piwik no script img

Staatsanwaltschaft Berlin ermitteltSPDler unter Crystal-Meth-Verdacht

Der SPD-Innenexperte Hartmann ist überraschend nach Drogenvorwürfen zurückgetreten. Der Bundestag hat die Immunität des Abgeordneten bereits aufgehoben.

Der SPD-Bundestagsabgeordnete Michael Hartmann (Archivbild vom 12. Mai 2011). Bild: dpa

BERLIN afp/dpa | Der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Michael Hartmann, ist nach Drogenvorwürfen von seinem Amt zurückgetreten. Grund für den Rücktritt von dem Sprecherposten sei, dass die Staatsanwaltschaft Berlin Ermittlungen gegen den Abgeordneten aufgenommen habe, teilte SPD-Parlamentsgeschäftsführerin Christine Lambrecht am Mittwoch mit.

Nach Informationen der Bild-Zeitung stehen die Ermittlungen im Zusammenhang mit der Modedroge Crystal Meth. Nach Lambrechts Angaben beantragte die Staatsanwaltschaft beim Bundestag die Aufhebung von Hartmanns Immunität, um gegen den Abgeordneten ermitteln zu können. Diesem Antrag sei am Mittwoch stattgegeben worden.

Die Staatsanwaltschaft bestätigte auf Nachfrage, dass Räume des bisherigen innenpolitischen Sprechers der SPD-Bundestagsfraktion durchsucht wurden. „Es geht um den Verdacht eines Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz“, sagte Sprecher Martin Steltner der Deutschen Presse-Agentur. Nach dpa-Informationen geriet Hartmann bei Ermittlungen gegen Drogenhändler ins Visier der Behörden.

„Die SPD-Bundestagsfraktion unterstützt die Arbeit der Staatsanwaltschaft“, erklärte Lambrecht. „Die Vorwürfe müssen schnell und umfassend aufgeklärt werden.“ Mit Verweis auf die laufenden Ermittlungen wollte die SPD-Fraktion die Angelegenheit nicht weiter kommentieren.

Wie die Bild berichtete, steht Hartmann unter dem Verdacht des Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz. Am Dienstag sei ein richterlicher Beschluss ergangen, die Wohnung des SPD-Politikers zu untersuchen.

Der 51 Jahre alte ledige Rheinland-Pfälzer Hartmann sitzt seit 2002 im Bundestag, er ist auch Mitglied im parlamentarischen Gremium zur Kontrolle der Geheimdienste.

Ausgerechnet am Tag des Edathy-Untersuchungsausschusses

Hartmann selbst war zunächst für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Er ist der zweite SPD-Bundestagsabgeordnete, bei dem ein Antrag auf Aufhebung der Immunität in der laufenden Legislaturperiode gestellt wurde. Ausgerechnet am Tag der Durchsuchung bei Hartmann wurde der Edathy-Untersuchungsausschuss eingesetzt.

Der SPD-Abgeordnete Sebastian Edathy hatte im Februar sein Bundestagsmandat niedergelegt. Die Staatsanwaltschaft Hannover ermittelt gegen den SPD-Politiker wegen Verdachts auf Erwerb und Besitz von Kinderpornografie.

Der Ausschuss soll unter anderem die Rolle des Bundeskriminalamts und der Frage nachgehen, ob Edathy vorab vor den Ermittlungen gewarnt wurde. Der Fall hatte die schwarz-rote Koalition in eine Krise gestürzt. Der frühere Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) war wegen der Affäre im Februar von seinem Amt als Agrarminister zurückgetreten. Er hatte Monate zuvor als Innenminister Informationen über die Vorwürfe gegen Edathy an die SPD-Spitze weitergegeben.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

13 Kommentare

 / 
  • 9G
    90191 (Profil gelöscht)

    Was sich hinter einem seriösen Anzug und korrekten Haarschnitt doch für Abgründe auftun können, heieieieiei. Kinderpornos, illegale Drogen, Urkundenfälschung, Schmuggel, Schwarzarbeit, hmhm. Die Merkel-Regierungsmannschaft läßt´s ja ganz schön krachen. Da kann manche schmuddelige Rockergang nicht mithalten. Da will man gar nicht wissen, was sich erst im Hosenanzug alles verbirgt.

  • Ein weiteres Argument, dass die Erhöhung der Abgeordnetendiäten dringend angezeigt ist.

     

    Jetzt können sich die Abgeordneten noch nicht einmal mehr eine richtige Nase Koks leisten, sondern sind aufgrund der prekären Lebensumstände eines gebeutelten Abgeordneten auf arme-Leute-Drogen angewiesen.

     

    Wann tut die SPD endlich mal was um einen Mindestkonsum anständiger Drogen auch für eine breite Mehrheit der Abgeordneten sicher zu stellen?

     

    Wenn sich von den 100% Volksverarscher nur noch die 1% in der Regierung ihre Lügen schön rauchen können, sind das Missstände, die unsere Republik zerstören können.

