Sportmäzen Mateschitz ist tot: Ein Mann fürs Extreme
Dietrich Mateschitz, der größte Sportsponsor der Gegenwart, ist gestorben. Der Getränkekrösus prägte den Spitzensport mehr als vielen lieb war.
![Mateschitz mit Mintzlaff vor rot-weißen Luftballons Mateschitz mit Mintzlaff vor rot-weißen Luftballons](https://taz.de/picture/5867329/14/imago0028398523h-1.jpg)
Der Schweizer Skifahrer Marco Odermatt, am Sonntagvormittag als Schnellster auf dem Stuhl des Halbzeitführenden zum Ski-Weltcup-Auftakt im Riesenslalom im Tiroler Sölden, zeigte auf das Red-Bull-Logo auf seinem Helm und machte ein betrübtes Gesicht. Stunden später stieg der Niederländer Max Verstappen mit schwarzer Schleife am Arm in Austin, Texas, als Weltmeister in seinen Fomel-1-Boliden. Dietrich Mateschitz, Gründer eines Energy-Drink-Imperiums und reichster Österreicher, war am Samstag im Alter von 78 Jahren gestorben. „Ohne ihn würde ich jetzt hier nicht sitzen“, sagte Verstappen zur Presse: „Er hat an mich und viele andere Fahrer als junge Athleten geglaubt und hat so vielen so unglaubliche Möglichkeiten gegeben.“
Der drahtige Steirer mit dem markanten weißen Fünftagebart war wahrscheinlich der wichtigste Sportsponsor der Gegenwart. Das Logo mit dem roten Bullen ist aus der Welt des Spitzen- und Extremsports nicht wegzudenken. Mateschitz, ein Mann der klein angefangen hat und schnell reich geworden ist, hat stets auf Sieger gesetzt.
Je spektakulärer, desto besser. Denn die Schnellsten und Besten sind hervorragende Werbeträger für das klebrige Prickelwasser, das jedes Jahr weltweit Milliarden Euro umsetzt. Sebastian Vettel fuhr mit Red Bull Racing viermal zum Formel-1-Weltmeistertitel. Marco Odermatt wurde letzte Saison Ski-Weltcup-Gesamtsieger. Auch Lindsey Vonn, die erfolgreichste Ski-Rennläuferin der Geschichte, trug die roten Bullen auf dem Helm.
Die Leidenschaft des Getränkekrösus galt auch den Extremsportarten: Klippenspringer, Flugzeugakrobaten und Athleten mit dem Hang zum Eintrag in das Guinness Buch der Rekorde begeisterten den Mäzen. Man erinnere sich an den österreichischen Base-Jumper Felix Baumgartner, der vor zehn Jahren aus der Stratosphäre in 39 Kilometer Höhe mit Fallschirm auf die Erde segelte. Die 25 Millionen Dollar teure Rekordjagd soll einen Werbewert von einer Milliarde gehabt haben. „Jedes unserer Engagements im Sport muss sich ausnahmslos rational begründen“, erklärte Mateschitz in einem seiner raren Interviews.
Mit aggressivem Marketing
Im Fußball bedurfte es eines längeren Atems. Von der Übernahme des SV Salzburg bis zur ersten Teilnahme von Red Bull Salzburg an der Champions League sollten mehr als zehn Jahre vergehen. Heute ist RB Salzburg nicht nur Serienmeister der österreichischen Liga, sondern auch Exporteur von internationalen Stars wie Sadio Mané, Erling Haaland und Naby Keïta. RB Leipzig kämpft in Deutschland zum Leidwesen vieler Kommerzkritiker um Spitzenplätze und macht international eine gute Figur.
Der gelernte Betriebswirt aus St. Marein im Mürztal schlug sich als kleiner Handelsvertreter von Konzernen wie Unilever und Jacobs durch, bis er 1982 in Thailand den lokalen Energy-Drink Krating Daeng (Roter Stier) entdeckte. Er kam mit den Unternehmern Chaleo und Chalerm Yoovidhya ins Geschäft, modifizierte die Formel des Getränks und gründete die Red Bull GmbH. Mit einfallsreichem und aggressivem Marketing eroberte die blau-silberne Dose den Weltmarkt. 1,6 Milliarden wurden vergangenes Jahr in Marketing investiert. 9,8 Milliarden Dosen gingen weltweit über die Theke. In 72 Ländern beschäftigt der Konzern über 13.000 Angestellte. Das Vermögen des Tycoons wird auf 25 bis 27 Milliarden Euro geschätzt.
Keine Freude hatte Mateschitz mit Gewerkschaften. Als die Belegschaft des Salzburger Privat-Kanals Servus TV 2016 über die Gründung eines Betriebsrats nachdachte, drohte er mit der Einstellung des auf Sport- und Naturdokumentationen spezialisierten Senders. Bei der Diskussionsrunde „Talk im Hangar 7“ auf Servus TV kommen regelmäßig Coronaleugner und Vertreter von wissenschaftlich widerlegten Positionen zu Wort. Am Samstag ist Mateschitz „nach langer schwerer Krankheit“, wie der Konzern mitteilte, gestorben. Er hinterlässt eine junge Lebensgefährtin und einen 30-jährigen Sohn.
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