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Stadionkatastrophe in WestafrikaDutzende Tote bei Fußballturnier in Guinea

Zu Ehren des Militärdiktators Mamadi Doumbouya wurde in Guinea ein Fußballturnier veranstaltet. Es endete mit 56 Toten.

Menschen in Nzerekore, Guinea, flüchten aus dem Stadion, im dem sich eine Katastrophe ereignet hat Foto: reuters

Die reguläre Spielzeit war fast vorbei, zwischen den Fußballvereinen Nzérékoré und Labé stand es 0:0. Die Stimmung war aufgeheizt am Samstag im Stadion von Nzérékoré, Hauptstadt der Waldregion in Guinea, eines der ärmsten Länder der Welt. Die Gäste in Rot, im Spiel klar dominant, fühlten sich immer wieder unfair behandelt, und als kurz vor Schluss ein Elfmeter für die Gastgeber in Blau gegeben wurde, eskalierte die Situation: Die Labé-Spieler wollten nicht weitermachen, die Partie wurde unterbrochen, Steine flogen, Sicherheitskräfte feuerten Tränengas in die Menge, es fielen Schüsse.

Am Ende stolpert der Videoreporter des lokalen Senders Lola 24 TV durch Staub im Sonnenuntergang und herumirrende Menschen. Ein Politikerwagen bahnt sich mit lautem Gehupe unsanft den Weg Richtung Ausfahrt. Manche Leute pressen sich Tücher gegen das Tränengas ans Gesicht, andere liegen verwundet am Boden. Als der Reporter das mittlerweile geöffnete Tor erreicht, erschließt sich ihm erst das komplette Drama: lauter Leichen im Sand, entsetzte Menschen drumherum. „Die hier atmet noch“, ruft einer, „nein, doch nicht“, folgt darauf, das Video bricht ab.

In Guinea reagiert seit 2021 wieder das Militär, und erneut wird ein Stadion zum Schicksalsort.

56 Menschen starben nach amtlichen Angaben am Samstag im Stadion von Nzérékoré, manche Berichte sprechen von 100. Es ist das größte Drama in einem Stadion in Guinea seit dem 28. September 2009, als im größten Stadion des Landes eine friedliche Großkundgebung gegen die damalige Militärherrschaft zusammengeschossen und mindestens 158 Menschen getötet wurden; das Massaker wurde erst jetzt vor Gericht aufgearbeitet.

Sport ist Politik

In Guinea reagiert seit 2021 wieder das Militär, und erneut wird ein Stadion zum Schicksalsort. Militärmachthaber Mamadi Doumbouya, der vor drei Jahren die gewählte Regierung des Landes stürzte, möchte sich irgendwann zum Präsidenten wählen lassen, und um zu zeigen, wie geeint das Land hinter ihm steht, hat er ein landesweites „Fußballturnier für Einheit und Neugründung“ ausgerufen. Das Spiel Nzérékoré gegen Labé wurde als Endspiel dieses Turniers dargestellt. Die beiden Städte sind sich spinnefeind, und aufgeheizte junge Fußballfans beider zusammenzubringen, ist möglicherweise nicht geeignet, um nationale Einheit zu demonstrieren.

Die Videoaufnahme des gesamten Spiels, die vor dem Ende abbricht, zeigt darüber hinaus katastrophale Bedingungen. Es gibt keinen Rasen, nur Sand. Zuschauer stehen dicht am Spielfeldrand. Die kleine Betontribüne verschwindet unter einer viel zu dichten Menschenmenge. Das Spiel besteht hauptsächlich aus Unterbrechungen, denn es gibt nur einen einzigen Ball und wenn er im Aus landet, dauert es ziemlich lange, bis er zurückkehrt. Der TV-Reporter darf seinen Platz nahe der Mittellinie nicht verlassen, also sieht man keine Torszenen, dafür öfter das Hinterteil eines Spielers in Großaufnahme oder auch Soldaten oder Polizisten mit Gewehr, die durch das Bild schlendern. „Bitte hört mit den Steinwürfen auf“, ruft kurz nach Anpfiff der zweiten Halbzeit der Stadionsprecher, als eine Szene um einen Eckball eskaliert. Bei der zweiten Roten Karte gegen Labé protestieren nicht nur die Spieler in Rot, es gesellen sich auch Polizisten mit Waffen dazu, der Bürgermeister von Nzérékoré und Guineas Sportminister.

Sport ist Politik, besonders bei diesem Turnier. Kein Wunder, dass Guineas politische Opposition – sie verlangt ein Ende der Militärherrschaft noch dieses Jahr – nun die Militärregierung für das Drama von Nzérékoré verantwortlich macht.

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