Staatliche Kaufanreize für E-Autos: Gabriel ist dafür, Schäuble dagegen
Die Bundesregierung will bis März entscheiden, ob sie Käufern eines E-Fahrzeugs eine Prämie zahlt. SPD und CSU sind nah beieinander.
Berlin taz | Auch Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) plädiert nun für staatliche Kaufanreize für Elektroautos. Damit hat Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) einen weiteren Unterstützer der Idee einer finanziellen Förderung gewonnen. Bei ihrem Treffen mit den Autokonzernen Daimler, VW und BMW beschloss die Bundesregierung am Dienstagabend, bis März „einen gemeinsamen Handlungsrahmen zu entwickeln“, so Gabriel.
Die Bundesregierung hat sich zum Ziel gesetzt, dass 2020 rund eine Million Elektroautos auf hiesigen Straßen fahren. Dies soll einerseits die Nachfrage nach Ökostrom erhöhen und klimaschädliches Benzin ersetzen. Andererseits müssen die Hersteller in Deutschland konkurrenzfähige Stromautos verkaufen, wenn sie mit Konkurrenten wie Tesla mithalten wollen. Bisher wurden hierzulande erst wenige Zehntausend E-Mobile angemeldet: Sie sind teuer, haben eine geringe Reichweite, und es gibt zu wenige Stromtankstellen.
Gabriel geht es in erster Linie um „Industriepolitik“ und Arbeitsplätze. Deshalb will er ein „Marktanreizprogramm“ durchsetzen, das eine Kaufprämie pro Elektroauto von vielleicht 5.000 Euro oder einen entsprechenden Steuervorteil beinhaltet. Auf eine Million Fahrzeuge hochgerechnet kostete eine solche Maßnahme rund 5 Milliarden Euro.
Deshalb ist Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) kein Freund der Idee. Er hat zwar den Haushalt 2015 mit einem Überschuss von rund 13 Milliarden Euro abgeschlossen. Aber in den nächsten Jahren kommen zusätzliche Ausgaben für die Einwanderer auf ihn zu.
Seehofer will, dass Autoindustrie sich finanziell beteiligt
Das weiß auch die bayerische Landesregierung. CSU-Ministerpräsident Horst Seehofer will die E-Auto-Produktion bei BMW und Audi fördern, hat den Unternehmen aber das Versprechen abgenommen, sich finanziell zu beteiligen. „Die bayerische Automobilindustrie möchte einen eigenen deutlichen Beitrag zur Kaufprämie erbringen“, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung. Vorstellbar ist beispielsweise, dass 1.500 oder 2.000 Euro pro Fahrzeug von der Industrie kommen.
Bei BMW hält man diese Größenordnung für plausibel. Die Unternehmen könnten einfach den Preis pro E-Auto verringern. Der Staat würde weitere 3.000 Euro an die Käufer auszahlen.
Diskutiert werden aber auch andere Lösungen. Der Bundesverband der Verbraucherzentralen schlägt einen „E-Mobilitäts-Fonds“ vor, „in den die Autohersteller einzahlen“. Zusätzlich könne der Fonds durch einen Beitrag für die Zulassung von Fahrzeugen mit hohem Kohlendioxid-Ausstoß gespeist werden.
Auch Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) sagt, ein staatlicher Zuschuss für den Kauf von Elektroautos solle mit einer Extrasteuer auf große Fahrzeuge bezahlt werden. Das erinnert an die Förderung von Ökostrom: Alle Stromkunden bezahlen dabei einen Aufpreis auf Elektrizität, mit dem Wind-, Solar- und Biomasse-Kraftwerke gefördert werden.
Einige Wirtschaftsverbände wie der Verband der Elektroindustrie (ZVEI) kritisieren die Kaufprämie, weil damit falsche Anreize gesetzt würden. Neben höheren Verkaufszahlen für E-Fahrzeuge will die Regierung auch erreichen, dass das Netz der Ladestationen stark ausgebaut wird. Zudem drängt Gabriel die Hersteller, eine einheimische Fertigung von Batterien zu errichten. Man müsse verhindern, dass die deutschen Autoproduzenten bei diesem technologischen Kernelement von asiatischen und amerikanischen Fabriken abhängig würden, so der Wirtschaftsminister.
