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Sport und Krieg in der UkraineHelden am Ball

Nicht nur die großen Sportevents werden von ukrainischen Armeeangehörigen eröffnet. Der Applaus der Massen ist Balsam für die Seelen der Kämpfer.

Symbolischer Anstoß: ein Armee­angehöriger vor dem ukrainischen Pokalfinale im Mittelkreis Foto: Ukranian News/imago

Luzk taz | Spieler und Schiedsrichter haben das Spielfeld betreten und singen die Nationalhymne. Gleich beginnt in der größten Sporthalle von Luzk ein Spiel in der ukrainischen Futsal-Extraliga. Ein Mann in der Uniform der ­ukrainischen Streitkräfte geht im Marschschritt auf die Mitte des Spielfelds zu. Sein Name ist Nikolai Twerdjak. Seit 2014 hat er an der Front gekämpft.

Er gehört zu den Befreiern von Cherson und wurde 2022 dort verwundet. Nun arbeitet Twerdjak bei der Polizei. In seiner Freizeit pfeift er als Schiedsrichter Fußball- und Futsalspiele. An diesem Abend führt er den symbolischen Anstoß beim Futsal-Match der höchsten ukrainischen Liga aus. Zusammen mit seiner Tochter Slata, die selbst Futsal spielt, betritt er das Feld. Dann lässt er Ball fallen, seine Tochter nimmt ihn Volley und schießt. Die Halle jubelt, auch die Spieler klatschen. Jetzt kann das Spiel beginnen.

Derartige emotionale Inszenierungen, mit der die Einheit von Sport und Armee zur Schau gestellt wird, haben sich seit dem Beginn des russisch-ukrainischen Kriegs etabliert. Kriegsveteranen, aktive Militärangehörige oder Angehörige Gefallener geben das Startsignal. Angefangen hat alles im September 2022 mit der Wiederaufnahme des Fußballspielbetriebs in der Premier-Liga. Damals war es allen Beteiligten ein Bedürfnis zu zeigen, wem sie die Möglichkeit verdanken, ihrer Lieblingsbeschäftigung nachzugehen.

Im ersten Spiel, das nach dem russischen Überfall in Odessa ausgetragen wurde, der Partie von Tschernomorez gegen Inhulez Petrowe, führte der kleine Maxim den Anstoß aus, der Sohn eines Soldaten, der die Ukrai­ne an der Front verteidigt hatte. Besonderen Eindruck hat am 16. Oktober der Beginn des Spiels zwischen Schachtar Donezk und Dnipro-1 hinterlassen. Katerina Polischtschuk sang die Nationalhymne, und Michail Djanow führte den symbolischen Anstoß aus – beide gehören zu den Verteidigern von Asowstahl in Mariupol und waren erst am Tag vor dem Spiel aus russischer Gefangenschaft entlassen worden.

Spenden für die Armee

Zu derart emotionalen Szenen kommt es nicht nur im Profisport. Auch bei Amateurspielen im Fußball, Basketball oder Volleyball gehören sie zum Alltag. Oft sind es nicht Soldaten, sondern deren Angehörige, die den Anstoß ausführen. Wenn dann die Frau und das Kind eines gefallenen Soldaten zur Spielfeldmitte schreiten, können die Spieler oft nicht an sich halten. Sie laufen auf die Angehörigen zu und umarmen sie mit Tränen in den Augen. In Oleksandrija hat einmal der einjährige Timofej ein Spiel angestoßen. Sein verwundeter Vater, der sich gerade in der Reha befand, hatte ihn aufs Feld geführt.

Der Gang in die Öffentlichkeit kann helfen, Traumata zu verarbeiten

Ruslan Piliptschuk, Manager in Luzk

„Es geht um Respekt und um Dankbarkeit, die den Verteidigern der Heimat und ihren Familien zuteil werden soll“, sagt Ruslan Piliptschuk, der Manager der Luzker Futsal-Klubs Ljubart. „Der Auftritt von Veteranen bei Sportveranstaltungen soll den Soldaten auch zeigen, dass die Gesellschaft sie nicht vergessen hat. Und den Armeeangehörigen selbst kann der Gang in die Öffentlichkeit helfen, ihre psychologischen Traumata zu verarbeiten. Außerdem können so die Angehörigen Kriegsgefangener unterstützt werden. Es kann auch Geld für eine Militäreinheit gesammelt werden“, sagt er weiter.

