Staatsführung in Frankreich: Affären über Affären

Der Fall von Präsident Macrons Ex-Mitarbeiter Alexandre Benalla zieht immer weitere Kreise. Er soll unter Eid falsch ausgesagt haben.

Der ehemalige Mitarbeiter des Präsidenten Alexandre Benalla

Affären über Affären: Alexandre Benalla, der ehemalige Mitarbeiter des französischen Präsidenten Foto: ap

PARIS taz | Der Fall Benalla wird in Frankreich definitiv zu einer Staatsaffäre. Der Senatsausschuss beschuldigt Alexandre Benalla, den ehemaligen Mitarbeiter des Staatspräsidenten Emmanuel Macron für Sicherheit, unter Eid falsche Aussagen gemacht zu haben.

Benalla ist nicht der einzige, der sich wegen Meineids“ verantworten soll. Auch der mit ihm befreundete Vincent Crase, der bis zu seiner Entlassung bei der Präsidentenpartei „La République en marche“ (LREM) als Sicherheitsverantwortlicher angestellt war, muss bei einer Verurteilung wegen Lügen oder vorsätzlichen Unterlassungen vor der Senatskommission mit einer Höchststrafe von fünf Jahren Gefängnis und 75.000 Euro rechnen.

Zugleich aber erheben die Parlamentarier schwere Vorwürfe hinsichtlich einer leichtfertigen Organisation der Sicherheit und der Rekrutierung von Mitarbeitern im Elysée-Präsidentenpalast. Die scharfen Mahnungen klingen wie eine direkte Kritik am Staatschef Emmanuel Macron.

Ein „Bigbang“ meint dazu die Zeitung Libération. Entsprechend gereizt reagierte Regierungssprecher Benjamin Griveaux, noch bevor er die Schlussfolgerungen aus dem Senat gelesen hatte: Der Bericht der Senatskommission sei „voller Unwahrheiten“, die die Staatspräsidentschaft widerlegen werde.

Junges Paar misshandelt

Seit Wochen und Monaten belastet die Affäre Benalla und Crase die Präsidentschaft. Begonnen hatte alles am Rande der 1. Mai-Kundgebung auf dem Pariser Platz Contrescarpe, wo Benalla und Crase wie Polizisten ausgerüstet ein junges Paar misshandelt hatten.

Dann kamen mehrere pikante Details heraus: Benalla und Crase besaßen illegal Waffen und trugen diese im Dienst bei sich. Zudem unterhielten die beiden lukrative Geschäftsbeziehungen zu zwei russischen Oligarchen. Last but not least: Benalla unternahm auch nach seiner Entlassung mit Diplomatenpässen Geschäftsreisen nach Afrika und traf dabei auch Minister und Staatschefs.

Seit Wochenbeginn sitzen Benalla und Crase in Untersuchungshaft. Denn in einem abgehörten und von dem Onlinemagazin „Mediapart“ der Öffentlichkeit zugänglich gemachten Gespräch, das Ende Juli stattgefunden haben soll, erörtern die beiden unter anderem, wie sie Belastungsmaterial beseitigen könnten.

Die Senatskommission, die den früheren Mitarbeiter des Elysée-Palasts sowie andere Präsidentenberater, hohe Polizeibeamte und Regierungsmitglieder befragt hat, hat nun ihren Bericht publiziert und ihn zur strafrechtlichen Auswertung an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet.

Viel Arbeit für die Justiz

Für den Vorsitzenden der Kommission, Senator Philippe Bas, kommz auf die Justiz, die bereits fünf Ermittlungsverfahren eingeleitet hat, viel Arbeit zu: „Es gibt nicht eine einzige Benalla-Affäre. Es gibt die Affäre mit dem Platz Contrescarpe, es gibt die Affäre mit den Diplomatenpässen, eine Affäre wegen Waffenbesitzes, eine Affäre wegen russischer Verträge…“

Der Staatsführung im Elysée wirft der Senatsausschuss deswegen „mangelnde Vorsicht“ bei der Wahl eines Mitarbeiters im engsten Umkreises des Präsidenten vor. Dass ein Sicherheitsverantwortlicher gegen so viele Regeln verstoßen konnte und mutmaßlich finanziell an privaten Sicherheitsverträgen mit russischen Oligarchen beteiligt war, ist in dieser Hinsicht besonders gravierend.

Dann stellen Senatoren die fast perfide klingende Frage, wie es überhaupt kommen konnte, dass ein so junger und (anfänglich) unbedeutender Mitarbeiter „außerhalb jeglicher Hierarchie einen so wichtigen Platz“ an der Seite von Emmanuel Macron einnehmen konnte.

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