Leser*innenkommentare
cursed with a brain
Das eigentlich schlimme an der ganzen Diskussion ist doch wohl, dass erstens Hybridfahrzeuge mit "echten" (weil ausschliesslich) elektrisch angetriebenen Autos in einen Topf geworfen werden und zweitens mal wieder nur in den Bahnen deutscher Autokonzerne gedacht wird.
In Deutschland gibt es rund 4.500 Elektro-Tankstellen, bei rund 12.000 Elektrofahrzeugen bedeutet das eine Tankstelle auf drei Fahrzeuge.
Wichtiger wäre daher Ausbau von dezentralen Ladestationen an Parkplätzen und -häusern durch Kommunen und Arbeitgeber. Strom tanken dauert mehrere Stunden und sollte erfolgen wenn das Auto nicht unmittelbar (weiter-)bewegt werden muss. Das "Konzept Tankstelle" (hinfahren-tanken-wegfahren innerhalb von wenigen Minuten) funktioniert hier nicht. Zwar hat Tesla "Powerstations" entwickelt, doch auch hier dauert eine Wiederaufladung noch ca. 30 Minuten, und der Schnellladevorgang frisst an der Lebensdauer der Akkus. Unterwegs wäre ein Austausch der leeren Akkus gegen volle (dauert bei Tesla ca. 2-3 Minuten) vorzuziehen.
Leider hat die einzige Firma in diesem Bereich im Mai 2013 Insolvenz anmelden und ihre Pilotprojekte (u.a. in Portugal und Israel) aufgeben müssen.
wxyz
Was soll dieser Bericht? daß Gabriel als Lobbyist nicht der der Stromkonzerne dafür ist, liegt auf der Hand. Auch mein Bäcker ist dafür, daß noch mehr Brötchen verkauft werden.
bicyclerepairman
Diese Fixierung auf's Auto ist Wahnsinn. E-Mobilität funktioniert längst. Nämlich beim Fahrrad. Dort sorgen e-Bikes und Pedelecs sowie elektro-unterstütze Lastenräder längst für ganz neuen Wind. Aber statt hier auch nur irgendetwas zu machen, setzt die Bundesregierung auf veraltete Konzepte.
Denn auch ein E-Auto verbraucht massig Platz, schädigt die Umwelt bei der Produktion, verursacht Unfälle usw.
Wenn schon Kaufprämie, dann für alle. Wenn ein E-Fahrrad mit 5.000€ gefördert wird, dann geht es da richtig ab.
Ein paar Fakten in kurz: http://www.adfc.de/presse/pressemitteilungen/das-auto-ist-ein-auslaufmodell-frau-merkel--adfc-kritisiert-geplante-kaufpraemien-fuer-e-autos
cursed with a brain
Na, dann fahr doch mit Deinem Pedelec morgens bei Wind und Schneeregen 2 Stunden die 50 km bis zur Arbeitsstelle, wenn Du Bock drauf hast.
Diese Fixierung der Städter auf ihre kurzen Wege innerhalb geschlossener Bebauung ist wirklich nur noch kreuzdämlich und zum Kotzen.
Quarz
@cursed with a brain Warum sollte der Staat den Autobesitz schon wieder subventionieren? Wir brauchen weniger Autos, nicht mehr. Egal ob E-Auto oder B-Auto. Es sind Fahrzeuge, die in den immer größer werdenen Städten nichts verloren haben. Und sauber sind die E-Autos in ihrer Öko-Bilanz auch nicht. Lieber das Geld in gute Radverkehrsinfrastruktur stecken. Das bringt uns allen mehr. Auch diejenigen, die dann noch mit dem Auto 50km fahren müssen freuen sich, wenn die Hälfte der Autofahrer irgendwann auf dem Radweg unterwegs ist. Immerhin sind über 50% der Autostrecken unter 5km. Die kann ich auch bei Regen mit dem Rad zurücklegen!
Rita Dütsch
Und die Atomstromindustrie freut sich die verdient dann wieder so richtig!
Wir brauchen dann nämlich wieder Atomstrom, die Hintertür steht schon weit offen.
cursed with a brain
Weil ja auch alle elektrifizierten Autos an langen Kabeln durch die Landschaft düsen, nä?
Das Eine (Elektromobilität) hat mit sdem Anderen (Atomstrom) soviel zu tun, wie Ihr Beitrag mit Formen menschlicher Intelligenz.
Um es mal freundlich auszudrücken.