Stadtentwicklung in Hamburg: Geldsegen von den Mietern der Stadt
Die städtische Saga schüttet in den kommenden Jahren 350 Millionen an den Hamburger Haushalt aus. Mieterverbände und die Linke kritisieren das.
![Die Geschäftsstelle der Saga in Eimsbüttel Die Geschäftsstelle der Saga in Eimsbüttel](https://taz.de/picture/5832867/14/saga-gebaude-1.jpeg)
Nachdem die Saga in den vergangenen drei Jahren insgesamt rund 75 Millionen an den städtischen Haushalt ausgeschüttet hat, sollen es in den nächsten vier Jahren satte 350 Millionen sein – davon jeweils 25 Millionen in den Jahren 2023 und 2026 sowie jeweils 150 Millionen in den Jahren 2024 und 2025.
Dabei erhöht die Saga wie auch andere Vermieter*innen kontinuierlich die Mieten, während dringend benötigte Sanierungen auf der Strecke bleiben. Zudem werden die Mieter*innen im Zuge der Energiekrise mit deutlich steigenden Betriebskosten rechnen müssen.
Einen „Schlag ins Gesicht“ für die Mieter*innen nennt die Bürgerschaftsabgeordnete Heike Sudmann (Die Linke) die geplante Überweisung. Die Mieter*innen würden „mit den horrenden Energierechnungen allein gelassen, während die Saga genug Geld hat, um mehrere Hundert Millionen Euro an die Stadt zu zahlen“.
Summen „total willkürlich“
Rolf Bosse, Geschäftsführer des Mietervereins zu Hamburg, nennt die Summen, die die Saga künftig ausschütten soll, „total willkürlich“ und fordert, dass die Stadt der Saga ihre Gewinne lassen möge, und zwar „für die Schaffung und den Erhalt von Wohnraum und die Stabilisierung der Mieten“.
Sylvia Sonnemann, Geschäftsführerin von „Mieter helfen Mietern“ (MHM) fordert, die Gelder, wenn schon, dann „wenigstens zweckgebunden“ an den Senat zu überweisen. Denn die Zielzahlen für den sozialen Wohnungsbau seien auch deshalb nicht erreicht worden, weil die Fördermittel viel zu gering seien.
Zudem fordert Sonnemann die Saga auf, die Gewinne zu nutzen, um „nicht die vollen Mieterhöhungmöglichkeiten auszuschöpfen“ und die zu erwartenden Schwierigkeiten der Mieter*innen abzufedern. Das betreffe vor allem Personen, „die knapp über Hartz IV liegen, denen die Nebenkosten nicht vom Amt gezahlt werden“.
Rolf Bosse führt die hohen Gewinne darauf zurück, dass „die Mieten die, die Saga aufruft deutlich über dem liegen, wie sie sein müssten“. Das bestätigt auch Sylvia Sonnemann: „Die Mieterhöhungen finden trotz Krise ganz regelmäßig statt“, berichtet sie, und zwar „turnusgemäß alle 15 Monate“.
Die Finanzbehörde entgegnet, dass es sich bei den Ausschüttungen nicht um Gewinne aus der laufenden Geschäftstätigkeit der Saga handele: „Die einmalig erhöhten Ausschüttungen von 150 Millionen Euro für 2023 und 2024 ergeben sich aus Sondereffekten insbesondere im Zuge der Saga-GWG-Verschmelzung“, sagt der Pressesprecher der Finanzbehörde, Claas Ricker.
Bei den Geldern handele es sich dementsprechend „insbesondere nicht um Erträge aus Mieten“. Für den Kauf des Schwesterunternehmens GWG musste die Saga in den Jahren davor hohe Summen an den Senat überweisen.
Derweil gibt es aus Sicht der Mietervereine und der Linken in den rund 137.000 Wohnungen der Saga deutlichen Sanierungsbedarf. So hat laut der Linken-Politikerin Sudmann in einem 14-stöckigen Mietshaus der Saga seit Mai das Licht im Treppenhaus Tag und Nacht gebrannt. Das Problem sei erst nach fünf Monaten behoben worden.
Außerdem kritisiert die Linken-Politikerin, dass in der Lenzsiedlung im Bezirk Eimsbütttel die Wasserleitungen seit Jahren marode seien und nicht ausgetauscht würden. Rolf Bosse sagt hierzu: „30 Prozent der Saga-Wohnungen befinden sich in einem unsanierten, schlechten energetischen Zustand.“ Er ergänzt: „Da muss was getan werden.“
Die Saga widerspricht und weist darauf hin, dass sie im Jahr 2021 rund 530 Millionen Euro in die „Pflege und Entwicklung ihrer Bestände sowie die Schaffung neuen Wohnraums“ investiert habe und sich damit im Branchenvergleich auf hohem Niveau befinde.
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