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Staatlicher Ölkonzern RosneftRussland erwägt Teilprivatisierung

Der rapide Ölpreisverfall hat den russischen Staatshaushalt stark belastet. Um Druck rauszunehmen, will der Kreml nun Teile von Rosneft verkaufen.

Ein hartes Geschäft: Ölförderung durch den Staatskonzern Rosneft (Archivbild von 2007). Foto: dpa

MOSKAU dpa/rtr | Russland erwägt als Reaktion auf den rapiden Ölpreisverfall eine Teilprivatisierung des Rohstoffkonzerns Rosneft. Es gehe um ein Paket von 19,5 Prozent, sagte Finanzminister Anton Siluanow am Samstag im Staatsfernsehen. Diese Anteile seien bereits vor einigen Jahren dafür im Gespräch gewesen. Derzeit hält die Regierung Rosneft zufolge rund 70 Prozent an dem Ölkonzern.

Der stetige Ölpreisverfall in den vergangenen anderthalb Jahren setzt den russischen Staatshaushalt immer stärker unter Druck. Laut Experten hängt der Etat der Rohstoffmacht etwa zur Hälfte von den Einnahmen aus dem Handel mit Öl und Gas ab. Der Haushalt für 2016 basiert auf einem angenommenen Ölpreis von 50 US-Dollar je Barrel (159 Liter). Zuletzt kostete ein Barrel der Nordsee-Sorte Brent jedoch weniger als 30 Dollar.

Auch die Rückkehr des Iran auf den Weltmarkt nach dem Ende der Wirtschaftssanktionen könnte die verfügbare Ölmenge weiter steigern und die Preise weiter drücken.

Durch den Ölpreisrutsch droht in Russland eine Haushaltslücke von umgerechnet 36 Milliarden Euro. Diese Schätzung nannte Finanzminister Anton Siluanow am Samstag in einem Fernsehinterview für den Fall, dass der Ölpreis auf dem aktuellen Niveau verharrt und sich nicht wieder erholt. Seinen Worten zufolge könnte sich die Regierung in Moskau dann auch gezwungen sehen, auf ihre Rücklagen zurückzugreifen. Um das Defizit auszugleichen, sei es möglich, den staatlichen Vermögensfonds NWF anzuzapfen.

Russland hatte in den vergangenen Jahren immer wieder Privatisierungen angekündigt, um sich bei Engpässen Geld zu beschaffen – so auch in der schweren Finanzkrise 2009. Siluanow sagte, auch Anteile anderer Staatsunternehmen – zum Beispiel Banken – könnten künftig verkauft werden, um Haushaltslücken zu stopfen.

Auch die Landeswährung Rubel hat seit Beginn des drastischen Rückgangs der Ölpreise massiv an Außenwert verloren, zum Dollar beträgt das Minus mehr als 50 Prozent. Siluanow sagte, da der Ölpreis nicht mehr so stark fallen dürfte wie bisher, werde auch der Rubel nicht erneut in dem Ausmaß nachgeben.

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11 Kommentare

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  • 8G
    86548 (Profil gelöscht)

    Kaum ein vernünftig denkender Mensch wird in der aktuellen Situation in russische Unternehmen investieren. Das politische Risiko ist einfach viel zu hoch und Putin ist unkalkulierbar. Wahrscheinlich verstaatlicht er die Unternehmen nach einem Jahr wieder und dann ist das schöne Geld weg. Andererseits: Das geschieht den Kapitalisten doch Recht.

  • Sollte Russland als e i n Staatswesen zusammenbrechen u/o zu einzelnen Teilen auseinanderbrechen , dann spätestens wird die EU erkennen müssen , wie idiotisch ihre Anti-Russland und Sanktionspolitik gewesen ist . Mit Folgen , die man sich vor der bereits jetzt schon gegebenen WeltUNordnung noch nicht vorstellen mag .

