Start der Fällsaison: „Als Ultima Ratio die Polizei“
Der Herbst bringt Sägen: Baumschutzexperte Uwe Bahr vom BUND Berlin erklärt, was im Falle des Fällens getan werden kann.
taz: Heute beginnt wieder die sogenannte Fällperiode. Viele BerlinerInnen werden dann aufgeschreckt, wenn Trupps mit Kettensägen anrücken, um Bäume in ihrer Straße, in der Grünanlage oder in ihrem Hof zu fällen. Was können sie dann tun?
Uwe Bahr: Ja, es kommt immer wieder vor, dass Anwohner in heftige Diskussionen mit den Mitarbeitern einer Baumpflegefirma geraten. Ich empfehle, die nett zu fragen, ob sie eine Fällgenehmigung dabeihaben. Dann kann es durchaus sein, dass sie die vorzeigen.
taz: Müssen sie auf Nachfrage ihre Genehmigung vorlegen?
Bahr: Nein, müssen sie nicht, aber wenn man freundlich und ohne Vorverdächtigung fragt, werden sie das in aller Regel tun. Die wollen ja auch ihre Arbeit in Ruhe durchführen. Wenn sie nicht reagieren und Ihnen die Sache dubios vorkommt, sollten Sie beim zuständigen Amt nachfragen – das ist das Straßen- und Grünflächenamt bei Baumarbeiten im öffentlichen Bereich und das Umwelt- und Naturschutzamt, wenn es sich um ein privates Grundstück handelt.
Uwe Bahr
ist Baumschutzexperte beim BUND-Landesverband Berlin. Er berät – auch zu Fällungen – immer dienstags und donnerstags von 10 bis 11.30 Uhr unter der Telefonnummer 030 – 78 79 00 46 und ist auch unter baumschutz@bund-berlin.de zu erreichen.
taz: Und die Ämter haben eine Auskunftspflicht?
Bahr: Laut Umweltinformationsgesetz hat jeder Bürger das Recht, Umweltdaten zu erfragen. Viele Menschen scheuen sich leider, beim Amt anzurufen. Da gibt es so eine Schwellenangst, die Sorge, dass man nicht ernst genommen wird und keine vernünftige Auskunft bekommt. Aber obwohl ich das auch schon erlebt habe, ist es nicht der Normalfall.
taz: Und wenn ich das Amt nicht erreiche?
Bahr: Als ultima ratio können Sie die Polizei rufen, damit die den Sachverhalt klärt.
taz: Muss denn für jede Fällung eine Genehmigung vorliegen?
Bahr: Nein, das kommt darauf an. Genehmigungspflichtig ist erst einmal die Fällung aller Bäume, die unter die Berliner Baumschutzverordnung fallen: Das sind grundsätzlich alle Laubgehölze, von den Obstbäumen allerdings nur Walnuss und Türkischer Baumhasel. Bei den Nadelbäumen ist lediglich die Waldkiefer geschützt. Außerdem gilt die Verordnung erst ab einem Stammumfang von 80 Zentimetern in einer Höhe von 1,30 Meter. Was untermaßig ist, kann ohne Genehmigung gefällt werden – das muss man wissen, da gibt es natürlich auch oft Irritationen.
taz: Wird denn oft illegal gefällt?
Bahr: Es kommt auf jeden Fall vor, aber man muss das ja erst mal herausfinden. Wenn es niemandem auffällt, geht das einfach durch.
taz: Informieren die Bezirksämter rechtzeitig darüber, wann und wo ein Baum gefällt werden soll?
Bahr: Treptow-Köpenick ist leider der einzige Bezirk, der damit vorbildlich transparent umgeht. Die kündigen das auf ihren Internetseiten an, mit Straße, Katasternummer, Baumart und dem Grund der Fällung. Die anderen Bezirke handhaben das unterschiedlich, es gibt da auch zum Teil Fälllisten, die aber oft nicht aktuell sind.
taz: Die Fällperiode endet offiziell wieder am 1. März. Aber auch dann kommt es immer mal wieder zu Fällungen oder Schnittarbeiten, richtig?
Bahr: Das Bundesnaturschutzgesetz und die Berliner Baumschutzverordnung definieren Ausnahmen während der Vegetationsperiode. Einerseits natürlich zur Verkehrssicherung, also wenn etwa Gefahr droht, dass ein Baum umstürzt oder Äste abbrechen. Es gibt aber auch den sogenannten Fassadenrückschnitt – und der ist in der Vegetationsperiode sogar sinnvoll.
taz: Warum?
Bahr: Der Baum kann Schnittwunden dann besser heilen. Wenn er Saftstrom hat, kann er die Substanzen, die er zu Wundheilung braucht, an diese Stelle transportieren und sie etwa gegen das Eindringen von Pilzsporen abschotten. Im Herbst oder Winter wäre das viel problematischer.
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