Nicht selten werden auch die großen Helden des Kriegs zu den Sportveranstaltungen geladen. In Riwno hat vor Kurzem Georgi Markuschin einen Anstoß ausgeführt. Er hat mehrere Male den Dnjepr bei Cherson überquert, ist dort auf dem von Russland besetzten Ufer gelandet, hat bei Saporischschja gekämpft, in den Wäldern bei Charkiw und in der Region um Donezk. Mit Standing Ovations ist er empfangen worden.

Bisweilen eröffnen auch ukrainische Promis die Sportevents. Das Lwiw-Derby zwischen Karpaty und Ruch etwa begann mit Applaus für Viktor Rosowij. Der war lange ein beliebter Comedian. Bei einem Einsatz an der Front wurde er schwer verletzt und verlor seinen Geschmacks- und Geruchssinn. Aus dem Teilnehmer der Show „Liga des Lachens“ war ein Soldat geworden, der vor Kiew, in Cherson und Bachmut gekämpft hat.

Ebenfalls in Lwiw wurde Natalia Grabartschuk von den Fans mit Applaus begrüßt. Sie hatte bei Riwne eine russische Rakete abgeschossen. Eigentlich ist sie Erzieherin und hat in einem Kindergarten gearbeitet. Nun hat sie sich der Luftverteidigung angeschlossen. Gleich bei ihrem ersten Einsatz am 17. November hat sie einen Marschflugkörper abgeschossen. Auch sie wurde in der Lwiw-Arena gefeiert.

Natalia Grabartschuk und andere Kriegshelden schießen keine Tore, werfen keine Dreier. Aber es ist ihr Einsatz an der Front, der es anderen ermöglicht dies zu tun.

Aus dem Russischen von Andreas ­Rüttenauer

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8 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Der erbärmliche und durchsichtige Versuch, die Popularität des Sports für Kriegspropaganda zu missbrauchen.



    Achso, in der Ukraine?" Na DANN ist es natürlich toll! Hoffen wir, dass Putin nicht auch noch auf die Idee kommt, seine infantilen Ideen als Traumabewältigung zu deklarieren.

    • Juri Konkewitsch , Autor*in des Artikels,
      @Christian Clauser:

      Your comment is a pathetic attempt to find black in white.



      Although I suspect that you didn't read the text, but only looked at the photo

      • @Juri Konkewitsch:

        My comment is the sarcastic expression of pacifism or at least the demand for defense with adequate measures.

        • @Christian Clauser:

          To clarify: if you defend, you may accidently kill. If you plan to kill, you don't defend.

          It doesn't matter, if the attacker is worse than you (besides, many Russian soldiers are far from volunteers and some may even have a mum).

          • Juri Konkewitsch , Autor*in des Artikels,
            @Christian Clauser:

            So what do you propose?



            Let the russians come to kill you and you yourself offer them to load the "Kalashnikov"?



            What is this shit under the material about honoring heroes who defend their country?

            • @Juri Konkewitsch:

              You are publishing in a German newspaper, and you are using phrases like "honoring heroes who defend their country". You should understand yourself why that is not doing you any favors ...

              Here, we don't want to talk like that anymore. Periodt.



              Even though we may agree with you. We don't want to talk like that anymore—for good reasons.



              Universal reasons.

              They are victims, not "heroes." War is nothing to be glorified—it's always a crime against humanity.



              And all attempts to glorify war will always draw stark criticism from those who don't want to suffer crimes against their humanity or become a part of the machine that commits them towards others.



              And that is a broad coalition reaching all the way from religious people to anarchists.

  • "Helden" ... Aha.

    Wie wäre es mit "Kriegsopfer" oder wenigstens ein "Kriegstote"?



    Nur so ne Idee ... ...

    • Juri Konkewitsch , Autor*in des Artikels,
      @Thomas O´Connolly:

      is this just to belittle the feat of everyone who defends their country from the Russians with a gun in their hands?



      no, i'm not into that. they are heroes - everyone who has been at the front for almost 3 years