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Staatsstreich in Guinea-BissauEin Putsch mit Fragezeichen

Dominic Johnson

Kommentar von

Dominic Johnson

Ein Putsch ist in Afrika keine Seltenheit, aber ob es in Guinea-Bissau einer war, ist zweifelhaft. Er sieht sehr nach „Operation Machterhalt“ aus.

Der Übergangspräsident von Guinea-Bissau: General der Armee Horta N'Tam, am 27. November 2025 Foto: Patrick Meinhardt/afp

P utsche in Westafrika sind schon Routine. Nun erwischt es also Guinea-Bissau, und doch fällt der Staatsstreich an der tropischen Atlantikküste aus dem Rahmen. In einem klassischen Putsch gibt nicht der weggeputschte Machthaber als erstes seinen Sturz bekannt und wird auch nicht durch seinen eigenen treuen Stabschef ersetzt. Dieser Staatsstreich riecht nach einer Operation Machterhalt.

Denn am vergangenen Sonntag fanden Wahlen in Guinea-Bissau statt, und an diesem Donnerstag hätten die Ergebnisse verkündet werden sollen. Es sah nach einer Wahlniederlage für Präsident Embaló aus. Überträgt der Brigadegeneral der Reserve nun lieber seinen Freunden in Uniform die Macht, damit nicht die Opposition um die ehemalige Staatspartei PAIGC in den Genuss eines Wahlsieges kommt?

Man wird es wohl nie erfahren, denn die Wahlergebnisse sind ausgesetzt. Aber der neue Übergangspräsident General Horta N'Tam ist der bisherige Stabschef des Präsidenten und krumme Methoden wären Embaló nicht fremd. Als die Opposition 2023 Parlamentswahlen gewann, löste er das frischgewählte Parlament einfach ersatzlos auf. Seine Amtszeit ist schon lange abgelaufen, aber das kümmerte die Generäle nicht – erst der drohende Machtwechsel an der Wahlurne ließ sie aktiv werden.

Guinea-Bissau hat eine besondere Stellung in Westafrika. Die kleine, ehemals portugiesische Kolonie musste vor fünfzig Jahren als einziges Land der Region seine Freiheit mit der Waffe erkämpfen. Die sozialistische Einparteienherrschaft der einstigen Befreiungsbewegung PAIGC ist längst Geschichte, aber an ihre Stelle ist bloß ein „failed state“ getreten, in dem der Staat zur Beute der Generäle geworden ist.

Sie überlassen das Land entweder der Drogenmafia als Transitstation für den Kokainschmuggel zwischen Südamerika und Europa oder greifen internationale Hilfe zum Kampf gegen den Drogenschmuggel ab, gerne auch beides parallel oder abwechselnd. Das funktioniert am besten, solange alle Macht aus den Gewehrläufen kommt, nicht vom Volk. Kein Wunder, dass die Generäle in Wahlen eine Gefahr sehen.

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Dominic Johnson
Ressortleiter Ausland
Seit 2011 Co-Leiter des taz-Auslandsressorts und seit 1990 Afrikaredakteur der taz.
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