Sportinformationsdienst notiert hat. Die Vereine gehen nur ein begrenztes Risiko ein. Die Etats sind gestiegen, aber nicht explosionsartig. Das Internetportal Transfermarkt.de schätzt die Transfergesamtausgaben aller Klubs auf 1.750.000 Euro, die Einnahmen dagegen auf 3,3 Millionen Euro. "Dieser Richtwert zeigt, dass die Klubs mit Vernunft in die Liga gehen", sagt Bernd Maas. Der DFB hat hohe Richtlinien verabschiedet. Die Stadien sollen 10.000 Plätze haben, eine Rasenheizung ist ebenso erwünscht wie ein Trainer mit Fußballlehrerlizenz und ein Leistungszentrum bis Sommer 2010.
Sportlich ist die Liga unberechenbar. "Ich kann Ihnen auf Anhieb keinen Favoriten nennen", sagt Maas. Die ersten beiden Mannschaften steigen auf, der Dritte muss in die Relegation gegen den Drittletzten der zweiten Liga. Aufgrund dieser Ausgeglichenheit erhofft sich Maas ein größeres Interesse von Sponsoren und Zuschauern. "Wir spielen jetzt bundesweit", betont Maas. "Dadurch haben wir bessere Argumente." In der kommenden Saison sollen die Fernsehgelder der Drittligisten auf 825.000 Euro steigen. Das ist immer noch wenig im Vergleich zur zweiten Liga, aber mehr als doppelt so viel wie in der einstigen Regionalliga.
Bei einem Thema verliert Bernd Maas seinen ansonsten so diplomatischen Ton: der Sicherheit. Aus dem Süden hatte er kritische Töne vernommen. "Die Zeit der beschaulichen Familienausflüge ist vorbei", hatte Bayern Münchens Sicherheitschef Alfred Ziegler mit Blick auf die Hooligans in Dresden gesagt. "Der Kollege war noch bei keinem Spiel von uns, woher nimmt er diese Weisheit?", entgegnet Maas. Brauchen die Bayern-Amateure das Geld etwa nicht? Die dritte Profiliga hat noch nicht begonnen, doch die düsteren Visionen sind längst da.
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