    Die USA , top trouble shooter , sehen das wohl anders : ein riesiges Land zur Ausplünderung für amerikanische Konzerne freigegeben ! Alles abgesichert unter dem weltumspannenden Schirm von Stationen mit "mini-nukes"-bestückten Lenkwaffen .

    • @APOKALYPTIKER:

      Russland zerfällt an der eigener Dummheit und Gier korrupter Politiker, denen nur der Profit vor Augen lag. Jetzt wo der Zug abgefahren ist, ist sowieso der andere schuld

    • @APOKALYPTIKER:

      Russland geht nicht an den Mini-Saktiönchen kaputt, sondern an der Wirtschaftspolitik und Korruption der "Elite".

       

      Stellen Sie sich vor, wieviel Geld Russland vor ein paar Jahren hätte erwirtschaften können, wenn damals ein kleiner Teil von Rosneft privatisiert worden wäre. Und welche, im Vergleich dazu, lächerliche Summe werden die jetzt bekommen?

       

      Mit dem Verkaufserlös hätte man eine Wirtschaft außerhalb der Rohölwirtschaft aufbauen können, die dringend notwendig wäre.

      • @Martin74:

        Ihre und die von TENEDOR geäußerten Meinungen sind anscheinend von keiner Kenntnis wirtschaftlicher Zusammenhänge geprägt . Russland hatte nach dem Ende der Sowjetunion und hat erst recht heute nicht mehr die Möglichkeit , in Konkurrenz zu den hochindustrialisierten kapitalistischen Zentralstaaten komplette weltmarktfähige Industrien aufzubauen . Es ist ja nicht der Sturz der Rohstoffpreise allein . Der Westen selbst geht wegen "Überproduktion" , Deflationsgefahr , Währungs(dauer)krise etc auf dem Schlauch : er würde jegliche freie , noch vorhandene Kaufkraft in der Welt aufsaugen , auch durch Verkäufe weit unter Preis .

        • @APOKALYPTIKER:

          Frankreich, Deutschland, Italien, Südkorea, Japan, China und einige mehr waren nach dem Krieg bettelarm und heruntergekommen. Die haben es auch geschafft. Ich bin der festen Überzeugung dass bei einer fähigen Regierung ein jeder Staat das Potential der Bevölkerung aktivieren kann. (So wie dies momentan in Polen funktioniert) Nur würde dies eben auch einen gewissen Kontrollverlust bedeuten, wahrscheinlich ist dies eben in Russland unerwünscht

          • @Simon Rieper:

            Nach Weltkrieg II hatte der Kapitalismus noch sein "Wirtschaftswunder" vor sich , was aber nicht lange vorgehalten hat . Ab Ende der siebziger hat das System der kapitalistischen Warenproduktion sich zunehmend mittels Verschuldung und fiktiver Liquidität (Blasenökonomie) über Wasser halten können (müssen) . Das funktioniert erkennbar ab 2008/9 nicht mehr so , und zwar auf Dauer . Ihren Hinweis auf Polen und "Potential der Bevölkerung aktivieren" halte ich hinsichtlich der Tatsache und Gründe für die Dauerkrise in der Weltwirtschaft für abwegig , soweit Sie solches als Rezept für Russland ansehen .

            • 8G
              86548 (Profil gelöscht)
              @APOKALYPTIKER:

              Also bisher lief das mit dem Kapitalismus in Deutschland doch ganz gut. Wenn ich den Lebensstandard meiner Großeltern mit dem meiner Eltern und deren Lebensstandard mit meinem vergleiche, dann geht es den meisten Deutschen ziemlich gut. Selbst ein Hartz IV Empfänger lebt heute besser als meine Großeltern.

        • @APOKALYPTIKER:

          Putinland hat aus Selbstüberschätzung einen Handelskrieg und dann einen Krieg vom Zaun gebrochen. Ich möchte daran erinnern das ein halbes Jahr bevor die Putinissöldner die Ukrainische Krim überfallen haben, es schon einseitige Sanktionen gegen die Europäische Agrarprodukte gab.