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Stadtmagazin aus Wien in der KritikProvokantes „Mischlings-Quiz“

Lässt sich vom Aussehen auf die Staatszugehörigkeit schließen? Das will das Wiener Magazin „Das Biber" von seinen LeserInnen wissen. Nicht alle finden das gut.

Na, hätten Sie die „Mischlinge“ erkannt? Bild: Screenshot: „das Biber“

„Mischlinge. Erkennst du den Mix?“, will das Wiener Stadtmagazin Das Biber in seiner aktuellen April-Ausgabe wissen. Auf dem Cover – die Porträts von neun Menschen. Im Heft findet sich der dazugehörige Test: LeserInnen sollen raten, ob sich vom Aussehen auf eine spezifische Staatszugehörigkeit schließen lässt. „Dunkler Teint und blaue Augen, blasse Haut und dichtes, dunkles Haar – Mischlingskinder sind immer ein Hingucker“, heißt es dort.

Das „Mischlingsquiz“ hat einen heftigen Aufschrei auf Facebook und Twitter ausgelöst. „Nazidiktion am Cover“ wirft einer dem Magazin vor, „Biber goes Rassenkunde“ ein anderer, oder einfach nur: „unfassbar dumm“.

„Wer Biber ernsthaft faschistisches Gedankengut unterstellt, hat ihn nie gelesen“, kommentiert Amar Rajković, stellvertretender Chefredakteur des Magazins, die Reaktionen auf taz-Anfrage. Die Selbstbezeichnung des Magazins ist „multiethnisch“, die Redaktion besteht aus Menschen, die aus Ex-Jugoslawien, der Türkei, Bulgarien, Syrien, Österreich und auch aus Deutschland kommen. „Wir sind klar antirassistisch, wie unser ganzes Magazin auch“, positioniert sich Rajković zu den Rassismus-Vorwürfen.

„Finde den Ausländer"

Mit ihren Themen hat das Stadtmagazin aus Österreich bereits öfters Diskussionen ausgelöst. Begriffe, die negativ besetzt sind, in provozierender Weise aufzubrechen, um Stereotypen und Vorurteile zu entlarven, ist ein von ihnen gerne genutztes Stilmittel. „Finde den Ausländer“ fragten sie beispielsweise 2011 ihre LeserInnen – und zeigten Porträts verschiedener Menschen. Unter den Fotos sollten die LeserInnen die „AusländerInnen“ auswählen.

DaStandard.at, die Online-Ausgabe der österreichischen Tageszeitung Der Standard, schreibt über das neueste Cover von Das Biber: „Wenn Rassismus und Klischees satirisch auseinandergenommen werden sollen, ist etwas mehr Feingefühl gefragt. Dieses ist in der Biber-Redaktion offenbar nicht vorhanden. Das haben sie in der aktuellen Ausgabe erneut bewiesen“.

Stellvertretender Chefredakteur Rajković hingegen meint, „Der Begriff "Mischling" wird in unserem Magazin klar jeglicher pejorativen Bedeutung entzogen und positiv aufgewertet“.

„Steinigt mich"

Auf Twitter wird unterdessen weiter diskutiert, ob Das Biber das jetzt darf, trotz oder gerade wegen der „multiethnischen“ Selbstbezeichnung, oder eben nicht. „Verstehe die Aufregung um Das Biber absolut nicht. Steinigt mich.“, schreibt einer, „Ich weiß wirklich nicht, warum man immer wieder Rassen- und Ethnienstereotype aufwärmen muss“, ein anderer oder aber auch: „Das darf nur dasBiber“.

Die Diskussion um das Cover findet Rajković gut: „Das war auch eine Intention des Artikels. Über unsere Reaktion auf die Debatte werden wir im kommenden Biber berichten“. Für den haben die Twitter-KommentatorInnen auch schon einen Vorschlag: „Welcher Kopfumfang lässt sich welcher Rasse zuordnen? Quiz im Blattinneren“.

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4 Kommentare

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  • S
    Starost

    Es ist bei der geltenden Einbürgerungspraxis natürlich unmöglich, aus dem Aussehen auf die formale Staatsangehörigkeit zu schließen. Allenfalls kann man einem Menschen seine ETHNISCHE Herkunft ansehen, wenn sie nämlich exotisch genug ist. Aber das ist ja in Wirklichkeit auch gar nicht der Zweck dieses Spielchens. Vielmehr geht es darum, den Eindruck zu erwecken, als würden Menschen, die in diesem Land leben, immer noch und nur wegen ihrer Herkunft abgelehnt und es gebe nur deshalb neuerdings so viel Zulauf zu multikulti- und speziell islamkritischen Gruppierungen. Diese dumpfe Einstellung ist jedoch keineswegs konsensfähig dort. Wenn man sich auch gegen Beifall aus der falschen Ecke noch nicht zu wehren gelernt hat, so ist doch evident, dass nicht jeder Zuwanderer per se als Bereicherung angesehen wird, sondern - und damit geradezu im Gegensatz zur linken Position - NICHT nur an seiner Herkunft, sondern allein an seinem Tun und Unterlassen gemessen wird. Zu denken geben sollte, dass dabei im Ergebnis so viel Ablehnung nicht Migranten generell entgegenschlägt - wo bei PI wird der Wegzug von ethnischen Vietnamesen gefordert? - sondern bestimmte Vertreter einer bestimmten Gruppierung von Migranten stark überrepräsentiert in der Kritik stehen, und zwar keiner ethnischen Gruppierung. Aber trotzdem ein netter Versuch!

  • P
    Peter

    Vor 40 Jahren ...

    konnte man zumindest in der DDR noch Gruppen von Menschen, nicht Individuen, Orten zuordnen. Durch den Anblick auf ca. 50 km genau, durch den Dialekt auf 20 km genau. Auch heute würde ich mir zutrauen, über den Anblick großer Menschengruppen bei einem Strassenfest den Berliner Bezirk, wo dieses stattfindet, zu erkennen.

    Bestimmt hat es viel früher, durch die geringere Mobilität und die "Inzucht" sogar körperliche Merkmale gegeben, die mit hoher Wahrscheinlichkeit einer Region oder gar nur einem Ort zugeordnet werden konnten.

    Ob das nun besser oder schlechter war? Und in welchem Maße, und bezogen worauf? Keine Ahnung, aber anders ist es jetzt schon.

  • P
    PI-inkompatibel

    Wo bleiben denn hier die üblichen PI-Spinner, die sich neuerdings auf den Taz-Seiten trollen?

  • BI
    Bin ich Nazi?

    Hmm, als Schwuler finde ich Männer mit brauner Haut besonders attraktiv (also mit weißem und schwarzem Elternteil). Bin ich nun Nazi?

     

    Aber mal "Spaß" beiseite: Machen wir uns nichts vor. Denunziantenpack, ob stramm rechts oder stramm links, wird es immer geben, das wird man nicht verhindern durch Anpassung der Rede und Denke an dieses. Wir können nur dafür sorgen, dass man sie auslacht.