Staatsanwaltschaft Berlin ermittelt: SPDler unter Crystal-Meth-Verdacht
Der SPD-Innenexperte Hartmann ist überraschend nach Drogenvorwürfen zurückgetreten. Der Bundestag hat die Immunität des Abgeordneten bereits aufgehoben.
BERLIN afp/dpa | Der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Michael Hartmann, ist nach Drogenvorwürfen von seinem Amt zurückgetreten. Grund für den Rücktritt von dem Sprecherposten sei, dass die Staatsanwaltschaft Berlin Ermittlungen gegen den Abgeordneten aufgenommen habe, teilte SPD-Parlamentsgeschäftsführerin Christine Lambrecht am Mittwoch mit.
Nach Informationen der Bild-Zeitung stehen die Ermittlungen im Zusammenhang mit der Modedroge Crystal Meth. Nach Lambrechts Angaben beantragte die Staatsanwaltschaft beim Bundestag die Aufhebung von Hartmanns Immunität, um gegen den Abgeordneten ermitteln zu können. Diesem Antrag sei am Mittwoch stattgegeben worden.
Die Staatsanwaltschaft bestätigte auf Nachfrage, dass Räume des bisherigen innenpolitischen Sprechers der SPD-Bundestagsfraktion durchsucht wurden. „Es geht um den Verdacht eines Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz“, sagte Sprecher Martin Steltner der Deutschen Presse-Agentur. Nach dpa-Informationen geriet Hartmann bei Ermittlungen gegen Drogenhändler ins Visier der Behörden.
„Die SPD-Bundestagsfraktion unterstützt die Arbeit der Staatsanwaltschaft“, erklärte Lambrecht. „Die Vorwürfe müssen schnell und umfassend aufgeklärt werden.“ Mit Verweis auf die laufenden Ermittlungen wollte die SPD-Fraktion die Angelegenheit nicht weiter kommentieren.
Wie die Bild berichtete, steht Hartmann unter dem Verdacht des Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz. Am Dienstag sei ein richterlicher Beschluss ergangen, die Wohnung des SPD-Politikers zu untersuchen.
Der 51 Jahre alte ledige Rheinland-Pfälzer Hartmann sitzt seit 2002 im Bundestag, er ist auch Mitglied im parlamentarischen Gremium zur Kontrolle der Geheimdienste.
Ausgerechnet am Tag des Edathy-Untersuchungsausschusses
Hartmann selbst war zunächst für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Er ist der zweite SPD-Bundestagsabgeordnete, bei dem ein Antrag auf Aufhebung der Immunität in der laufenden Legislaturperiode gestellt wurde. Ausgerechnet am Tag der Durchsuchung bei Hartmann wurde der Edathy-Untersuchungsausschuss eingesetzt.
Der SPD-Abgeordnete Sebastian Edathy hatte im Februar sein Bundestagsmandat niedergelegt. Die Staatsanwaltschaft Hannover ermittelt gegen den SPD-Politiker wegen Verdachts auf Erwerb und Besitz von Kinderpornografie.
Der Ausschuss soll unter anderem die Rolle des Bundeskriminalamts und der Frage nachgehen, ob Edathy vorab vor den Ermittlungen gewarnt wurde. Der Fall hatte die schwarz-rote Koalition in eine Krise gestürzt. Der frühere Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) war wegen der Affäre im Februar von seinem Amt als Agrarminister zurückgetreten. Er hatte Monate zuvor als Innenminister Informationen über die Vorwürfe gegen Edathy an die SPD-Spitze weitergegeben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Entlassene grüne Ministerin Nonnemacher
„Die Eskalation zeichnete sich ab“
Sicherheitsleck in der JVA Burg
Sensibler Lageplan kursierte unter Gefangenen