     

    Auch die Opposition hat das Recht so high zu sein, wie die Regierungsfraktion.

     

    Bedingungslose Drogeneingabe im Regierungsviertel!

    Gegen Marktverzerrungen im Drogenhandel!

    • 9G
      90191 (Profil gelöscht)
      @Lorenz Meyer:

      Warum schnüffeln die nicht einfach Klebstoff? Das ist ja quasi legal.

  • (...) Wer mit offenen Augen durch die Welt geht, kann das schon länger Beobachten, und nebenbei gesagt, gerade auch der Bereich der Medien dürfte da keine Ausnahme bilden.

    Eines steht fest, auch durch Kriminalisieren, Verteufeln, Verurteilen solcher Menschen wird sich daran nichts ändern, hat es noch nie. Was es aber immer hat, es kostete schon immer viel Geld, hilft aber eben keinem. Man könnte auch sagen, so zäumt man das Pferd von hinten auf. Warum aber dann all die teuren polizeilichen Repressalien? Wem hat er denn geschadet? Er hat sich, seinem Körper einen Schaden zugefügt, und dass wahrscheinlich, um das Arbeitspensum im Interesse und zugunsten seiner Partei zu bewältigen. Hier liegt für mich die ganze Tragik dieser Leute, von denen, diejenigen die davon profitierten, von denen bekommen diese Leute dann oft noch einen Arschtritt.

    Und liebe TAZ, der Hinweis auf den Edathy-Untersuchungsausschuss in diesem Artikel ist in meinen Augen ein weiterer unwürdiger Tritt.

  • Symptome einer perversen, auf Konsumterror aufbauender "Leistungsgesellschaft"! Pervers passt deshalb so gut, da Crystal-Meth schon in der Wehrmacht als "kriegswichtig" eingestuft, und von den Berliner Temmler Werken produziert, unter dem Namen "Pervitin" bekannt wurde. (So erklären sich natürlich auch Teile der sogenannten"Blitzkriegsführung".) Doch schon damals waren den Militärärzten auch die negativen Begleitumstände bekannt, doch im Krieg und der heutigen Arbeitswelt zählt eben nur der "Auftrag". Das ist alles nichts Neues und zieht sich mittlerweile quer durch alle Gesellschaftsschichten, und nicht alle werden gleich zu den Crystal-Opfern wie sie viele Leute von den Straßen kennen. Noch in den 50-igern war es, als Mittelchen gegen Hausfrauendepression, in Pralinen zu finden.

    Angefangen von Messebauern, Köchen, Soldaten, Rechtsanwälten, bis hin zu Polizisten, Ärzten, aber eben auch Politikern wird die leistungssteigernde Wirkung genutzt, um eben mithilfe dieser Wirkung auch mal 12-14 Stunden "durchziehen" zu können und "Leistung" zu bringen. Würde man bei der Bundeswehr, nach 30 Kilometermärschen bzw. Durchschlageübungen, einmal entsprechende Blutuntersuchung vornehmen lassen, gerade an der tschechischen Grenze zu Bayern, würden die Ergebnisse sicherlich als "VS - Nur für den Dienstgebrauch" klassifiziert. (...)

  • Edathy, Hartmann, yeah, unsere Vorzeigevorbilder - und ihre Winkeladvokaten *würg*!

  • Dass die SPD erklärt, die Staasanwaltschaft unterstützen zu wollen, überrascht mich nicht, normal wäre doch wohl, dass sie ihrem Mitglied Rechtsschutz gewährte - sie hat nach Edathy also auch Hartmann fallen lassen und macht es leichter, unliebsame Personen wegzukicken. In Zeiten der NSA gewinnt die Immunität der Abgeordneten, wohlgemerkt nur dieser, eine neue Dringlichkeit, wird aber systematisch eingeschränkt.

  • Als die ersten Meldungen heute kamen, habe ich mir nochmal diese Doku angeschaut: http://dokumonster.de/sehen/8591-die-gefaehrlichste-droge-der-welt-crystal-meth-hd-doku/ Wenn die Vorwürfe wahr sind, wünsche ich Herrn Hartmann viel erfolg schnell von der Droge weg zu kommen.

  • Wenn er das Zeug selbst genommen haben sollte, braucht es keiner weiteren Bestrafung.

    • @Rainer B.:

      Augenscheinlich hat er es wohl eher an einige Mitglieder des Bundestages und der Bundesregierung verkauft.

      • @Age Krüger:

        Das würde zwar manches erklären, aber gibt's auch Beweise dafür?

    • @Rainer B.:

      Rainer, Du hast Recht. Das Zeug ist krass.

  • Crystal-Meth macht innerhalb kürzester Zeit süchtig.

    Vielleicht hat er ja noch Glück gehabt, das es rechtzeitig raus kam.

    Hat ihm wohl das Leben gerettet.